Vor einem Jahr wandte sich die Bürgerinitiative mit einem fünfseitigen Schreiben an Stadt, Landratsamt und Regierungspräsidium mit der Bitte, eine Teilfreigabe der neuen B 31 „unter allen Umständen zu verhindern“. Seit wenigen Tagen ist klar, dass die neue Bundesstraße zwischen den Anschlussstellen Fischbach und Schnetzenhausen ab August vorzeitig geöffnet werden soll. Die Folge: Der Pkw-Verkehr wird mitten durch die Stadt entweder zur B 31-neu hingeführt oder von der neuen Straße abgeleitet.
Das Ergebnis des Gutachtens kennt die Bürgerinitiative bereits seit dem 29. Mai, als sie ins Rathaus gebeten wurde. „Wir wurden zur Geheimhaltung verpflichtet, bis der Gemeinderat am 15. Juni informiert worden ist“, erklären Anita Schraff und Meike Sittel.
„Fragwürdiger Kommunikationsstil“
Dass die Stadt dann bereits zwei Tage vorher die Entscheidung über die Presse publiziert, formulieren die Vertreterinnen der Bürgerinitiative zumindest als „fragwürdigen Kommunikationsstil“. Genauso wenig wertschätzend gegenüber Bürgern und Stadträten werten sie die Tatsache, dass das Gutachten nur anhand einer zweiseitigen Zusammenfassung präsentiert wurde.
Aber auch mit dem Ergebnis, das am Montag im Finanz- und Verwaltungsausschuss vorgestellt und drei Stunden heftig diskutiert wurde, ist die Bürgerinitiative alles andere als zufrieden.
Warum das Netzwerk für Friedrichshafen auf den Verzicht der Teilfreigabe drängt
„Wir sind der Meinung, dass die Nachteile einer Teilfreigabe überwiegen“, erklären Anita Schraff und Meike Sittel im Namen der Anwohner, die im Dezember knapp 450 Unterschriften für ihr Anliegen an Oberbürgermeister Andreas Brand übergaben. So sei die Ankündigung, dass nur Pkw bis 3,5 Tonnen vorzeitig auf die neue B 31 dürfen, „nicht die volle Wahrheit“. Tatsächlich sei geplant, auch Laster auf die neue Strecke zu führen, die in die städtischen Industriegebiete wollen.

Die Befürchtung bei den Anwohnern ist groß, dass sie auch in Zukunft mehr Verkehr samt Lastwagen vor ihrer Haustür haben werden. So steht an der Abfahrt Sparbruck/Heiseloch ein neues Straßenschild, das Lkw auf der Landesstraße in Richtung „Industriegebiet FN-West“ und „Uni/Hochschulen“ leitet.
Beschilderung „falsch oder irreführend“
Ein Schild mit der Aufschrift „Industrie FN-Mitte“ stehe hingegen erstmals direkt vor dem Tunnel Waggershausen und somit 300 Meter nach der Abfahrt Sparbruck am Straßenrand. Diese Beschilderung sei falsch oder irreführend, monieren die Vertreter der Anwohner. Laut Gutachten würden zudem bei einer Teilöffnung der B 31-neu 17 000 Fahrzeuge durch Sparbruck fahren und auf der alten B 31 dann 20 000. „Ist das verhältnismäßig?“, fragen sie.
Die Sorge ist groß, dass die Bürger auch in Zukunft mit mehr Verkehr belastet werden, da bei jedem Stau oder Unfall im Tunnel „ihre“ Straßen als Umleitungsstrecken genutzt werden. „Daher ist es uns so wichtig, dass unsere Belange Gehör finden, denn sie gelten über eine Teilöffnung hinaus für die nächsten Jahrzehnte“, erklären Anita Schraff und Meike Sittel. Deshalb wünschen sie sich, dass die heute als Landstraße eingestufte Hochstraße (L 328b) herunter gestuft wird, um nötige Schutzmaßnahmen umzusetzen – Tempo 30, Geschwindigkeitskontrollen, Verbot für Schwerlastverkehr.

Bisher seien alle Anfragen auf Entlastung im Rathaus abgelehnt worden, weil es aus formellen Gründen eben nicht gehe und „weil wir zahlenmäßig zu wenig Betroffene seien“. Dabei wird auf Seite 10 des Gutachtens eine Geschwindigkeitsreduzierung für die betroffenen Ortschaften empfohlen. „Man wird müde, sich jegliches Entgegenkommen mühsam erkämpfen zu müssen. Aber das ist wohl auch so gewollt. Wir vermissen Augenmaß und das politische Wohlwollen jenseits von Formalismen“, beklagt die Initiative.
Netzwerk drängt auf Verzicht der Freigabe
Auch für die Fraktion Netzwerk für Friedrichshafen überwiegen die Nachteile einer Teilfreigabe. Die Fraktion fordert OB Brand dazu auf, beim Regierungspräsidium auf den Verzicht der Teilfreigabe zu drängen. Die Gründe: