Die ersten Tage der Flitterwochen in der Türkei sind wunderschön. Sarina und Matthias Liebhardt genießen die Zeit zu dritt mit ihrem 16 Monate alten Sohn. Am 31. August hatten sie geheiratet, das zweite Kind ist unterwegs. Am 18. September ging es vom Bodensee-Airport aus nach Antalya in die Türkei. Gebucht hatten die Häfler die Reise mit Öger Tours, einer Tochter von Thomas Cook. „Wir wollten einfach mit unserem Sohn Ben nach den Hochzeitsstrapazen Urlaub machen“, sagt Matthias Liebhardt. Die ersten Tage im Hotel Melas Lara verliefen auch prima.

Blick vom Balkon des Hotel Melas Lara in Antalya.
Blick vom Balkon des Hotel Melas Lara in Antalya. | Bild: Sarina Liebhardt

Doch dann kam die Wende: Am Montagmorgen erklärte der britische Reisekonzern Thomas Cook seine Insolvenz. Öger Tours ist eine Tochter der deutschen Thomas Cook. Per WhatsApp-Chat nimmt Matthias Liebhardt direkt aus der Türkei mit uns Kontakt auf.

Das könnte Sie auch interessieren

„War ihm egal. Er hat zur Tür gezeigt“

Das könnte Sie auch interessieren

Wer kann 1200 Euro blitzüberweisen?

Was klingt wie ein schlechter Krimi, ist für die Liebhardts leider Realität. Am Dienstagabend beginnt die Suche: Wo so schnell 1200 Euro herbekommen, wenn es per Kreditkarte nicht geht? Im Hotel spielen sich derweil unglaubliche Szenen ab, wie Matthias Liebhardt berichtet. „Einige waren aufgelöst bis panisch.“ Manche Gäste bezahlten nicht und mieteten sich in einem Hotel am Flughafen ein. So hätten es Sarina und Matthias Liebhardt wohl auch gemacht, wäre da nicht der 16 Monate alte Ben – der zu allem Überfluss auch noch Fieber hat. Sarina Liebhardt ist zudem schwanger. „Zu zweit wäre das auch nicht witzig gewesen, aber dann hätten wir gepackt und wären gegangen. Für 1200 Euro hätte ich zwei Nächte im Nobelhotel in Antalya bekommen“, sagt der Häfler. Aber mit einem Kleinkind bekommt so eine Situation ein anderes Gewicht.

Das könnte Sie auch interessieren
Ben im Hotelzimmer – anfangs sieht hier alles nach perfekten Flitterwochen mit Kind aus.
Ben im Hotelzimmer – anfangs sieht hier alles nach perfekten Flitterwochen mit Kind aus. | Bild: Sarina Liebhardt
Die Logos von Thomas Cook, Öger Tours und Neckermann Reisen an einem Flughafen-Service-Schalter. Familie Liebhardt hatte die Reise mit ...
Die Logos von Thomas Cook, Öger Tours und Neckermann Reisen an einem Flughafen-Service-Schalter. Familie Liebhardt hatte die Reise mit Öger Tours gebucht. | Bild: Silas Stein/dpa
Auf der Überweisungsvorlage steht alles auf Türkisch – ein weiteres Hindernis.
Auf der Überweisungsvorlage steht alles auf Türkisch – ein weiteres Hindernis. | Bild: Matthias Liebhardt

Rückflug? Auch das ist erst mal unklar

Wie der Rückflug verlaufen wird, war bis zuletzt unklar. Alles Recherchieren bei Google half nichts, die Auskünfte bleiben widersprüchlich. Am Mittwoch dann die Nachricht: Auch den Flug müssen die Liebhardts noch einmal bezahlen. „Update: Sunexpress hätte uns nicht an Bord gelassen“, schreibt Matthias Liebhardt. Dieser Mittwoch ist übrigens sein Geburtstag – nur nach Feiern ist ihm nicht so richtig zumute.

In der Lobby des Hotels Melas Lara in Antalya am Montagabend. Hier spielen sich chaotische Szenen ab.
In der Lobby des Hotels Melas Lara in Antalya am Montagabend. Hier spielen sich chaotische Szenen ab. | Bild: Matthias Liebhardt

Kein Vorwurf an die Hotelangestellten

Matthias Liebhardt macht den Hotelangestellten keinen Vorwurf. Der Schaden würde sonst an den Hotels hängen bleiben, vermutet er. „Trotzdem habe ich den Rezeptionsheini angeschrien“, gesteht er. Es habe die Option gegeben, erst am Mittwoch zu bezahlen – das hätte aber an der Grundproblematik nichts geändert. „Ich glaube, die wissen selber nicht so recht, was Phase ist und versuchen jetzt panisch, Geld zu erpressen. Dann ist das Druckmittel eben: alles oder nichts“, sagt der Häfler.

Ankunft zu Hause in Friedrichshafen

Am Donnerstagabend kommen die Liebhardts am Bodensee-Airport in Friedrichshafen an. Der Rückflug verlief ohne weitere Komplikationen. Der Veranstalter Thomas Cook Deutschland, zu dem unter anderem die Marken Neckermann, Öger Tours und Bucher Reisen gehören, hatte am Mittwoch, also einen Tag vor dem Rückflug der Familie Liebhardt, ebenfalls Insolvenzantrag gestellt. Etwa 120 000 Urlauber waren zu diesem Zeitpunkt nach Angaben von Geschäftsführerin Stefanie Berk noch mit dem Unternehmen unterwegs – unter anderem auch die Häfler Familie. Am Flughafen können die Liebhardts einen Flug sogar noch stornieren – die Versicherung scheint gezahlt zu haben. Nach Ankunft in Friedrichshafen folgen die weiteren Schritte: Gibt es doch eine Chance, die 1200 Euro zurückzubekommen?