Hier ein Kamerateam aus Österreich, dort ein Radioreporter: Am Donnerstagmorgen ist am Flughafen Friedrichshafen einiges los. Alle warten gespannt darauf, dass sie sich Tür im Ankunftsbereich öffnet. „Kommt hier eigentlich ein Promi oder so an?“, fragt ein junger Mann, der einen Freund abholen will. Doch die Menschen, um die es geht, sind gar keine Prominenten. Sie sind Urlauber aus Rhodos.
Koffer und Unterlagen auf der Insel zurückgelassen
Auf der griechischen Urlaubsinsel gab es mehrere Tage lang heftige Waldbrände, rund 20.000 Urlauber mussten evakuiert werden. Einer der ankommenden Urlauber ist Norbert Geutze aus Bludenz in Österreich. Seine Familie und er sind ohne ihr Gepäck in Friedrichshafen gelandet. Ihre Koffer und alle Unterlagen mussten sie auf Rhodos zurücklassen. „Mein Rucksack und die Sachen, die ich jetzt trage, sind alles, was ich dabei habe“, erzählt er, „ich musste sogar neue Kleidung kaufen.“

Ihr Hotel sei genau im Sperrgebiet gelegen, viel Zeit zum Packen habe es nicht gegeben. „Plötzlich wurden alle Gäste in Reisebussen abgeholt“, berichtet Geutze. Die Reiseleitung habe sie trotz allem gut informiert, es sei auch immer jemand erreichbar gewesen. Familie Geutze ist froh, wieder gut gelandet zu sein: „Es hätte schlimmer kommen können“, sagt Norbert Geutze, „wir sind noch ganz gut davon gekommen.“
„Irgendwann haben die Augen gebrannt“
Larissa Bickel, Valentina Konzett und Sarah Felber kommen aus Fontanella in Vorarlberg und haben eine Woche auf Rhodos verbracht. Sie sehen etwas müde aus, sind aber gut gelaunt. Dabei verlief ihr Urlaub anders als geplant. Die Gruppe war ganz in der Nähe der Brände, etwa sechs Kilometer entfernt. „Wir haben die Rauchwolken gesehen – und Asche, die vom Himmel fällt“, erzählt Larissa Bickel, „irgendwann haben auch die Augen gebrannt und wir hatten Kopfweh.“
Die ersten Tage ihres Urlaubs sei noch alles in Ordnung gewesen, lange haben sie nichts von den nahgelegenen Bränden gehört. „Das Personal im Hotel wusste nichts, niemand hat uns irgendwas gesagt“, berichtet Sarah Felber, „so ist aber auch keine Panik ausgebrochen.“ Als das Angebot vom Reiseveranstalter kam, das Hotel zu wechseln, zögerten sie nicht lange. „Wir sind quasi freiwillig in den Norden gegangen“, sagt Felber.
Auswirkung selbst im Insel-Norden spürbar
Nicht alle Passagiere, die am Donnerstag aus Rhodos ankommen, haben die Brände hautnah miterlebt. Alexander Wagner war mit seiner Frau Stefanie und den beiden Kindern Louis und Nele elf Tage auf Rhodos. Von den Waldbränden seien sie persönlich nicht betroffen gewesen, da sie im Norden der Insel waren. Die Auswirkungen haben sie allerdings trotzdem gespürt: „Wir hatten zweimal am Tag Stromausfall, meistens für eineinhalb Stunden“, berichtet Wagner. Das sei besonders schwierig für die Familie gewesen, da sie in einer Ferienwohnung gewohnt und sich selbst versorgt hat.

Viele Freunde aus Deutschland machten sich Sorgen
Der Reiseveranstalter von Familie Wagner habe sie regelmäßig informiert und Warnungen für betroffene Gebiete und Städte geschickt. Zusätzlich hat Alexander Wagner die Situation in den Nachrichten verfolgt. Auch über Familienmitglieder und Freunde aus Deutschland seien viele Informationen und Nachfragen gekommen. „Sobald die Nachrichten um 20 Uhr vorbei waren, kamen schon die ersten WhatsApp-Meldungen aus Deutschland“, sagt Wagner. Das Angebot ihres Veranstalters, die Reise vorzeitig abzubrechen, habe die Familie abgelehnt. „Die Griechen sind froh, dass wir da waren“, sagt Alexander Wagner, „die brauchen den Tourismus auch.“
Familie Wagner macht bereits zum zweiten Mal Urlaub auf der Insel. „Letztes Mal waren wir weiter unter im Süden“, erzählt der Familienvater, „unser Hotel dort ist komplett abgebrannt.“ Tochter Nele habe das nur schwer begreifen können. „Es ist wirklich sehr schade für die Insel“, sagt Wagner. Bei einem Ausflug Richtung Süden haben sie den Rauch gesehen, irgendwann habe man nicht mehr weiterfahren können.
Fliegt überhaupt noch jemand nach Rhodos?
Eine halbe Stunde nach Ankunft steht das Flugzeug schon wieder bereit, um nach Rhodos zurückzufliegen. Allerdings sind laut dem Check-in-Personal nur 26 von 178 Fluggästen angemeldet. Große Reiseveranstalter wie die Tui fliegen bis Freitag keine Feriengäste mehr nach Rhodos und haben alle Flüge storniert. Tui ist laut Flughafensprecher Bernd Behrend der größte Rhodos-Kunde in Friedrichshafen.

Einer der wenigen Fluggäste, die am Donnerstagmorgen überhaupt nach Rhodos fliegen wollen, ist Anvor Sitler. Gemeinsam mit Sohn Louis will der Vorarlberger eine Woche auf der Insel Urlaub machen. „Ich habe überhaupt keine Bedenken mehr – im Gegenteil“, sagt Sitler, „ich freu mich auf den Urlaub, dann ist vielleicht auch weniger los.“
Anfang der Woche sah das Ganze allerdings noch anders aus. Am Montag sei nicht sicher gewesen, ob die beiden überhaupt ihren Urlaub antreten können. Dann habe die Reisegesellschaft Entwarnung gegeben und ihnen versichert, dass sie fliegen können. Die Urlaubsstimmung ist bei Anvor Sitler dadurch nicht getrübt: „Ich habe das ganze Jahr gearbeitet, da lass ich mir die Stimmung nicht vermiesen.“