Sie stehen an Feld- und Straßenrändern, und es werden täglich mehr: grüne Kreuze in Kressbronn und Langenargen, Tettnang oder Friedrichshafen. Gestern Morgen waren Daniel Arnegger und seine Tochter Emily an der B 33 in Oberteuringen unterwegs, um eins nach dem anderen auf ihren Feldern in den Ackerboden zu rammen – acht Stück. Sie sehen ihren Obsthof in Gefahr, wenn der Gesetzentwurf der Initiative „Volksbegehren Artenschutz – Rettet die Bienen“ in Baden-Württemberg Realität wird. So wie viele Bauern am Bodensee, die in diesen Tagen grüne Kreuze aufstellen. „Wem wir unser Anliegen erklären, der versteht das auch“, sagt Emily Arnegger.

Die Stimmung bei vielen Landwirten ist düster, so wie auf diesem Hopfenfeld bei Tettnang. Überall am Straßenrand haben Bauern aus der ...
Die Stimmung bei vielen Landwirten ist düster, so wie auf diesem Hopfenfeld bei Tettnang. Überall am Straßenrand haben Bauern aus der Bodenseeregion solche grünen Kreuze aufgestellt. | Bild: Mommsen, Kerstin

Dabei sind die großen Kreuze in der Landschaft alles andere als selbsterklärend. Sie stehen da als stumme Mahnung, obwohl die Bauern eigentlich auf Dialog aus sind. Der soll mithilfe der Kreuze in Gang kommen. „Wir wollen die Leute anregen zu fragen, was da los ist“, sagt Dieter Mainberger, Vorsitzender des Kreisbauernverbands Tettnang, dem rund 600 Betriebe angehören. Die Bauern haben in ihren Ortsgruppen den stillen Protest organisiert, zusammen Holz gekauft, die Latten zusammen gezimmert und grün gestrichen. Er schätzt, dass gut 500 Kreuze bereits stehen. „Wir sehen das als Zeichen, auf die missliche Situation in der Landwirtschaft hinzuweisen.“ Nach drei schlechten Ernten sei bei vielen Obstbauern die Stimmung im Keller.

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Die ersten grünen Kreuze standen in Nordrhein-Westfalen. Sie gehen auf eine Idee von „Bauer Willi“ Kremers-Schilling zurück, der damit gegen das sogenannte Agrarpaket protestierte, das die Bundesregierung am 4. September verabschiedet hat. Die zahlreichen Verbote darin würden zu einem Höfesterben führen, teilte er in einer Pressenotiz auf seinem Blog mit. Die Landwirte am Bodensee setzen dem eins drauf. „Wir möchten dem Verbraucher mit den grünen Kreuzen den Ernst der Lage verdeutlichen“, erklärt Philipp Emser, einer der „Bodensee-Bauern“ aus Kressbronn in einem Video, das in den sozialen Medien kursiert. „Wenn das Volksbegehren ‚Pro Biene‘ durchgeht, werden viele Traditions-Bauernhöfe, die längst auf integrierten Pflanzenschutz umgestellt haben, sterben, und dies hat auch weitreichende Folgen für alle Verbraucher“, sagt er.

Nicht nur mit grünen Kreuze, sondern auch mit Großplakaten weisen Bauern überall im Bodenseekreis auf die befürchteten Konsequenzen des ...
Nicht nur mit grünen Kreuze, sondern auch mit Großplakaten weisen Bauern überall im Bodenseekreis auf die befürchteten Konsequenzen des Bienen-Volksbegehrens für die Landwirtschaft hin. | Bild: Wieland, Fabiane

Deshalb machen die Bauern am Bodensee mobil. Denn ab dem 24. September werden die Unterschriften für das Volksbegehren gesammelt, mit dem ein Gesetz für mehr Artenschutz im Land auf den Weg gebracht werden soll. Nicht nur mit den grünen Kreuzen werben die Landwirte dafür, das nicht zu unterstützen. Seit zwei Wochen ist die Internetseite der „Bodensee-Bauern“ online – mit einer klaren Botschaft. „Ja zur Biene – Nein zum Volksbegehren„. Zwölf junge Landwirte stehen dahinter. Gestaltet und verantwortet wird die Seite vom Maschinenring Tettnang. Man wolle aufklären, ins Gespräch beim und mit dem Verbraucher kommen, sagt Geschäftsführer Hubert Hengge. Jetzt geht es um etwas. „Wir haben als Landwirtschaft nicht geschafft zu kommunizieren, was wir schon alles für den Artenschutz tun“, sagt er. Die Seite soll Antworten auf viele Fragen geben.

Mit der gleichen Intention hat „Obst vom Bodensee“ eine Seite im Internet aufgeschaltet. Die Erzeugergemeinschaft mit Sitz in Friedrichshafen informiert unter www.bodenseebiene unter dem gleichen Motto: Nein zum Volksbegehren, Ja zu Bienen und Artenvielfalt.

Die Wildbiene ist zum Symbol für das Volksbegehren für mehr Artenschutz geworden.
Die Wildbiene ist zum Symbol für das Volksbegehren für mehr Artenschutz geworden. | Bild: Patrick Pleul

Was sagen die Initiatoren des Volksbegehrens dazu? „Für mich drücken die grünen Kreuze die Not der Landwirte aus“, sagt David Gerstmeier, einer der beiden führenden Köpfe. Und die könne er gut nachvollziehen. In den letzten 20 Jahren hätte die Hälfte der kleinen und mittleren Höfe aufgegeben, weil die Agrarpolitik immer auf Wachsen oder Weichen gesetzt habe. Das Volksbegehren ziele nicht nur auf den Artenschutz, sondern sei auch „eine große Chance für die bäuerliche Landwirtschaft“. Die wolle die Initiative mit dem Volksbegehren stärken. Denn der Gesetzentwurf lasse der Politik großen Handlungsspielraum, die Bauern zu fördern, die Artenschutz ernst nehmen.

Ab dem 24. September sammeln die Unterstützer für das Volksbegehren Artenschutz „Rettet die Bienen“ Unterschriften in Baden-Württemberg. Was Sie darüber wissen sollten:

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