Es ist erst wenige Monaten her, da ließ die Insolvenz des Biosupermarkts „Bio am See“ aufhorchen: Gegründet 1990, war „Bio am See“ in den vergangenen 30 Jahren eine Institution für ökologisch-nachhaltiges Konsumieren in Friedrichshafen geworden. Doch in der Corona-Krise waren die Geschäfte eingebrochen, im März 2021 mussten die Betreiber den Biosupermarkt mit angeschlossenem Bistro schließen.

Jetzt steht mit „s‘Gläsle“ ein weiteres Geschäft in Friedrichshafen vor dem Aus, das mit seinem Konzept für nachhaltiges Einkaufen erst vor zehn Monaten gestartet war. „Leider hat uns Corona nun doch in die Knie gezwungen“, schreiben die Betreiberinnen des Unverpackt-Ladens in der Charlottenstraße, Anna und Olivia Hörmann, auf Facebook. Zum 31. Juli haben sie ihren Laden geschlossen, lediglich am Donnerstag noch einmal geöffnet, um die restlichen Lebensmittel sowie andere Produkte zu verkaufen.

„Im September vergangenen Jahres war das Geschäft zunächst gut angelaufen“, erzählt Anna Hörmann, die ein letztes Mal in der Charlottenstraße an der Ladentheke steht. Vor allem vom ZF-Forum ganz in der Nähe seien Mitarbeiter gern zum Mittagessen in ihr Bistro gekommen. Es folgte ein Auf und Ab. Vor Pfingsten hätten sich die Geschäfte noch einmal gut entwickelt, doch danach herrschte „tote Hose“, wie sie sagt.
Im Businessplan hätten sie vor allem auf das Angebot in ihrem Bistro gesetzt, mit 20 bis 25 Essen hätten sie darin kalkuliert. „Am Ende waren es vielleicht noch fünf Essen, an machen Tagen auch keines“, sagt Anna Hörmann, die für die Küche verantwortlich war. Auch an der Ladentür ist auf einem Zettel zu lesen: „Leider sind nicht genug Leute zum Einkaufen und zum Essen gekommen.“

Die Konkurrenz durch andere Unverpackt-Läden in Stadt und Region ist Anna Hörmann zufolge nicht das Problem gewesen, vielmehr Lockdowns und Homeoffice in der Corona-Krise. Um weitere finanzielle Einbußen abzuwenden, haben sich Anna und Olivia Hörmann jetzt für die Schließung entschieden. Wie geht es weiter? „Ich bin gelernte Köchin und werde auch künftig in der Gastronomie arbeiten“, sagt Anna Hörmann.
„Belastungen für den Handel waren und sind enorm“
Mit roten Plakaten hatten in der Friedrichshafener Innenstadt in den vergangenen Monaten auch andere Geschäfte den Räumungsverkauf angekündigt. „Die Belastungen waren und sind enorm“, sagt Thomas Goldschmidt, Geschäftsführer des Häfler Stadtmarketings, über die Situation der Händler in der Corona-Krise. Je nach Geschäft und Branche hätten Förderprogramme über die schlimmsten Zeiten hinweggeholfen. „Entscheidend werden nun die nächsten Monate sein. Ein gutes Herbst- und vor allem Weihnachtsgeschäft sind für viele Geschäfte überlebenswichtig, ein erneuter Lockdown wäre fatal“, so Goldschmidt.
Leerstandsquote liegt bei rund sechs Prozent
Mehr Ladenschließungen als sonst sind seinen Angaben zufolge in Friedrichshafen aktuell allerdings nicht zu verzeichnen. Ihm seien derzeit keine bevorstehenden Schließungen in der Innenstadt bekannt. „Das kann sich aber natürlich schnell ändern“, sagt der Geschäftsführer des Stadtmarketings. Aktuell liegt die Leerstandsquote im zentralen Innenstadtbereich – ohne Nordstadt und weitere Bereiche – bei sechs Prozent. Ziehe man die Geschäfte ab, die leer stehen, bei denen aber schon klar ist, was mit ihnen geschieht, dann betrage die Leerstandsquote nur drei Prozent, sagt Goldschmidt und nennt hier beispielsweise den geplanten Neubau auf dem Trapp-Areal.
Vor Corona schwankte die Leerstandsquote im zentralen Innenstadtbereich seinen Angaben zufolge zwischen sechs und acht Prozent. „Allgemein galt vor Corona, dass Leerstandsquoten von unter zehn Prozent in Ordnung sind und auf normale Fluktuation zurückzuführen sind“, so Goldschmidt. Kritisch seien Werte von über 20 Prozent, wie sie zum Teil in Städten in Mittel- und Norddeutschland schon anzufinden sind.