Das Jahr, an dessen Ende der Bodensee-Airport letztlich ein Minus von rund 2,8 Millionen Euro verzeichnete, hatte gerade erst so richtig begonnen, als Germania Insolvenz beantragte. Anfang Februar stellte die Fluglinie den Betrieb ein. Die Germania-Insolvenz hätte Claus-Dieter Wehr zufolge ein Umsatz-Minus von 2,9 Millionen Euro sowie einen Rückgang von rund 170 000 Passagieren hinterlassen können.
Auch, dass Boeing-Maschinen des Typs 737 Max am Boden bleiben mussten, machte sich am Häfler Flughafen bemerkbar: „Statt täglichen Turkish-Airlines-Flügen nach Istanbul hatten wir im Durchschnitt nur rund fünf Flüge die Woche“, so Wehr. „Das hat alles seine Spuren bei der Passagierentwicklung hinterlassen“, fasste er zusammen.
Neue Fluglinien und Angebote helfen ein Stück weit beim Ausgleich
Das Flughafen-Jahr war dem Geschäftsführer zufolge aber auch von Zuwächsen geprägt. Mit neuen Fluglinien wie Corendon Airlines, Sun-Express und Bulgarian Air Charter sowie der inzwischen wieder eingestellten Sun-Air-Verbindung nach Hamburg konnte viel kompensiert werden. Die Lufthansa steuerte mehrfach täglich Frankfurt an. Und Ski-Charterverkehre, wie sie in erster Linie von britischen Skitouristen genutzt werden, haben sich Wehr zufolge trotz der Diskussionen um den Brexit gut entwickelt.
Auswirkungen der Corona-Krise lassen sich kaum absehen
Deutlich gravierendere Folgen als die Germania-Insolvenz hat und wird die Corona-Krise haben. „In ganz Europa ist der Luftverkehr quasi zum Erliegen gekommen“, so Wehr. Der letzte reguläre Linienflieger hob am 22. März ab, der Bodensee-Airport ließ sich von der Betriebspflicht befreien. Für rund drei Monate wurden nur noch beispielsweise medizinische und Versorgungsflüge abgefertigt, viele der knapp 90 Flughafen-Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Inzwischen ist absehbar, dass nach und nach wieder mehr Betrieb einkehren wird. Was durch die Corona-Krise bislang an Einnahmen weggefallen ist, ließe sich Wehr zufolge nur schwerlich beziffern. Anders sieht das bei den monatlichen Kosten aus: Sie liegen bei rund einer halben Million Euro. Was das Jahresergebnis 2020 anbelangt, werde es finster aussehen – an jedem Flughafen.
Vor einer Woche hob die erste von wöchentlich zwei Wizz-Air-Maschinen in Richtung Tuzla (Bosnien-Herzegovina) ab. Ab dem kommenden Dienstag soll auch Skopje (Mazedonien) wieder angeflogen werden. Von Corendon gibt es Wehr zufolge die Information, dass Heraklion, Rhodos, Antalya und Hurghada ab Ende Juni wieder angesteuert werden sollen. Mit dem Winterflugplan kommen Fuerteventura und Las Palmas als Ziele hinzu. Ab 1. Juli wird auch die Lufthansa den Verkehr zwischen Friedrichshafen und Frankfurt wieder aufnehmen – zunächst mit einer Verbindung pro Tag.
„Man muss da realistisch sein: Wir reden nicht von Normalbetrieb. Aber wir sind froh, dass es jetzt wieder losgeht.“Claus-Dieter Wehr, Flughafen-Geschäftsführer
Wie viele Passagiere tatsächlich an Bord gehen werden? „Das fragen sich alle.“ Was diese Passagiere auch am Bodensee-Airport vorfinden werden: Maskenpflicht, Spuckschutz-Scheiben, Abstandsmarkierungen.

Suche nach einem wirtschaftlichen Konzept für die Zukunft
Für das kommende Jahr streben die Flughafen-Verantwortlichen eine langsame Rückkehr zum geplanten Passagieraufkommen an. Erreicht werde dies aber voraussichtlich erst 2022. „Es gibt sicherlich Menschen, die es nach den vergangenen Monaten nun wieder in andere Länder drängt“, sagte Wehr. „Auf der anderen Seite bleibt aber die Frage, wie sich die Wirtschaft insgesamt entwickelt. Kurzarbeit und die Sorge um Arbeitsplätze sorgen natürlich für Verunsicherung.“
Aufs bloße Abwarten und Hoffen kann sich am Bodensee-Airport, der schon vor der Corona-Krise rote Zahlen schrieb, niemand zurückziehen. Im Gemeindehaushalt für 2020 wird zum Flughafen voraussichtlich nichts außer einer bereits 2017 bewilligten und bereits ausbezahlten Darlehensrate zu finden sein. Vom Land bereits zugesagte Mittel wurden bislang nicht ausbezahlt. „Wir müssen erst unsere Hausaufgaben machen“, sagte Claus-Dieter Wehr. Wie sieht der richtige Weg für den Flughafen aus? Und was bedeutet dieser für die Gesellschafter? Größte Anteilseigner sind die Stadt und der Landkreis. Antworten soll eine Studie liefern, die dem Flughafen-Geschäftsführer zufolge derzeit gemeinsam mit einer Beratungsgesellschaft erarbeitet wird.