Für das kommende Wochenende lädt der Heiligenberger Künstler Herbert Stehle zu einem Tag des offenen Ateliers in sein Anwesen am Steigener Mühlenweg 21 ein. Zu betrachten sind in Atelier, Werkstatt und großem Garten dann neuere Skulpturen, Collagen und Objekte aus Holz und Beton. Zahlreiche weitere Exponate geben einen Überblick über seine Arbeiten aus verschiedenen Epochen, die „zu besonderen Preisen“ – sie stammen, wie er im Vorgespräch wissen lässt, „aus der D-Mark-Zeit“ – auch erworben werden können. Am Sonntagvormittag um 11 Uhr gibt es eine Matinee mit der Pianistin Felizitas Rodach, Stehles Nachbarin.
Für Triennale in Bad Ragaz
Im Zentrum steht aber die Präsentation einer Betonskulptur, die für die im nächsten Jahr stattfindende Ausstellung „Schweizerische Triennale der Skulptur“ in Bad Ragaz vorgesehen ist. Stehle wurde dazu speziell eingeladen, was sein Renommee weit über die Grenzen der Region hinaus belegt. Stehles Beitrag wird die Skulptur „Treppe durchs Haus“ sein, ein vier mal vier Meter großer Betonguss, der in nächster Zeit in Zusammenarbeit mit einer schweizerischen Firma entstehen soll, die sich auf derart filigrane Arbeiten versteht. Das Werk wird dann nach Ragaz transportiert und soll dort nach Möglichkeit auch verkauft werden.
Seit Jahren ist das Haus Stehles Leitthema, quasi sein Lebensthema. Dessen alltägliches Auftreten in mannigfaltigen Erscheinungsformen entzieht er dem gewohnten Blick, führt es in neuen Perspektiven, Positionen und Materialien vor und reduziert es mit wenigen Linien und Flächen auf sein Wesentliches. Damit öffnet er das Haus für seinen ideenhaft-symbolischen Gehalt: der Rückzugsort, das Beschützende, das Bergende, das Behaust-Sein, das zugleich einladend Offene, zu dem sich der Betrachter in Beziehung zu setzen hat. Einzige Zutat – es fehlen etwa Fenster oder zierendes Beiwerk – ist die Treppe, die das Innen und Außen des Objekts funktional doppeldeutig verbindet oder abschließt.
Raum für eigene Empfindungen
Entsprechend reduziert ist das verwendete Material: gegossener Beton, Metallplatten oder Vierkantrohr, seltener auch Holz. Gerade die Offenheit, Kargheit und Durchsichtigkeit der Objekte bietet dem Betrachter Raum für eigene Empfindung und Deutung. Skulpteur Stehle spricht von seinem „Bauchhaus“, seinem „inneren Haus“, für dessen Möblierung aber jeder selbst verantwortlich sei. Ihn selber verbindet es auch mit der Erfahrung, als Fünfjähriger seinen Vater verloren zu haben.
Jedenfalls widersteht Herbert Stehle der Perspektive der Nützlichkeit. „Diesen Blick“, so erläutert der Künstler, „müssen wir immer wieder lernen.“ Seine Objekte ästhetisieren auch ihr Umfeld. Manche scheint man betreten zu können, sie beziehen den Betrachter ein, so dass er sich zu der Räumlichkeit der Objekte – ihrer Größe, ihren Positionen und Proportionen im Raum – zwanglos ins Verhältnis setzt.