Ohne ehrenamtliches Engagement würde es viele Projekte, Angebote und Hilfen in den Städten und Dörfern im Bodenseekreis nicht geben. Hinter den Vereinen und Gruppen stehen dabei Menschen mit großem Herz und großen Zielen. Jutta Herrenknecht sagt über ihr Tun: „Ich kann mich einfach nicht raushalten“. Und Thomas Hinke schwebt nach dem Dorfladen schon das nächste Projekt vor, das es aus seiner Sicht noch braucht im Ort.
Jutta Herrenknecht ist eine „Virtuosin des Miteinanders“
Darf man sie als „Virtuosin des Miteinanders“ bezeichnen? Jutta Herrenknecht stimmt dem Prädikat zu, allerdings zögernd, denn Eitelkeit liegt ihr fern. Ihren Antrieb, sich immer wieder weit über das Private hinaus vielfältig, nachhaltig und mit Verve in die Regelung gemeinsamer Angelegenheiten – was anderes ist Politik? – einzumischen, beschreibt sie so: „Ich kann mich einfach nicht raushalten. Ich brauche das!“ Und: „Nur wenn ich was zu tun habe, geht‘s mir gut!“
Die 1956 in Wuppertal Geborene hat nach dem Diplomstudium zur Agraringenieurin 1983 in die seit Langem in Röhrenbach ansässige Familie Herrenknecht eingeheiratet. Bis Mitte der 1980er-Jahre brachte sie drei Kinder zur Welt, aber der wachsende Haushalt, zu dem auch noch die ältere Generation gehörte und mittlerweile sechs Enkel, lastete sie zu keiner Zeit aus. Zwischendurch absolvierte sie noch eine Ausbildung zur staatlich geprüften Hauswirtschafterin und war in der häuslichen Krankenpflege aktiv.
1989 zog Jutta Herrenknecht als erste Frau in den Heiligenberger Gemeinderat ein, von 1999 bis 2014 errang sie dort für die Bürgerliste erneut einen Sitz. Zwei Wahlperioden lang saß sie für die Grünen obendrein auch im Kreistag. Beruflich bearbeitete sie als öffentlich Bedienstete zunächst beim Land, später beim Kreis landwirtschaftliche Themen. Nebenher sah man sie im Elternbeirat und als Vorsitzende der Ortsgruppe des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND). 1998 gehörte sie zu den Gründerinnen der AG Frauen im Ort, bis heute engagiert sie sich in der „Miteinander“-Bürgerselbsthilfe.
Was wäre das Gemeinsame all dieser Wirkungsfelder? Jutta Herrenknecht hat – neben dem Natur- und Klimaschutz – ein großes Herz für die Belange von Familien, speziell für die von Frauen, Älteren und Menschen mit Behinderung. Noch im vergangenen Jahr hat sie für die gesamte Einwohnerschaft ihres Röhrenbacher Weilers auf dem Herrenknecht-Anwesen ein Nachbarschaftstreffen organisiert, passend zu ihrem Motto: „Man muss auf die Leute zugehen, bevor sich Probleme durch Sprachlosigkeit verewigen.“
Das Leihoma-Projekt ist ihre jüngste Idee: Sie hofft, Frauen dafür zu begeistern, ehrenamtlich stundenweise Familien mit kleineren Kindern zu entlasten, damit die Eltern – vorwiegend eben die jungen Mütter – etwas Spielraum für ihre eigene Entwicklung gewinnen. Wer sich da angesprochen fühlt, darf sich bei ihr melden. Und wenn tatsächlich noch Zeit übrig ist, findet man Jutta Herrenknecht beim Kochen für größere Gruppen, beim Turnen, beim Seniorentanz oder im Bridge- oder Kegelclub.

Thomas Hinke versteht sich als Ideengeber
Der Anstoß kam im Jahr 2022. Nachdem im Dorf fast die gesamte Nahversorger-Infrastruktur weggebrochen war, rief der damalige Bürgermeister Frank Amann die Heiligenberger dazu auf, im Bürgerdialog Gegenstrategien zu entwickeln. Das fiel bei Thomas Hinke und einem Dutzend Gleichgesinnter auf fruchtbaren Boden, und wenig später hatte sich der Verein Zukunftswerkstatt Heiligenberg gegründet.
Ursprünglich stammt Hinke aus Pfullendorf, wo er auch seine spätere Ehefrau Carolin Ast kennenlernte. Dem Abitur und dem Studium des Animationsfilms an der Filmakademie Ludwigsburg folgten einige Lern- und Wanderjahre, dann ließ sich das Paar im Stuttgarter Raum nieder. Als die beiden Kinder zur Welt kamen, kehrten sie der Großstadt zugunsten des Landlebens den Rücken.

Thomas Hinke und seine Frau erfuhren von einem kleinen Anwesen in Unterrehna, das sie bald auch erwerben konnten. Seit 2019 wohnen sie dort und Thomas Hinke betreibt hier als Freiberufler sein Filmstudio mit internationaler Kundschaft.
Aber er ist keiner, dessen Leben immer in den gleichen Bahnen verlaufen muss. So kam es dem Paar gerade recht, dass sich im Hauptort die Türen für ein die Weilergrenzen übergreifendes Engagement öffneten. Schnell zeichnete sich als erstes Leuchtturm-Projekt der Zukunftswerkstatt ab, deren Vorsitzender Thomas Hinke ist: die Gründung des Dorfladens, die „einLaden UG“. Als studierte Betriebswirtin übernahm Carolin Ast die Geschäftsführung.
Schon das Einwerben von finanziellen Anteilen am Laden hat die Bürgerschaft in hohem Maße mobilisiert. Seit Jahresanfang sah man die beiden, umgeben von 20 bis 30 ehrenamtlichen Helfern, emsig mit dem Umbau der ehemaligen Sparkassenräume beschäftigt, und speziell Thomas Hinke schien aus der Handwerkerkluft kaum noch herauszukommen. So konnte der Laden Ende Juli eröffnet werden.
Grundsätzlich, so erklärt Thomas Hinke, sieht er sich aber weniger als Macher und Anpacker. Vielmehr soll seine Zukunftswerkstatt anderen Ideengebern ein Netzwerk, eine Plattform bieten, wo jedermann im Ort sich mit spannenden Initiativen einbringen kann. Als Nächstes schwebt ihm ein „Maker-Space“ vor, eine Werkstatt, in der sich Jugendliche unter Anleitung Erwachsener mit eigenen Projekten ausprobieren können. Dorfentwicklung ist sein Programm: initiieren, fördern, begleiten.
Heiligenberg in Zahlen, Daten, Fakten
- Einwohner: 2858
- Einwohner pro km²: 70
- Durchschnittsalter: 44,6
- Miete pro qm in Euro: 7,28
- Wohnung Kaufpreis pro qm in Euro: 2895,32
- Haus Kaufpreis pro qm in Euro: 3338,60
- Auspendler: 1040
- Einpendler: 986
- Bildung: Grundschule mit Nachmittagsbetreuung (1)
- Bautätigkeiten: Seit April 2022 wird im Ortsteil Wintersulgen ein kleines Wohnbaugebiet (Wassertal) erschlossen. Drei Grundstücke, auf denen Mehrfamilienhäuser errichtet werden können, wurden Ende 2023 an ein regionales Bauunternehmen verkauft. Auf den Grundstücken sollen 16 Mietwohnungen entstehen. Drei weitere Grundstücke wurden Anfang 2023 veräußert. Die Grundstücke haben eine Größe von 625, 555 und 535 Quadratmetern. Dort sollen Einfamilienhäuser mit jeweils maximal zwei Wohneinheiten entstehen. Interessierte haben über den neuen Eigentümer die Möglichkeit, die Grundstücke mittels Erbpacht zu bebauen. In nächster Zeit werde der Eigentümer die Grundstücke öffentlich anbieten, sagt Bürgermeister Denis Lehmann: „Die Option der Erbpacht bietet vielleicht die Chance, trotz der gestiegenen Baukosten dennoch den Traum vom Eigenheim zu verwirklichen.“ In Planung ist auch ein Baugebiet mit drei Einfamilienhäusern im Teilort Steigen. Die Baulandentwicklung befindet sich allerdings noch im Bebauungsplanverfahren. Details sind daher noch nicht bekannt. Die Gemeinde rechnet damit, dass die Grundstücke ab dem Jahr 2025 verkauft werden. Künftig strebt die Gemeinde weiterhin an, Bauland zur Schaffung von Wohnraum auszuweisen, sagt Bürgermeister Lehmann.
- Fernverkehr: nein
- Regionalbahn: nein
- Schwimmbäder: Höhenfreibad
- Hausärzte: 2
- Pflegeheime/Seniorenzentren: ja
- Kitaplätze: 90 Plätze Ü3, 30 Plätze U3 / Betreuungsquote Ü3 84 Prozent, U3 27,8