Am Sonntag ließ Prinzessin Turandot zum letzten Mal auf der Seebühne Bregenz die Köpfe rollen. Nahezu 160.000 Besucher haben die berühmte Puccini-Oper vor der eindrucksvollen Kulisse der Festspielbühne gesehen. Was die Zuschauer nicht zu sehen bekamen, hat die Unterwasser-Film- und Fotogruppe des Tauchsportclubs Friedrichshafen nun sichtbar gemacht: die Seebühne unter dem Wasserspiegel, die mit der gesamten Kulisse seit Montag Stück für Stück abgebaut wird.
Das ist die 72 Meter breite und 27 Meter hohe Chinesische Mauer, die aus einer Holz-Stahlkonstruktion und 650 unechten Steinen besteht. Aber auch die Terrakotta-Armee mit 250 riesigen Kriegern, die je nach Wasserstand des Bodensees mal mehr, mal weniger zu sehen waren.
"Das war eine wunderbare Idee, und sie wurde professionell umgesetzt", ist Axel Renner, Pressesprecher der Bregenzer Festspiele, angetan von der Zusammenarbeit mit dem TSC Friedrichshafen. "Sie haben Bilder zutage gefördert, die sonst verborgen geblieben wären und einen Blick ins Kellergeschoss der Seebühne erlauben." Eigentlich sind die Festspielverantwortlichen eher zurückhaltend, wenn solche Anfragen kommen. Aber bei einem Vorgespräch im vergangenen Jahr waren die Taucher wohl sehr überzeugend.
Die Idee zu diesen ungewöhnlichen Aufnahmen hatte Alexa Kabus vom TSC, die beim Aufbau des Bühnenbilds von "Turandot" im Frühjahr 2015 die bereits montierten Terrakotta-Krieger sah, die zur Hälfte im Wasser standen. Wie die wohl unter Wasser aussehen?
Mit der Genehmigung der Festspiele entstanden so schon im vergangenen Jahr faszinierende Bilder von der "Turandot"-Kulisse über und unter Wasser, die tagsüber gemacht wurden. Für Alex Renner waren die Ergebnisse so überzeugend, dass man dem Tauchsportclub in diesem Jahr die Genehmigung für Nachtaufnahmen gab. "Da war viel Vorarbeit nötig, denn die Sicherheit geht bei uns vor", erklärt Karl-Heinz Weltz, stellvertretender Vorsitzender des Tauchsportclubs, der die zehnköpfige Film- und Fotogruppe leitet. Denn der Bühnenunterbau ist mit seinen vielen Verankerungen, Verstrebungen, Kabeln und Leitungen für Taucher ein potenzielles Gefahrengebiet – noch dazu, wenn man keine Lampe anmachen darf und sich beim Tauchgang im Dunkeln an die Bühne "herantasten" muss.
Denn die Aufnahmen sollten beim zweiten Tauchgang im Originallicht der Inszenierung entstehen, durften allerdings nicht während einer regulären Aufführung gemacht werden. Während einer Beleuchtungsprobe stiegen die drei Taucher-Teams – je ein Kamera- und ein Sicherheitsmann – an einem Wochenende ins Wasser und wurden mit einem "sensationellen Spektakel", so Karl-Heinz Weltz, belohnt. Denn die Lichteffekte auf der Bühne färbten die Krieger die Terrakotta-Armee unter der Bühne rot und blau ein.
Die Faszination Seebühne lässt die Taucher nicht mehr los. Sie wollen im nächsten Jahr gern eine Dokumentation über die Unterwasserarbeiten beim Bühnenaufbau drehen. "Es ist enorm, was für ein Aufwand dahinter steht", sagt Karl-Heinz Weltz. Bereits im Oktober wird eine Spezialfirma die ersten Holzpfähle in den Seegrund als Fundament für das "Carmen"-Bühnenbild rammen.
Zwei Jahre "Carmen"
In den Jahren 2017 und 2018 gibt es auf der Bregenzer Seebühne ein Wiedersehen mit "Carmen". Die Regie stammt nach Auskunft der Bregenzer Festspiele von Kasper Holten, für das Bühnenbild zeichnet Es Devlin verantwortlich, am Pult wird der Wiener Symphoniker Paolo Carignani stehen. Die Oper von Georges Bizet wurde zuletzt in den Jahren 1991 und 1992 als Spiel auf dem See gezeigt. Premiere ist am 19. Juli 2017, es folgen 25 Vorstellungen. Der Vorverkauf der Tickets hat bereits am Sonntag begonnen. Eine Auswahl der Bilder, die an der Seebühne entstanden sind, hat der Tauchsportclub Friedrichshafen auf seiner Internetseite eingestellt. (kck)
Informationen im Internet: www.bregenzerfestspiele.com und www.tscf.de