„Sturm-Hölle über Friedrichshafen“ – so titelte der SÜDKURIER am 19. Juli 2004. Ein Tag, der vielen Häflerinnen und Häflern sicher noch in Erinnerung ist. Dabei beginnt dieser Seehasensamstag zunächst wie im Bilderbuch: Sommerliche Temperaturen, blauer Himmel und viele gut gelaunte Menschen auf der Festmeile.

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Gegen Abend ziehen dunkle Wolken auf. Um 19.45 Uhr wird vom Deutschen Wetterdienst eine Starkwindwarnung für den Ostteil des Bodensees ausgelöst. Gegen 20.15 Uhr wird die Warnung auf den gesamten Bodensee ausgedehnt. Etwa 50.000 Menschen befinden sich laut Polizei zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Seehasenfest – voller Vorfreude auf das große Feuerwerk, das um 22.30 Uhr gezündet werden soll. Die Uferstraße, die Festgärten und der Rummel – alles ist voller Menschen in Feierlaune.

Auf dem Rummelplatz flüchten die Besucher unter den Autoscooter und die Stände. Im Riesenrad schlägt zweimal der Blitz ein.
Auf dem Rummelplatz flüchten die Besucher unter den Autoscooter und die Stände. Im Riesenrad schlägt zweimal der Blitz ein. | Bild: Archiv Rüdiger Schall

„Mein Gott, die Hölle tut sich auf!“

Um 21 Uhr peitschen Orkanböen mit 100 Stundenkilometern über den See, es beginnt heftig zu regnen. „Mein Gott, die Hölle tut sich auf!“, schreit eine Frau und drängt sich ins bereits dicht bevölkerte Eiscafé Italia. Zeltteile und Planen wirbeln durch die Luft, an der Ochsenbraterei des Round Table fliegt das Dach 50 Meter weit weg.

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Zwei Blitze treffen das Riesenrad

Die Besucher suchen Schutz – in Zelten, Lokalen, Telefonzellen. 20 von ihnen werden durch herumfliegende Teile und Stürze im knöcheltiefen Wasser leicht verletzt. Der Rummelplatz verwandelt sich durch den Starkregen innerhalb von Sekunden in ein Schlammfeld. Zwei Blitze treffen das Riesenrad, die Panik wird immer größer. Am heftigsten erwischt es eine Frau auf einem Wohnwagenplatz in Waggershausen: Sie wird von einem Blitz getroffen und muss schwer verletzt ins Klinikum. Johanniter, THW und Feuerwehr sind bis in die frühen Morgenstunden im Einsatz.

Knietief im Wasser: Nach der Regenflut wird weitergefeiert bis tief in die Nacht.
Knietief im Wasser: Nach der Regenflut wird weitergefeiert bis tief in die Nacht. | Bild: Archiv Rüdiger Schall

Und plötzlich beißt einer dem anderen das Ohr ab

1997 biss Mike Tyson Evander Holyfield in einem WM-Kampf ein Stück des Ohres ab. Das war freilich im Boxring. Doch auch auf dem Seehasenfest gab es diese Grausamkeit schonmal – und zwar in der Nacht zum 12. Juli 2012. Zwei Besuchergruppen geraten auf dem Festgelände aneinander. Erst fliegen böse Worte, dann Fäuste. Dabei wird ein 22-jähriger Mann schwer verletzt und muss im Klinikum Friedrichshafen notoperiert werden.

Zwei Jahre später berichtet der Mann bei der Verhandlung vor dem Amtsgericht Tettnang: „Bevor ich mich versah, lag ich auf dem Boden, am ganzen Körper auch am Kopf, von Tritten traktiert.“ Er habe versucht, sich wieder hinzustellen, doch dann sei ein Mann von hinten an ihn gesprungen: „Im Fallen hat er mir seine Zähne ins Ohr gehauen und das Ohr abgebissen.“

Zum Zeitpunkt der Verhandlung, die im März 2014 stattfand, hatte der junge Mann bereits sieben Operationen am Ohr hinter sich. Zudem sagte er vor Gericht, dass er immer noch unter größten Ängsten leide – und seit der Schlägerei nicht mehr psychisch belastbar sei. Das Amtsgericht Tettnang verurteilte den Angreifer zu einer dreijährigen Haftstrafe.

Am Seehasenmontag 2022 geriet eine Wurstbude mitten auf dem Festgelände in Vollbrand.
Am Seehasenmontag 2022 geriet eine Wurstbude mitten auf dem Festgelände in Vollbrand. | Bild: Julia Blust I SK-Archiv

Feuer auf dem Festgelände

Dieser Schreckensmoment ist noch gar nicht allzu lange her. 2022 findet das Seehasenfest nach zweijähriger Corona-Pause endlich wieder statt. Am Montagnachmittag, 18. Juli, steigen gegen 14.45 Uhr beim Meckatzer Bierzelt plötzlich dicke, schwarze Rauchwolken in die Luft. Mitten auf dem Festgelände, am letzten Tag des beliebten Festes. Montags sind hier vor allem Familien mit Kindern unterwegs, abends treffen sich viele Firmen-Teams.

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Eine Wurstbude brennt. In Windeseile werden die Festbesucher großräumig zum Gehen aufgefordert und auch das benachbarte Festzelt abgesperrt. Die Hütte, etwa sechs Mal sechs Meter groß, steht in Vollbrand. Standbetreiber und weitere Passanten nehmen erste Löschversuche vor. „Es wurden etwa 15 Feuerlöscher abgefeuert, leider ohne das erhoffte Ergebnis“, sagt Feuerwehrkommandant Engesser. 35 Feuerwehrleute bekommen den Brand schließlich in den Griff. Vier Menschen erleiden leichte Rauchvergiftungen, ernsthaft verletzt wird glücklicherweise niemand. Allerdings wird bei dem Brand eine alte Kastanie zerstört – und es entfacht eine Debatte um mehr Baumschutz im Uferpark.

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Sie haben schöne oder traurige Erinnerungen an das Seehasenfest, das 2023 bereits zum 73. Mal stattfindet? Dann schreiben Sie uns an: redaktion.friedrichshafen@suedkurier.de