Cristina Garcia steht in einem Klassenzimmer in der Claude-Dornier-Schule und spricht in ihre Webcam: „Que tal, chicos en casa – tienes preguntas? Wie geht es, Jungs zu Hause – habt ihr Fragen?“ Tim möchte wissen, ob es noch um „El Día de los muertos – Der Tag der Toten“ geht. Der Text über das mexikanische Fest der Toten gehört zum aktuellen Thema „Mexiko„.

Der Spanisch-Kurs ist zweigeteilt: Die eine Hälfte der Klasse ist im Präsenzunterricht, die andere ist per Video dabei. Heute sind allerdings nur zwei Schüler von außen zugeschaltet. Die Klasse hat vorher eine Klassenarbeit geschrieben, danach ist der Fernunterricht freiwillig. Tim und Matthias machen trotzdem mit.

Die Anwesenheit kontrolliert Cristina Garcia sowohl im Klassenraum als auch per Bildschirm.
Die Anwesenheit kontrolliert Cristina Garcia sowohl im Klassenraum als auch per Bildschirm. | Bild: Corinna Raupach

Wenn eine Lernplattform überlastet ist, funktioniert meist die zweite

„Wir sind hier gut aufgestellt, unsere Informatik-Kollegen haben uns schon im ersten Lockdown geschult“, sagt Garcia. Alle Beteiligten haben Zugriff auf die Lernplattformen „Moodle“ und „Ilias“ – wenn eine überlastet ist, funktioniert meist die andere. Auf ihrem Computer steckt eine zweite Kamera, sodass die Schüler zu Hause nicht nur die hochgeladenen Arbeitsblätter und den Chat, sondern auch ihre Lehrerin sehen. Beamer und Lautsprecher übertragen wiederum die Wortmeldungen der zugeschalteten Schüler und bei Bedarf auch Bilder vom häuslichen Schreibtisch in die Klasse. „Die Schüler zu Hause lassen oft die Kameras aus, das belastet das Netz weniger“, sagt Garcia.

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Cristina Garcia ist froh über diese Möglichkeit. Ihr ist es wichtig, ihre Schüler zu motivieren und ihnen trotz der schwierigen Umstände eine gute Vorbereitung für das Abitur zu ermöglichen. „Wir nutzen hier alle Kanäle: Hybridunterricht, Onlineunterricht, ich habe auch schon mit allen telefoniert. Die Klasse hier macht sehr gut mit. Sie sind Stufe 13 und arbeiten selbständig“, sagt sie. Der Online- oder Hybridunterricht eröffnet auch Möglichkeiten, die analog komplizierter sind. So kann sie Schüler in Gesprächsgruppen per Video einteilen. Dort üben sie miteinander, ohne von den Gesprächen der anderen abgelenkt zu werden. Sie selbst hat die Möglichkeit, per Klick von Gruppe zu Gruppe zu wechseln und Tipps zu geben.

Um ihren Kurs gut auf das Abi vorzubereiten, nutzt Cristina Garcia alle Kanäle: von Arbeitsblatt über Telefon und Hybridunterricht bis ...
Um ihren Kurs gut auf das Abi vorzubereiten, nutzt Cristina Garcia alle Kanäle: von Arbeitsblatt über Telefon und Hybridunterricht bis zum Einzelgespräch. | Bild: Corinna Raupach

Am Tag darauf wird Garcia eine andere Gruppe unterrichten. Die eine Hälfte ist bei ihr im Klassenzimmer, die zweite wird den Unterricht in einem zweiten Klassenzimmer über den Beamer verfolgen. „Können wir auch kommen?“, fragt Anja. „Ihr könnt einfach hier in dieses Klassenzimmer kommen und online dabei sein. Wenn ihr Fragen habt, schreibt ihr die in den Chat, ich bin ja da“, bietet Garcia an.

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Das Arbeitsmaterial verteilt Garcia in Papierform und lädt es im Netz hoch. „Da sind auch Videos dabei, die können sie ansehen und ihr Hörverstehen trainieren.“ Während sich die Schüler mit ihren Arbeitsblättern beschäftigen, nimmt sie sich Zeit für Gespräche. Von den beiden Schülern zu Hause will sie nicht nur wissen, wie weit sie mit den Aufgaben zur mexikanischen Vergangenheit sind, sondern auch, wie die Klausur vorher gelaufen ist. Eileen hat sich Themen für die Kommunikationsprüfung im Juni überlegt – die Situation in Katalonien, Grundwasserabsenkung in Spanien, Geschichte des Stierkampfs, die Oper Carmen oder der Künstler Gaudí? Garcia rät ab oder zu und lobt vor allem, dass sich ihre Schülerin rechtzeitig Gedanken über die Prüfung macht. Einen anderen Schüler, der über den Stress in der Klausurenphase klagt, muntert sie auf: „Denke positiv. Du hast schon so viel geschafft, du schaffst das auch noch!“

Unterrichtsform hat Vorteile, kann aber auch einem Youtube-Video ohne Stopptaste gleichen

Die Schüler beurteilen den Hybridunterricht unterschiedlich. „In der ersten Woche gab es ein paar Schwierigkeiten, aber eigentlich hat es gut funktioniert. Es hat auch Vorteile: Man muss Sachen nicht abschreiben, sondern kann kopieren und einfügen. Insgesamt ist das für große Klassen eine gute Lösung“, sagt Anja. Jacob dagegen findet: „Es gibt Lehrer, die sich im Hybridunterricht nur wenig um die Schüler zu Hause kümmern, da fühlt man sich leicht abgehängt. Es ist wie ein Youtube-Video ohne Stopptaste.“ Eileen ergänzt: „In der Schule haben wir auch untereinander Kontakt und tauschen uns aus. Im Hybridunterricht sehen wir nur den Lehrer.“

Kurz vor offiziellem Schulschluss stehen die ersten Schüler bereits auf und gehen. Sie haben im Anschluss Onlineunterricht und müssen sich rechtzeitig auf den Heimweg machen. Garcia kennt das – sie hat ihre nächste Stunde in Präsenz an der Außenstelle in Tettnang.