„Eine Schule für alle“ steht auf dem Flyer, ein buntes Selbstporträt der Gemeinschaftsschule Graf Soden (GGS). Vor zehn Jahren wurde aus der früheren Realschule diese Schule neuen Typs, die politisch jahrelang heiß umkämpft war. Heute gibt es über 300 Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg, die ihren festen Platz im Bildungssystem haben. Dazu gehören im Bodenseekreis auch die Gemeinschaftsschulen Schreienesch in Friedrichshafen, Manzenberg in Tettnang, Sommertalschule Meersburg, Bildungszentrum Salem sowie Wiestorschule in Überlingen.

Alle drei Abschlüsse möglich

Seit 2012 ist Iris Engelmann, die vorher elf Jahre lang Konrektorin war, Schulleiterin. Ihr Büro ist so bunt wie die Schule. Das mit der „Schule für alle“ hat die Rektorin von Anfang an ernst genommen. An der GGS ist es egal, ob der Fünftklässler mit einer Empfehlung für die Hauptschule, Realschule oder das Gymnasium von der Grundschule kommt. Die Kinder lernen von Fach zu Fach auf ihrem individuellem Niveau. Erst in der achten Klasse steht die Entscheidung an, welchen Abschluss sie anstreben. Seit 2020 geht hier auch das Abitur. Die GGS ist eine von nur zehn Gemeinschaftsschulen im Land, die alle drei Abschlüsse anbieten: den für die Hauptschule, Realschule oder eben das Abitur.

Alle Absolventen der Gemeinschaftsschule Graf Soden im Jahr 2023 bei der Abschlussfeier im Graf-Zeppelin-Haus. Hier können Schüler jeden ...
Alle Absolventen der Gemeinschaftsschule Graf Soden im Jahr 2023 bei der Abschlussfeier im Graf-Zeppelin-Haus. Hier können Schüler jeden Abschluss machen, auch das Abitur. | Bild: GMS Graf Soden

Im September hat der erste Oberstufen-Jahrgang an der GGS das Abitur abgelegt. Mit einem Schnitt von 2,4 liegen die Ergebnisse über dem Landesdurchschnitt, so Iris Engelmann. Dass drei von 20 Abiturienten mit einer Hauptschulempfehlung in die Gemeinschaftsschule kamen, bestätigt die Rektorin in dem, was das Kollegium leistet. „Unser Konzept haut hin“, sagt sie schlicht. „Die Entwicklung eines Kindes ist eben nicht in der vierten Klasse abgeschlossen.“

Vierzügige Schule bis zur Zehnten

Inzwischen hat sich herumgesprochen, was die GGS bieten kann, wie durchlässig sie für Kinder jeder Leistungsstufe ist. Jeweils vier Klassen pro Jahrgang drücken bis zur zehnten Klasse die Schulbank. In der gymnasialen Oberstufe sind es aktuell zwei Züge pro Jahrgang. Die Anmeldezahlen für die Fünft- und Elftklässler steigen von Jahr zu Jahr. Aktuell sind rund 780 Schüler an der GGS. „Nächstes Jahr werden es um die 800 sein“, sagt Iris Engelmann.

Abi auf vielen Wegen

Mehr Platz braucht die GGS schon seit Jahren, auch weil sie eine Ganztagsschule ist. Rund 2200 Quadratmeter fehlen, um die vielen Klassen und Fachräume unterzubringen. Fast jede Klasse muss mindestens einmal pro Woche zur Pestalozzischule laufen, wo derzeit eine Art Außenstelle der Gemeinschaftsschule ist. Nach einer oder zwei Unterrichtsstunden geht es dann zurück aufs Schulgelände beim Bodenseecenter. Aber auch die Mensa auf dem Campus ist zu klein.

Auf dem Bolzplatz (Hintergrund) der Gemeinschaftsschule Graf Soden ist ein Neubau geplant.
Auf dem Bolzplatz (Hintergrund) der Gemeinschaftsschule Graf Soden ist ein Neubau geplant. | Bild: Cuko, Katy

Seit 2019 ist ein Erweiterungsbau vorgesehen. Vor knapp zwei Jahren hat der Gemeinderat beschlossen, auf dem heutigen Bolzplatz ein weiteres Schulgebäude zu bauen. Laut Doppelhaushalt der Stadt für die Jahre 2023/24 sind zunächst 6,5 Millionen Euro für den Neubau eingeplant. Für 2025 stehen weitere 6 Millionen Euro im städtischen Etat. Über das Planungsstadium im Rathaus ist das Projekt allerdings noch nicht hinaus gekommen. In der Schule machen sich Lehrer und Eltern schon länger Gedanken darüber, welche Klassen künftig wo Unterricht haben.

Neu: Theater- und Filmklasse

Doch auch beim pädagogischen Konzept der Schule gibt es keinen Stillstand. So bietet die GGS ab September 2024 für die Neuankömmlinge in der Fünften erstmals eine Theater- und Filmklasse ein. „Diese Klasse hat dann zwei Stunden Theater pro Woche im Stundenplan“, erklärt Iris Engelmann das Alternativangebot zur Sportklasse, die es an der Gemeinschaftsschule schon lange gibt. Hier sind zwei Sportstunden extra pro Woche im Plan.

Der Schulhof der Gemeinschaftsschule.
Der Schulhof der Gemeinschaftsschule. | Bild: Cuko, Katy

Talente entdecken oder fördern: Das will die GGS verstärkt auch im künstlerischen und kreativen Bereich. „Wir brauchen diese Vielfalt, damit jeder glänzen kann“, erklärt die Rektorin. Ob Sport, Technik, Naturwissenschaft, Sprache oder Kunst: Die Wahlmöglichkeiten in oder neben den sogenannten Profilfächern sind groß. Bei der Theater- und Filmklasse baut eins auf dem anderen auf. „Der Hauptfokus verändert sich in jeder Klassenstufe. Aber wir arbeiten immer auf eine Aufführung hin, bei der sich jeder einbringen kann.“ In der Oberstufe können diese Kompetenzen letztlich sogar über das Wahlfach Literatur und Theater ins Abitur einfließen.