Am Montagabend ging am Flughafen Friedrichshafen nichts mehr. Denn die Gewerkschaft Verdi hatte das Personal des Bodensee Airports zu einem Warnstreik aufgerufen. Rund 80 Mitarbeiter legten nach Gewerkschaftsangaben ihre Arbeit nieder. Die Folge: Die Abendmaschine der Lufthansa musste mit 51 Passagieren nach Frankfurt zurückkehren, ein Privatjet aus Moskau nach Stuttgart umgeleitet werden und auch der morgendliche Lufthansaflug nach Friedrichshafen musste annulliert werden.
Am Dienstagmorgen lief der Flugbetrieb wieder ganz normal, doch weitere Streikaktionen stehen im Raum. Hintergrund sind ergebnislose Lohnverhandlungen, die zuletzt am Freitag geführt wurden, wie Andreas Schackert, Verhandlungsführer von Verdi, bestätigt. „Dessen Betreiber hatten für dieses Jahr eine Einmalzahlung von 0,5 Prozent und für die kommenden zwei Jahre Tabellenlohnerhöhungen von insgesamt lediglich 1,25 Prozent angeboten“, hieß es in einer Mitteilung. Das Angebot sei zudem vom wirtschaftlichen Ergebnis des Flughafens abhängig gemacht worden. Die Geschäftsführung habe die Gewerkschaft mehrfach darauf hingewiesen, dass weitere Erhöhungen nicht möglich seien, weil die Finanzierung des Flughafens Friedrichshafens nicht gesichert sei. „Die Arbeitgeberseite hat uns klar gemacht, dass der Airport schlicht kein Geld dafür habe“, erzählt Schackert.
Mitarbeiter wollen für Finanzmisere nicht in Haftung genommen werden
Für Verdi ist das aber kein Grund, von ihren Forderungen abzuweichen. „Es kann doch nicht sein, dass die Mitarbeiter des Flughafens dafür in Haftung dafür genommen werden, dass die Gesellschafter den Airport nicht mit genügend Geld ausstatten. Das kann nicht auf dem Rücken des Personals ausgetragen werden“, so Verdi-Mann Andreas Schackert. „Auch bei den Beschäftigten gibt es Grenzen für die Loyalität mit ihrem Flughafen“, fügt er hinzu.

Die Gewerkschaft hat nun eine Frist bis Mittwochabend, 20 Uhr gesetzt, um der Arbeitgeberseite Zeit für ein neues Angebot zu geben. Die Gewerkschaft fordert nun Lohnerhöhungen, die unabhängig vom konkreten Wirtschaftsergebnis des Flughafens sind, eine Laufzeit von höchstens zwei Jahren sowie zwei Euro mehr Stundenlohn in allen Entgeltgruppen.
Streik statt Merkel-Zwischenstopp?
Für Donnerstag hat sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel in Friedrichshafen angekündigt. Wie schon in den Vorjahren will sie am Bodensee Airport landen und anschließend mit dem Helikopter weiter nach Davos fliegen, um dort ihre Rede zu halten. Für den Flughafen Friedrichshafen sind die vielen zusätzlichen Fluggäste und die damit verbundenen Einnahmen wichtig. Wie hoch die zusätzlichen Einnahmen seien, darüber hüllt sich der Airport aber in Schweigen.

Flughafen hat kein Verständnis für Streik
Die Geschäftsführung des Flughafens bezeichnet den Warnstreik als "unverständliches Vorgehen", vor allem weil bei den Verhandlungen Vertraulichkeit vereinbart worden sei, wie es in einer Pressemitteilung heißt. Zudem hätten sich die Parteien auf eine neue Verhandlungsrunde am 13. Februar geeinigt. "Vor diesem Hintergrund ist der jetzt durchgeführte Warnstreik ebenso unverständlich wie das am Montagabend nachgeschobene Ultimatum, ein verbessertes Angebot vorzulegen", heißt es in der Mitteilung. Vielmehr werde das Verhalten als "verantwortungslos und bedrohlich empfunden, weil mit diesen Forderungen Arbeitsplätze ernsthaft gefährdet werden."
Flughafen braucht dringend Geld
Die Geschäftsführung weist darauf hin, dass der Flughafen weiterhin an konstruktiven Tarifverhandlungen interessiert sei, die aber die besondere wirtschaftliche Situation des Flughafens berücksichtigen müssten. Erst Ende 2017 hatten die beiden Hauptgesellschafter, Stadt Friedrichshafen und Bodenseekreis, dem Bodensee Airport Darlehen in Höhe von 17,4 Millionen Euro gewährt. Doch die sind längst verplant, dringende Investitionen stehen an, die in den nächsten Jahren getätigt werden müssen. Der Flughafen selbst bezifferte in der Vergangenheit die Mittel, die dafür bis zum Jahr 2022 nötig wären, auf 13,2 Millionen Euro.2018 betrug der Verlust des Airports 1,9 Millionen Euro, für 2019 geht der Flughafen davon aus, dass der Fehlbetrag deutlich steigen wird.
Sowohl die Stadt Friedrichshafen als auch der Bodenseekreis wollen sich als Gesellschafter zu den schwierigen Lohnverhandlungen auf Nachfrage des SÜDKURIER nicht äußern. Was weitere Finanzmittel betrifft, schreibt Robert Schwarz, Sprecher des Landratsamtes: "Über die beschlossenen Darlehen hinaus sind aktuell keine weiteren finanziellen Zuwendungen seitens der Gesellschafter geplant oder werden diskutiert."