Narrensprünge, Zunftbälle, Nachtumzüge und Narrenbaumstellen, Bonbons und Süßigkeiten für die Kleinen, fetzige Musik von Lumpenkapellen und Fanfarenzügen – all das wird es 2021 in Friedrichshafen nicht geben. Denn die Narrenzunft Seegockel hat die Fasnet wegen der Corona-Pandemie für das kommende Jahr abgesagt.

„Wir können keine Veranstaltungen mit so vielen Menschen planen, wie wir es in normalen Zeiten tun. Unsere Zunftbälle und der Narrensprung – all diese närrischen Höhepunkte könnten das Infektionsgeschehen des Virus massiv beeinflussen“, begründet Zunftmeister Oliver Venus die Entscheidung. „Wir haben alle gesehen, wie schnell es gehen kann und wir als Zunft wollen nicht dazu beitragen, dass Friedrichshafen zu einer Coronavirus-Hochburg wird.“

Oliver Venus, Zunftmeister Narrenzunft Seegockel: „Wir als Zunft wollen nicht dazu beitragen, dass Friedrichshafen zu einer ...
Oliver Venus, Zunftmeister Narrenzunft Seegockel: „Wir als Zunft wollen nicht dazu beitragen, dass Friedrichshafen zu einer Virus-Hochburg wird.“ | Bild: Andrea Fritz

Venus spricht von Glück, dass die Zunft sich schon jetzt für eine Absage der Fasnet 2021 entschieden hat. Denn noch haben die Seegockel keine Verträge unterschrieben oder Reservierungen – etwa für die Veranstaltungen im Graf-Zeppelin-Haus – vorgenommen. „So fällt uns die Absage immerhin finanziell nicht zur Last“, sagt der Zunftmeister.

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Denn neben den Einnahmen bei Umzügen und Bällen fehlen auch die Erträge aus den Terminen in diesem Jahr. „In Zeiten fern von Corona sind das Seehasenfest und der Nachtflohmarkt an der Uferpromenade super Einnahmequellen für den Verein“, sagt Venus.

Der Zunftmeister blickt positiv in die Zukunft und hofft auf eine glückselige Fasnet 2022. „Wir können nur hoffen, dass es bis dahin wieder normal läuft, wir die Pandemie im Griff haben und einfach eine schöne närrische Zeit genießen können.“

Klufterner Zunft schließt sich den Häfler Narren an

In Absprache mit der Narrenzunft Seegockel hat sich auch die Klufterner Narrenzunft dazu entschlossen, die Fasnet 2021 abzusagen. Das gibt Zunftmeister Andreas Lamm in einem Brief bekannt. „Auch wenn im Moment jeder gerne auf Entscheidungen aus der Politik und die vielbeschworenen Bundesligastadien warten möchte, so muss jeder für sich so ehrlich sein, dass eine Fasnet 2021 nicht stattfinden kann“, heißt es in dem Schreiben, das dem SÜDKURIER vorliegt.

Die Lumpenkapelle Kluftern eröffnet normalerweise jedes Jahr den Zunftabend der Narrenzunft Kluftern (Archivbild).
Die Lumpenkapelle Kluftern eröffnet normalerweise jedes Jahr den Zunftabend der Narrenzunft Kluftern (Archivbild). | Bild: Georg Wex

Die Fasnet finde nicht im Sommer, sondern in der Hauptgrippezeit im Winter statt. „In diesem Jahr hatten wir noch Glück, aber nun ist das SARS-CoV-2 da und wird im Winter auf oft geschwächte Immunsysteme treffen“, betont Lamm.

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Mit der Absage der Fasnet geht für die Klufterner Zunft auch die Absage des Jubiläums zum 50-jährigen Bestehen einher. „Die Verantwortung gilt dabei nicht nur unseren Mitgliedern gegenüber, sondern auch unseren Besuchern, den Familien, sowie deren Arbeitsstellen“, so Lamm.

Andreas Lamm, Zunftmeister Narrenzunft Kluftern: „Die Verantwortung gilt nicht nur unseren Mitgliedern gegenüber, sondern auch ...
Andreas Lamm, Zunftmeister Narrenzunft Kluftern: „Die Verantwortung gilt nicht nur unseren Mitgliedern gegenüber, sondern auch unseren Besuchern, den Familien, sowie deren Arbeitsstellen.“ | Bild: Jan Manuel Heß

Beim Jubiläumsumzug, der nach Angaben der Zunft etwa 3500 Teilnehmer und 4000 bis 5000 Zuschauer mit sich gebracht hätte, sei das Potenzial „sehr hoch, 100 Menschen zu infizieren und damit einen Lockdown auszulösen“, fürchtet Andreas Lamm. „Und eine Fasnet mit Abstand? Ohne Singen, Lachen und Schunkeln? Maskenträger auf dem Umzug mit 1,5 Metern Abstand zueinander und den Zuschauern? Keine Bonbons für die Kinder? Das kann und will ich mir nicht vorstellen.“

2021 gibt es für die Klufterner Narren keine Einnahmen

Dass der Klufterner Zunft wegen der fehlenden närrischen Veranstaltungen sämtliche Einnahmequellen wegbrechen, sei laut Lamm nicht tragisch. „Wir haben das Glück, dass unsere Fixkosten nicht sehr hoch sind. Und teure Busfahrten finden ohnehin nicht statt.“ Wichtiger sei es, die Krise zu überwinden und sich auf 2022 zu freuen. Denn ein neuer Termin für das Jubiläum der Klufterner Narren stehe bereits: Der große Umzug soll am Sonntag, 16. Januar 2022 nachgeholt werden. „Es bleibt nur übrig, die Fasnet bis dahin im Herzen weiterzutragen.“

Büttel Udo Beller führt die Klufterner Narrenschar unter Begleitung der Lumpenkapelle Kluftern vor das Gebäude der Ortsverwaltung, damit ...
Büttel Udo Beller führt die Klufterner Narrenschar unter Begleitung der Lumpenkapelle Kluftern vor das Gebäude der Ortsverwaltung, damit der traditionelle Rathaussturm starten kann (Archivbild). | Bild: Toni Ganter

Narrenzunft Ailingen wartet mit offiziellem Beschluss

In Ailingen warten die Narren mit einem offiziellen Beschluss zur Fasnet 2021. „Wir sind ein bisschen verwirrt, dass die Seegockel ihre Entscheidung schon jetzt bekannt gegeben haben“, sagt Zunftmeister Michael Boch. Gemeinsam mit den Zunftmeistern im Umkreis sei Anfang September ein Treffen geplant – dann sollte, so Boch, das Vorgehen in der Corona-Zeit und der eigentliche Beschluss über die Fasnet 2021 einstimmig entschieden und bekanntgegeben werden.

Die Narrenzunft Ailingen beim Häfler Narrensprung. 2021 wird es einen solchen Anblick in Friedrichshafen nicht geben (Archivbild).
Die Narrenzunft Ailingen beim Häfler Narrensprung. 2021 wird es einen solchen Anblick in Friedrichshafen nicht geben (Archivbild). | Bild: Susanne Fink

Schon jetzt ist sich die Ailinger Zunft aber sicher: Alle großen närrischen Veranstaltungen fallen im kommenden Jahr aus. „Dazu gehören auf jeden Fall unsere Bälle und das Narrenbaumstellen„, sagt Boch. Inwiefern die Zunft kleinere Veranstaltungen eventuell doch organisieren kann, sei momentan ungewiss. „Das wird sich in den kommenden Monaten zeigen – je nachdem, wie sich die Situation mit der Pandemie entwickelt.“

Einen endgültigen Entschluss über die Fasnet 2021 will die Ailinger Narrenzunft erst im September treffen. Schon jetzt steht aber fest: ...
Einen endgültigen Entschluss über die Fasnet 2021 will die Ailinger Narrenzunft erst im September treffen. Schon jetzt steht aber fest: Das Narrenbaumstellen wie hier zu sehen, findet kommendes Jahr nicht statt (Archivbild). | Bild: Christian Lewang

Einen finanziellen Nachteil gebe es durch die abgesagten Veranstaltungen für die Ailinger Zunft nicht. „Wir sind finanziell gut aufgestellt. Und wo keine Ausgaben sind, da braucht es auch keine Einnahmen“, so Boch. Denn wenn die Narren 2021 an keinen Umzügen teilnehmen, müssten auch keine Buskosten und ähnliches gestemmt werden.

Michael Boch, Zunftmeister Narrenzunft Ailingen: „Wir sind finanziell gut aufgestellt. Und wo keine Ausgaben sind, da braucht es ...
Michael Boch, Zunftmeister Narrenzunft Ailingen: „Wir sind finanziell gut aufgestellt. Und wo keine Ausgaben sind, da braucht es auch keine Einnahmen.“ | Bild: Privat

Die Ailinger Zunft sei froh darüber, dass sie ihr närrisches Jubiläum dieses Jahr ohne Corona feiern konnten. „Wir hatten ein tolles Programm mit vielen Umzügen. Daran denken wir mit Freude zurück und sind erleichtert, dass wir 2021 nur eine ‚normale‘ Fasnet vor uns gehabt hätten“, sagt Boch.

Immenstaader Hennenschlitter sehen derzeit keine Alternativen

Nachdem die Immenstaader Narrengemeinschaft Hennenschlitter vergangene Woche noch sagte, sie werde sich im kommenden Jahr um Alternativen zur „normalen“ Fasnet bemühen, heißt es am Montag von Narrenvater Wolfgang Haas: „Für mich gibt es keine Alternative. Die närrischen Veranstaltungen können 2021 coronabedingt nicht stattfinden.“ Umzüge und Hennensuppe würden stets viele Besucher mit sich bringen, weshalb die Termine angesichts der Corona-Lage derzeit nicht in Frage kommen würden.

Der Prinzenwagen mit dem Prinzenpaar, Hofnarr und Pagen ist ein alljährlicher Anblick bei der Immenstaader Fasnet. Im kommenden Jahr ...
Der Prinzenwagen mit dem Prinzenpaar, Hofnarr und Pagen ist ein alljährlicher Anblick bei der Immenstaader Fasnet. Im kommenden Jahr wird der Wagen nicht unterwegs sein (Archivbild). | Bild: Gisela Keller

Für den Narrenvater gehören vor allen das Miteinander und der Spaß am Feiern zur Fasnet. Mit sämtlichen Einschränkungen und Regeln durch die Krise sei all das nicht mehr möglich. „Ich denke, wenn dann müssen wir einen kompletten Strich darunter ziehen und uns auf die Saison 2022 freuen.“

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