Zuhause bleiben, Abstand halten: Um die Corona-Pandemie einzudämmen, müssen wir auf vieles verzichten, was bisher selbstverständlich war. Spontan Freunde und Familie treffen geht nicht mehr.
Doch dafür gibt es Alternativen im Netz. SÜDKURIER-Mitarbeiter erzählen von ihren Erfahrungen mit verschiedenen Formen des digitalen Zusammenseins.
Volontär Marcel Jud: Bierseeliger Corona-Stammtisch per Videokonferenz
„Lass uns heute Abend noch auf ein Bier treffen, vielleicht kommt ja bald der Lockdown“, sagte ich zu einem Kumpel, den ich zufälligerweise in meiner Heimatstadt St. Gallen getroffen hatte. Das war im März.
Mit meinem Geistesblitz sollte ich recht behalten: Noch am selben Tag verfügte die Schweizer Regierung, dass Gaststätten ab morgen schließen müssen und in den kommenden Tagen wurden auch die Grenzkontrollen zwischen Deutschland und der Schweiz zunehmend verschärft.
So tranken wir an jenem Abend zum vorerst letzten Mal ein Bier zusammen „in Freiheit“
Eine melancholische Stimmung lag über dem Tresen und den Bistrotischen in meiner Lieblingsbar. Gäste und Wirt waren sich einig, dass die Maßnahmen gerechtfertigt sind. Doch wie würde es nun weitergehen? Was geschehen, wenn der Hort für bier- und weinseelige Zusammenkünfte geschlossen ist? Wie diesen Verlust kompensieren?
Freunde und ich haben inzwischen eine Alternative gefunden: Einmal in der Woche treffen wir uns zum Stammtisch – per Zoom-Videokonferenz. Und tatsächlich: Nach anfänglicher Beklemmung kam bereits beim ersten digitalen Treffen eine Stimmung auf, die doch recht nah an unsere gewohnten, analogen Treffen heranreichte.

Wir diskutierten, blödelten und lachten, wie wenn wir tatsächlich an einem Tisch sitzen würden. Doch klar ist auch: Dasselbe ist es halt nicht. Deshalb erhebe ich auch im Namen meiner Freunde mein Bier darauf, dass die Krise baldmöglichst überwunden sein möge und wir uns wieder, ganz analog, am Bistrotisch gegenübersitzen können.
Und wie machen Sie es? Wie halten Sie, liebe Leser, in Zeiten von Ausgangsbeschränkungen und „Social Distancing“ Kontakt zu Ihren Freunden und Familien?
Redaktionsleiterin Kerstin Mommsen: Digitaler „Weiberabend“ und Smartphone-resistente Oma
In „normalen“ Zeiten treffe ich mich mit meinen engsten Freundinnen mindestens einmal im Monat zum „Weiberabend“, dann gehen wir essen oder was trinken oder treffen uns bei einer von uns zu Hause, um uns mal wieder richtig auszutauschen.
Das geht nun seit Wochen nicht mehr, denn natürlich halten wir uns an die Corona-Vorgaben der Behörden. Doch nach einer Woche schlug dann eine von uns vor, es mal per Skype-Konferenz zu versuchen. Denn was im Home-Office geht, muss ja auch abends möglich sein.
Gesagt, getan! Und es funktionierte großartig
Fast zwei Stunden lang brachten wir uns, mit einem Gläschen Rotwein in der Hand, auf den neuesten Stand. Auch wenn es erst etwas gewöhnungsbedürftig war, dass sich keiner mehr ins Wort fallen darf, weil dann ja keiner mehr was versteht.
Glücklicherweise hielten alle Internetverbindungen mehr oder weniger stabil. Ab und zu fiel eine von uns raus, oder das Bild blieb stehen. Spaß aber hat es uns allen gemacht. Denn wir wollen unsere Verbindung nicht wegen der Corona-Pandemie abbrechen lassen – der nächste Termin ist schon ausgemacht.
Verbindung mit der Oma ist nur per Telefon möglich
Mein Versuch, meine Kinder mit meiner Mutter per Whatsapp-Videoanruf zu verbinden, scheiterte dagegen kläglich. Denn meine 81-jährige Mutter fremdelt mit ihrem Smartphone, um es vorsichtig auszudrücken. Wir wollten es trotzdem versuchen. Mein zehnjähriger Sohn Paul übernahm das Coaching per normaler Telefonleitung, ich rief sie an – mehrfach.
Doch sie schaffte es einfach nicht, den Anruf anzunehmen, obwohl wir sie alle ermunterten, was das Zeug hielt. Am Ende blieb nur Resignation bei der Tochter und den beiden Enkeln. Nun telefonieren wir ganz altmodisch jeden Tag – auch wenn wir wissen, dass es eigentlich auch anders ginge.
Und wie machen Sie es? Wie halten Sie, liebe Leser, in Zeiten von Ausgangsbeschränkungen und „Social Distancing“ Kontakt zu Ihren Freunden und Familien?
Redaktionssekretärin Rosemarie Clericus: Noch näher zusammen dank Skype-Familienessen
Mein Sohn wohnt in Stuttgart, meine Tochter in Konstanz, mein Mann und ich in Überlingen. Alle arbeiten wir jetzt im Home-Office, alle verlassen wir unser Haus nur noch, wenn es unbedingt nötig ist. Treffen können wir uns nicht mehr.
Natürlich schmerzt es, wenn man seine Kinder nicht mehr besuchen kann. Und die Ungewissheit, wie lange dieser Ausnahmezustand dauern wird, nagt an einem. Vorher konnten wir uns spontan zum Abendessen treffen, einen fixen „Familientag“ hatten wir nie, aber das brauchten wir auch nicht.
Durch die Corona-Pandemie hat sich das nun alles geändert
Einmal in der Woche essen wir jetzt zusammen per Skype. Jeder sitzt bei sich zuhause vor seinem Handy oder Laptop – und wider Erwarten ist es wunderschön. Das erste Mal war es schon komisch mit der räumlichen Distanz.

Aber wir haben uns schnell daran gewöhnt, uns gegenseitig erzählt, wie es uns geht. Trotz der Distanz rücken wir als Familie jetzt noch näher zusammen. Und der Vorteil: Jeder kann das essen, was ihm am meisten schmeckt.