Christina Bömeburg

Die Räume in der Friedrichstraße hat Bernd Köhler schon länger gemietet. Ohne hätte er gar nicht erst loslegen dürfen, erklärt der 42-Jährige. Bislang hat er seine Geschäft von diesen Räumen aus im wahrsten Sinne des Wortes ins Rollen gebracht – auch wenn sie „als reines Lager eigentlich ein bisschen zu groß“ sind: Seit Oktober vergangenen Jahres belädt Köhler hier zwei Mal wöchentlich sein Elektro-Lastenrad und beliefert die Kunden seines Start-ups „Tante Emma's Bruder„ mit unverpackten Lebensmitteln und Haushaltswaren, abgefüllt zum Beispiel in Weckgläser.

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In den vergangenen Wochen hat er mit tatkräftiger Unterstützung seiner Frau und seiner drei Kinder aus zwei Räumen einen Laden gemacht: den ersten reinen Unverpackt-Laden in der Stadt. Eröffnung ist am morgigen Samstag.

Flüssiges, zum Beispiel Reinigungsmittel, wird im Laden von „Tante Emma‘s Bruder“ in Glasflaschen gefüllt.
Flüssiges, zum Beispiel Reinigungsmittel, wird im Laden von „Tante Emma‘s Bruder“ in Glasflaschen gefüllt. | Bild: Christina Bömelburg

Idee während der Teilnahme an einem Zero-Waste-Projekt

„Wir sind an unsere Grenzen gestoßen“, erinnert sich Köhlers Ehefrau Désirée an die Zeit, in der die Idee zu „Tante Emma's Bruder„ aufkeimte. Da nahm die Familie aus Friedrichshafen gerade an einem Projekt des Landkreises teil. Dessen ehrgeiziges Ziel: Zero Waste, null Müll – beziehungsweise so wenig wie eben möglich. Insbesondere Plastikmüll ist es, den immer mehr Anhänger der Unverpackt-Bewegung aus ihrem Alltag verbannen wollen.

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So ausgeprägt der Wille dabei sein mag: Der Einkauf wird schnell zur Hürde. Möglichkeiten gibt es. „Aber es nimmt viel Zeit in Anspruch“, sagt die 38-Jährige. Der von Friedrichshafen am schnellsten erreichbare reine Unverpackt-Laden ist – bislang – in Markdorf. In der Stadt selbst wurde in etwa zu der Zeit, als Bernd Köhler anfing, für seinen Lieferdienst in die Pedale zu treten, der Bioladen „Greenbox“ in der Ailinger Straße eröffnet, Dieser hat ebenfalls unverpackte Lebensmittel im Sortiment. Für die Köhlers stand jedenfalls fest: „Wenn, dann müssen wir das jetzt machen.“ Der Gedanke an einen Laden war zu dieser Zeit durchaus auch schon da. „Für den Einstieg war der Lieferservice aber besser“, sagt Bernd Köhler. Das Ehepaar hat drei Kinder, Désirée Köhler einen Vollzeitjob. Während überschaubarer Öffnungszeiten wollen sie nun aber doch schauen, wie es mit einem Laden läuft. Das Lastenrad bleibt dabei nicht stehen. Ausgeliefert wird weiterhin.

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Umdenken auch bei Großhändlern

Die Preise sind im Laden die gleichen wie im Online-Shop. Gleiches gilt für das Sortiment. Dazu gehören trockene Lebensmittel wie Müsli, Reis, Kaffee, Nudeln und Kerne, aber auch Öle. Auch, wer im Bad oder bei der Hausarbeit Unverpacktes oder zumindest maximal in Pappe Eingeschlagenes verwenden will, wird fündig. Für den Einkauf können Kunden eigene Gefäße mitbringen. Alternativ können aber auch im Laden die Weckgläser sowie andere Mehrwegbehältnisse ausgeliehen werden. Wobei: „Zur Einmach-Saison im vergangenen Jahr waren manche Größen sie mal knapp“, erinnert sich Bernd Köhler lachend.

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Vollkommen verpackungsfrei lässt sich der Warenweg vom Erzeuger bis in die private Vorratskammer nur für wenige Produkte gestalten. Hinter den Kulissen von Unverpackt-Läden kommt die Ware allerdings in großen Einheiten an. Bei der Auswahl der Lieferanten achten die Köhlers nach eigenen Angaben auf Bio-Qualität, „Regionalität, wo es realistisch ist“ – und eine umweltverträgliche Großverpackung. Leicht gestalte sich diese Suche nicht unbedingt: Dass aber das Interesse an Unverpacktem und damit auch die Anzahl an entsprechenden Läden zu wachsen scheint, das lässt nach Beobachtung von Bernd Köhler aber auch Großhändler nach und nach umdenken.

„Tante Emma's Bruder„ in der Friedrichstraße 11 startet mit folgenden Öffnungszeiten: Montag bis Samstag, jeweils 9 bis 12 Uhr.