Vor dem ZF-Werk 2 herrscht an diesem Mittwochmorgen Hochbetrieb: Mehrere Reisebusse, die unter anderem aus Brandenburg, Gelsenkirchen, Aschaffenburg und Eitorf kommen, rollen auf den Parkplatz. Eine Gruppe von 15 Männern steht bereits vor der Pforte, ausgestattet mit IG-Metall-Fahnen. Rote Regenschirme und IG-Metall-Mützen schützen vor dem strömenden Regen. Der ZF-Beschäftigte Aykan Okur ruft seine Arbeitskollegen zusammen: „Kommt mal alle her, wir marschieren jetzt Richtung Kreuzung und treffen dort die anderen.“ Die Männer setzen sich in Bewegung. Die Gruppe ist beschäftigt beim ZF-Standort in Mannheim. Sie sind heute Morgen in der Früh losgefahren „um Solidarität zu zeigen“, wie Okur erläutert.

Zwei Werke schließen
Doch weshalb nehmen die ZF-Beschäftigten diesen weiten Weg auf sich an diesem regnerischen Morgen? Zum Einen hat der Autozulieferer ZF im Dezember verkündet, ein Werk in Gelsenkirchen Ende 2024 schließen zu wollen. Das Werk in Eitorf soll spätestens Ende 2027 dicht machen. Insgesamt fürchten rund 900 Beschäftigte um ihre Stellen. Zum Anderen brodelt es in der Belegschaft, da angekündigt wurde, dass auch an weiteren Standorten Personal eingespart werden soll.
Betriebsrat kritisiert Vorgehen
Zwar haben sich Konzern und Betriebsrat Ende vergangenen Jahres auf ein sogenanntes Zielbild für die 5500 Mitarbeitenden der Nutzfahrzeugbranche geeinigt, damit die Produktion am Standort Friedrichshafen dauerhaft gesichert ist. Doch für die 4500 Beschäftigten in Verwaltung, Forschung und Entwicklung wurde noch keine Vereinbarung zu einer Jobgarantie ausgearbeitet.
Konkret fordert der Betriebsrat von der Konzernleitung, die Standorte Schalke und Eitorf zu erhalten, in konstruktive Gespräche zur Zukunft des Betriebs einzusteigen und das Unternehmen mit und nicht gegen die Belegschaft zu führen, wie es in einer Pressemitteilung des Betriebsrates heißt.

Der Gesamtbetriebsrat hält die Entscheidungen der Standortschließungen und Personaleinsparungen laut eines Flugblatts generell für „verantwortungslos und falsch“. Das kam auch bei der Kundgebung vor dem ZF-Forum am Mittwochmorgen zu Tage: Die Billigproduktion im Ausland war ein großes Thema. Der Betriebsrat will sich dafür einsetzen, dass Stellen in Deutschland erhalten bleiben und künftig nicht im Ausland billiger produziert wird. Vor allem die Produktion von Elektroantrieben soll in Deutschland bleiben.
Okur ist Vertrauenskörperleiter des ZF-Werks Mannheim. Er ist Gewerkschaftler durch und durch und schlägt harte Töne an: „Wir müssen heute Flagge zeigen und ein Zeichen setzen. Denn wer einen von uns angreift, greift uns alle an.“ An der Kreuzung Kepler-/Riedleparkstrasse führt die Demonstration zusammen.

Einsatzkräfte der Polizei patrouillieren am Wegesrand, die Straßen sind für Autofahrer gesperrt. An einem Pavillon werden Shirts verteilt. Der rote Tross marschiert voran und tut mit Trillerpfeifen und Transparenten seinen Unmut kund. Je näher die Demonstranten an die Konzernzentrale kommen, desto aufgeheizter wird die Stimmung. Vor dem ZF-Forum steigt roter Rauch auf, zwei Protestierende haben Bengalos gezündet, begleitet von lauten Buhrufen in Richtung sechster Stock, wo die Konzernleitung ihre Büros hat.
Rund 3000 Teilnehmer
An dem Solidaritätsmarsch und der Kundgebung vor dem ZF Forum nahmen laut Betriebsrat rund 3000 Menschen teil. Diese ungefähre Hausnummer bestätigt die Polizei. Zwar werden keine genauen Zahlen genannt, aber die Pressestelle der Polizei spricht „von mehreren tausend Teilnehmern“. Die Demonstration sei aus Sicht der Einsatzkräfte aber, trotz aufgeheizter Stimmung, friedlich verlaufen und abgesehen von Verkehrsbehinderungen ohne besondere Vorkommnisse über die Bühne gelaufen.