Er war Künstler, Freigeist und Visionär. Er liebte die Natur, setzte sich für Frieden auf der Welt ein. Und manchmal war er auch unbequem, wenn er seine Meinung vertreten hat, die gerade nicht dem Mainstream entsprach. Hellmut Urban wird den Heiligenbergern lange in Erinnerung bleiben. Am 4. Juni verstarb er im Alter von 78 Jahren.

Hellmut Urban wurde auf dem Friedhof in Heiligenberg zur letzten Ruhe gebettet.
Hellmut Urban wurde auf dem Friedhof in Heiligenberg zur letzten Ruhe gebettet. | Bild: Karlheinz Fahlbusch

40 Jahre lebte er im Luftkurort und hier fand er auch seine letzte Ruhestätte. Die Urnenbeisetzung wurde so gestaltet, wie er es vorher festgelegt hatte. Die rund 100 Trauergäste erlebten eine Feier ohne festgelegte Formen und Pathos, aber mit vielen Gedanken an einen ungewöhnlichen Mann. Seine drei Kinder waren ebenso anwesend wie seine geschiedene Frau, zu der er bis zuletzt ein sehr freundschaftliches Verhältnis pflegte. Eine seiner Schwestern war bis aus den USA in den Linzgau gekommen, um sich zu verabschieden.

Neben dem Grab stand ein großes Foto des Verstorbenen. Es zeigte Urban mit ausgestreckter Hand und hellem Blick, ganz so, wie man ihn kannte. Und selbst wer ihn nicht so gut kannte, der konnte Dinge aus seinem Leben erfahren, das so ungewöhnlich war wie Hellmut Urban selbst.

Liebe zum Alphorn für viele Freunde unbekannt

Schon die Begleitmusik auf der Beerdigung war sehr gegensätzlich. Da wurde einem mittelalterlichen Instrument nahezu sphärische Klänge entlockt, Tochter Elke hatte extra ein Lied geschrieben. Auch ein Alphorn-Trio aus Wilhelmsdorf gab dem Verstorbenen die letzte Ehre. Hellmut Urbans Liebe zum Alphorn war dann doch vielen Freunden unbekannt.

Und vielleicht auch so manche Anekdote aus seinem Leben. In seiner Autobiografie mit dem Titel „Grenzenlos“ schreibt Urban über die persönlichen Erlebnisse und Zeitzeugenberichte seiner Reisen und Aktivitäten ab 1968. Und auch davon wurde manches wieder in die Gegenwart gerückt bei der Beerdigung und der anschließenden Gedenkstunde bei AllerArt.

Er lernte in Indonesien die Kunst der Batik

In Indonesien beispielsweise war der Verstorbene Bambang Oetoro begegnet, einem Meister der Batikkunst. Bei ihm erlernte er dieses Kunsthandwerk und durfte sich anschließend sogar Meister nennen. Australien, die Philippinen und Neuseeland bereiste Hellmut Urban. Mit Freunden lebte er auf den Kanarischen Inseln und von dem Verkauf seiner Batik-Arbeiten.

„Meine Kunst ist mein Acker“, lautete seine Devise. Der gehöre ihm, wolle kultiviert und erbaut werden und sichere ihm Freiheit und Unabhängigkeit. Im Juni 1978 kam Urban, wieder zurück in Deutschland, auf die Idee, mit dem Fahrrad die innerdeutsche Grenze zu überqueren. Es war die Nacht vor dem 17. Juni, damals noch Tag der deutschen Einheit. Für ihn genau das passende Datum.

Mit dem Fahrrad über die Grenze

Unerschrocken schob er sein Fahrrad auf den Schlagbaum zu, die rechte Hand zum Friedensgruß erhoben. Hinter ihm der Bundesgrenzschutz, vor ihm die Mauer, Stacheldraht und Selbstschussanlagen. Die DDR-Grenztruppen wussten nicht so recht, was sie nun tun sollten. Das Tor wurde aufgeschlossen und Urban schob sein Fahrrad über den Todesstreifen.

Mit einem Militärfahrzeug ging es weiter und als die Sperrzone hinter dem ungewöhnlichen Fahrradfahrer lag, fand sich dieser in einem hermetisch abgeriegelten Stasi-Gefängnis wieder. Grenzverletzung und schwere Provokation wegen dem Datum 17. Juni lautete die Anklage.

Hungerstreik im Gefängnis

Hellmut Urbans offenkundige Abneigung gegenüber Karl Marx machte ihn den Gefängniswärtern nicht sympathischer. Weil er sich völlig zu Unrecht verfolgt führte, kündigte Urban den Hungerstreik an. Ein Vertreter der Bundesrepublik Deutschland gab ihm den guten Rat: „Was ist das schon, wenn Sie hier ein Fanal setzen. Ein paar Zeilen in der Tagespresse und morgen ist alles vergessen. Mann, essen Sie wieder. Sie kommen frei.“

In der Pandemie schafft es Urban ins Fernsehen

Und so geschah es dann auch. Die Bundesrepublik Deutschland kaufte Hellmut Urban zusammen mit anderen Häftlingen frei. Die Sache wurde gar nicht groß bekannt. Dafür schaffte es Urban viele Jahre später bis ins Fernsehen – und zwar mit seinem Verhältnis zu Corona. Ein Artikel im SÜDKURIER hatte für Furore und Interesse gesorgt.

Der kritische Geist aus Heiligenberg hatte sich nämlich nicht impfen lassen und stattdessen verfügt, dass er keinen Platz auf einer Intensivstation beanspruche, sollte dieser nötig sein. Was folgte war eine Art Isolation, aber auch viel Unterstützung von Menschen, die seine Haltung respektierten.

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Gestorben ist Hellmut Urban nicht an Corona, sondern eines natürlichen Todes in seiner Wohnung, von der er einen herrlichen Blick auf den Bodensee und den Linzgau hatte. Und auf das ehemalige Post-Areal, gegen dessen Wiederbebauung er sich bis zum Schluss einsetzte. Er wurde sicher nicht von allen Menschen gemocht, mit denen er sich im Laufe der Zeit angelegt hat. Ihren Respekt dürfte er aber trotzdem haben.