Es ist der nächste Versuch, Bewegung in die unendliche Landshut-Geschichte zu bringen: ein offener Brief, der von Geiseln und Befreiern der 1977 befreiten Lufthansa-Maschine, geschrieben wurde. Er ist an Bundeskanzlerin Angela Merkel, Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz sowie Kulturstaatsministerin Monika Grütters gerichtet. „Wir fordern Sie auf, das im Koalitionsvertrag fixierte Vorhaben Erinnerungsort ‚Landshut‚ endlich auf den Weg zu bringen“, heißt es in dem Schreiben, das dem SÜDKURIER vorliegt. Unterzeichnet haben ihn die ehemaligen Geiseln Hannelore Brauchart, Dorothe Köster, Gabriele von Lutzau sowie Jürgen Vietor. Außerdem zwölf frühere GSG 9-Mitglieder, darunter auch Befreier der Landshut und Angehörige.

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„Die Initiative dazu kam von Martin Rupps„, erklärt der ehemalige Co-Pilot Jürgen Vietor. Rupps ist seit der ersten Stunde an der Landshut-Rückholung beteiligt und auch im wissenschaftlichen Beirat für die Ausstellung. Rupps selbst war am Montag für den SÜDKURIER nicht zu einer Stellungnahme zu erreichen.

Jürgen Vietor, war der Co-Pilot, als die Landshut 1977 in Somalia von Terroristen gekapert wurde. Er hat den offenen Brief mit ...
Jürgen Vietor, war der Co-Pilot, als die Landshut 1977 in Somalia von Terroristen gekapert wurde. Er hat den offenen Brief mit unterzeichnet. | Bild: privat

Streit um Finanzierung

Seit der Rückholung des geschichtsträchtigen Fliegers gibt es Streit um die Finanzierung der Ausstellung. Seitdem steht das Wrack in einem Hangar des Flughafens. Dissonanzen gibt es um die Frage, wer für die laufenden Kosten der Ausstellung aufkommt, die auf rund 300 000 Euro jährlich geschätzt werden. Von Anfang an lehnte die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), Monika Grütters, die Übernahme dieser Kosten ab.

Ankunft der „Landshut“ in Friedrichshafen.
Ankunft der „Landshut“ in Friedrichshafen. | Bild: Mommsen, Kerstin

Das Dornier-Museum beziehungsweise die Dornier-Stiftung für Luft- und Raumfahrt (DSLR) aber will und kann nach eigener Aussage diese Kosten nicht übernehmen. Die Stiftung hat dagegen angeboten, ein Grundstück für die Landshut zur Verfügung stellen. Eigentlich sollte schon am 18. Oktober 2019 die Ausstellungseröffnung gefeiert werden. Daraus wurde zunächst 2020, dann „frühestens 2022“, zuletzt gab es keine zeitlichen Angaben mehr, sogar alternative Standorte sollen laut BKM geprüft werden.

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Opfer fühlen sich allein gelassen

„Keiner fühlt sich bemüßigt, in dieser Sache etwas zu tun“, beklagt sich Jürgen Vietor. Er kritisiert, dass seit zwei Jahren nur um die Finanzen gerungen werde, statt nach tragfähigen Lösungen zu suchen. „Ich finde das alles einfach nur noch schade. Sind wir Opfer diese Ausstellung nicht wert? Uns Zeitzeugen dieses unfassbaren Dramas wird es bald nicht mehr geben, die Landshut aber wäre ein stummer Zeuge des Grauens von 1977“, beklagt sich Vietor. „Bis heute werden wir mit unserem Trauma allein gelassen“, beschweren sich die Geiseln und Befreier in dem offenen Brief. Sie fordern, mit der Landshut „einen zentralen Gedenkort für die Opfer des linken und rechten Terrorismus zu schaffen“ und kritisieren auch, das bereits 350 000 Euro an Steuergeldern für die Hangar-Miete geflossen sind.

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Beteiligte äußern sich nicht

David Dornier, der die Landshut begeistert nach Friedrichshafen holte, äußerte sich auf Anfrage des SÜDKURIER nicht zu dem offenen Brief und den Verhandlungen mit Berlin. „Zu dem Brief und den aktuellen Planungen oder Standortprüfungen seitens der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien liegen uns keine Informationen vor. Wir bitten um Verständnis, dass wir uns zu den Spekulationen rund um die Landshut-Ausstellung nicht äußern werden“, schreibt sein Pressesprecher Philipp Lindner.

David Dornier im Cockpit der Landshut, die derzeit in einem Hangar in der Stadt Friedrichshafen steht.
David Dornier im Cockpit der Landshut, die derzeit in einem Hangar in der Stadt Friedrichshafen steht. | Bild: Mommsen, Kerstin

Beim BKM ist der Brief allerdings noch gar nicht eingegangen. Walter Schmidt, Pressereferent des BKM schreibt, dass die Bundesregierung nach wie vor das Ziel verfolge, die Landshut – wie im Koalitionsvertrag verabredet – auszustellen. „Weil der Fortbestand des Dornier-Museums jedoch über das Jahr 2025 hinaus nicht gesichert ist, prüft die Bundesregierung parallel alternative Optionen, die die Unterbringung und den Betrieb der geplanten Landshut-Ausstellung langfristig ermöglichen. Bevor die unterschiedlichen Prüfungen nicht abgeschlossen sind, sind genauere Aussagen hierzu nicht möglich. Weitere Gespräche mit dem Dornier-Museum finden ebenfalls statt“, heißt es aus dem BKM weiter.

Ein Sprecher der Bundesfinanzministeriums verweist an das BKM. „Der Brief ist bislang bei uns nicht eingegangen. Die inhaltliche Zuständigkeit für Ihre Fragen liegt bei der Staatsministerin für Kultur und Medien. Insoweit bitte ich Sie, sich unmittelbar dorthin zu wenden.“ Das Bundeskanzleramt ließ unsere Anfrage am Montag unbeantwortet.

Dateiname : Offener Brief der "Landshut"-Geiseln
Datum : 13.01.2020
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Offener Brief der "Landshut"-Geiseln