Vor dem Ravensburger Landgericht hat ein sogenanntes Sicherungsverfahren gegen einen 69-jährigen Mann aus Friedrichshafen begonnen. Der an paranoider Schizophrenie leidende Beschuldigte soll im Mai dieses Jahres im Haus seiner Vermieterin an mehreren Stellen Feuer gelegt haben, das glücklicherweise rasch gelöscht wurde. Oberstaatsanwältin Christine Weiss sagte zu Prozessbeginn: „Er ist nicht in der Lage, das Unrecht einzusehen und für die Allgemeinheit gefährlich.“ Anstelle einer Haftstrafe droht dem 69-Jährigen die dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie.
Fast zwei Stunden müht sich Richter Veiko Böhm, Leben und Persönlichkeit des hochgewachsenen Mannes mit der brüchigen Stimme zu ergründen, dem versuchter Mord und schwere Brandstiftung vorgeworfen werden. Bis zum Abitur schien die Zukunft hell und positiv. Aber dann folgte der Abbruch des Jurastudiums. Erste Behandlung wegen der psychischen Erkrankung. Neue Versuche, das Leben trotz Krankheit zu meistern, scheitern. Von sich häufenden Episoden ist zu hören. Gewaltausbrüche nehmen zu. Aufenthalte in der Psychiatrie auch. Wenn davon die Rede ist, kratzt sich der Mann an Kopf und Nase und sagt fast beiläufig, dass er beobachtet wurde.
Als die Polizei ihn aufgreift, ist der Mann nackt
Aber dann kommt Richter Böhm auf die Nacht auf den 19. Mai zu sprechen. Die Version des Beschuldigten: Da müsse jemand Flüssigkeiten in seinem Zimmer verbreitet haben. Überhaupt kämen jeden Tag junge Leute an seiner Schlafstelle am Zimmerboden vorbei. Jedenfalls wollte er um Mitternacht eine Zigarette rauchen. Jetzt geht es um die Farbe des verwendeten Feuerzeugs. Gelb oder weiß – nicht zu klären. Aber was folgt, schildert der Mann anschaulich: „Dann hat es ‚Wumm‘ gemacht!“ Jetzt noch die wirre Geschichte von regelmäßigem „Männer-Frauen-Ringen“ in dem Haus. Allgemeine Skepsis in Saal eins des Landgerichts. Deshalb als Nachsatz, die Vermieterin habe ihn in den Schwitzkasten genommen.
Als es im vermüllten Zimmer und auf der Veranda brennt, flüchtet der Mann nur mit einem T- Shirt bekleidet und beschädigt noch einige Autos am Straßenrand. Als die Polizei kommt, ist er völlig unbekleidet und äußerlich „Haut und Knochen“. Seitdem ist der Mann im Zentrum für Psychiatrie Weissenau untergebracht. Ins Landgericht wird er von einem Mitarbeiter begleitet. Der nimmt seinem Schützling zu Prozessbeginn die Handschließen ab und bringt ihm später zwei Becher Wasser. Das Gericht will seine Entscheidung über das weitere Schicksal des Mannes noch diese Woche bekannt geben.