Das Wirtshaus am Gehrenberg feiert in diesem Monat seinen „Vierziger“: In den 70er Jahren noch Besitzer vom Hirschstüble in Schnetzenhausen, suchte und fand Peter Berchtold, nach einem Tipp von seinem Freund Walter Schirl, im alten Jägerstüble auf dem Gehrenberg einen geeigneten Ort für Gastronomie und Kleinkunst. Allerdings hatte dieses Stüble bis dahin auch als Bordell fungiert und Berchtold musste einige Überzeugungsarbeit leisten, um dem Besitzer klar zu machen, dass dieses Gewerbe nicht Teil seiner Vision sei.
„Wir liehen uns auf utopischsten Wegen Geld“
Der damals 30-jährige Berchtold bekam den Zuschlag und fing gemeinsam mit Walter Schirl im Juli 1979 mit den Umbaumaßnahmen an. „Mit Freunden aus Berlin und einem Handwerker von hier arbeiteten wir zu fünft volle acht Wochen am Stück fast Tag und Nacht am Umbau“, berichtet Berchtold. „Wir liehen uns auf utopischsten Wegen Geld, was heute nicht mehr möglich wäre, und konnten alles innerhalb eines halben Jahres zurückzahlen.“
Männer fragten noch nach den Mädels des früheren Etablissements
Während der Bauarbeiten gaben sich Männer unterschiedlichster Couleur die Klinke in die Hand und fragten nach dem Verbleib der „Mädels“. „Ich konnte sie beruhigend Richtung Hagnau verweisen“, lacht Berchtold. Letzte Zeugen des einschlägigen Etablissements waren Kleiderhaken an den Kacheln mit Namen wie Lisa, Susi oder Brummi sowie Spanplattenverschläge im Keller mit Matratzen auf den Boden, erzählt der Gastronom amüsiert.
Biermösl Blosn waren die ersten auf der Bühne
Auf einer zwei Mal zwei Meter großen Bühne im Restaurant begann am 1. September 1979 der Kleinkunstbetrieb in Markdorf mit den Biermösl Blosn. Damit die Zuschauer im hinteren Teil auch etwas von den Künstlern sahen, spitzte Berchtold unter Aufsicht des Architekten, der auf die Statik achtete, zwei große Löcher in eine tragende Wand, die bis heute vom Tatendrang des „wilden Peters„ sprechen.
Alexandra Berchtold kassierte mit dem Brotkörbchen
Auch der damals 15-jährige Frank, Sohn von Walter und Brigitte Schirl und heutiger Pächter, packte mit an, sowohl bei den Bauarbeiten, als auch in der Küche und später bei der Veranstaltungstechnik. „Es gab einfach immer was zu tun“, erinnert sich der studierte Physiker. „Jeder, der zwei Hände und zwei Füße hatte, bekam eine Aufgabe“, fügt Berchtold grinsend hinzu. Seine Tochter erinnert sich, dass sie mit ihren damals zehn Jahren auf den Treppenstufen saß. „Und mit meinem Brotkörbchen 2 Mark von jedem Besucher kassiert habe“, lacht Alexandra, die mit ihrem Ehemann Frank Schirl heute das Wirtshaus betreibt.
Besucher kämpften sich zu Fuß durch den Schnee den Berg hoch
Das Wirtshaus war von der ersten Stunde an sehr gut besucht. „Man muss sich mal vorstellen: Damals gab es noch nicht die große Straße und es fing heftig an zu schneien“, erinnert sich Berchtold. „Ich sah mich mit Walter Schirl und den Künstlern allein vor der Bühne sitzen, aber weit gefehlt. Die Besucher stellten unten ihre Autos ab und kämpften sich in Scharen durch den Schnee, um mit 150 Leuten den Abend hier zu rocken.“
Aus alter Schnapsbrennerei wurde der Stadel
Bis 1981 wurde im damaligen Heustadl Schnaps gebrannt, mit der Beendigung der Brennereipacht konnten Berchtold und Schirl das Gebäude zum heutigen Theaterstadel ausbauen. Mit dem Stadl wurden Bühne und Zuschauerraum vergrößert und auch die Möglichkeit geschaffen, regelmäßig Kinoabende zu veranstalten. Allerdings stand in den ersten Jahren der Kinoprojektor in der Künstlerdusche und zum Wechseln der Rollen musste Frank Schirl in die Duschkabine steigen, um auf engstem Raum zu werkeln.
„Roter Punkt“ erst nach Ende der Bauarbeiten
Tatendrang und Behördenverfahren verliefen dabei nicht immer im Einklang: Beim Wirtshaus wie auch beim Theaterstadel wurde der „Rote Punkt“, trotz pünktlicher Beantragung, erst nach abgeschlossenen Bauarbeiten vergeben. Und von der Fertigstellung hatte der Bauamtsleiter aus der Zeitung erfahren, als er das Veranstaltungsprogramm las. Doch Besucherandrang und begeisterte Künstler machten den nachfolgenden Ärger erträglich, schmunzelt Berchtold heute noch.
Größen wie Gerhard Polt, Hanns Dieter Hüsch, Helge Schneider, Katja Ebstein und Dirk Bach
Walter Schirl besaß in den 70er Jahren eine chemische Reinigung in München und war mit seiner Frau Brigitte gut in der Künstlerszene der Stadt unterwegs und bekannt. Diese Kontakte der Schirls verhalfen dem Wirtshaus zu den anfänglichen Engagements von Künstlern, bis das Wirtshaus dann fast ein Selbstläufer war. Größen wie Gerhard Polt, Hanns Dieter Hüsch, Dieter Nuhr, Helge Schneider, die Spider Murphy Gang, Michael Mittermeier, Katja Ebstein oder Dirk Bach waren damals auf den Programmblättern der Kleinkunstbühne Markdorfs vertreten.

Schweinebraten seit 1979 auf der Speisekarte
Das Wirtshaus war und ist seit 40 Jahren nicht nur ein Garant für gute Unterhaltung, sondern auch für gutes Essen. Das liegt unter anderem am legendären Schweinebraten, der seit 1979 ein fester Bestandteil auf der Speisekarte ist. Verantwortlich dafür sind die Köche und auch die schwäbisch-hällischen Schweine, die in den Anfangsjahren noch auf dem Grundstück vor dem Restaurant herumliefen, mit viel Liebe von allen gehegt und gepflegt wurden und sich dank Deckeber Otto fleißig vermehrten. Ein Kopfabdruck des Ebers hängt zur Erinnerung noch heute über der Bühne des Theaterstadels.
Das Erfolgskonzept wird seit vielen Jahren von Alexandra Berchtold und Frank Schirl weitergeführt und hat an Kreativität und Einfallsreichtum, was Veranstaltungsformate oder Speisen betrifft, nichts eingebüßt. „Unsere vielen Ideen möchten wir unseren treuen und überregionalen Besuchern wie auch Künstlern weiterhin nicht vorenthalten“, verspricht Frank Schirl. „Und möglich ist das unter anderem durch unser großartiges Team an Mitarbeitern“, fügt Alexandra Berchtold hinzu.
Das Programm
Das Gesamtprogramm des Theaterstadels ist im Internet abrufbar. Ab 26. September läuft der Kinofilm „Once Upon a Time in Hollywood“ mit Schauspielern wie Brad Pitt oder Leonardo di Caprio. Am 27. September werden Maxi Schafroth und am 28. September Jürgen Becker mit ihren Programmen auf der Bühne des Theaterstadels zu sehen sein. Das Restaurant Wirtshaus am Gehrenberg hat dienstags bis sonntags von 17 bis 23.30 Uhr geöffnet. Seit 40 Jahren ist der Schweinebraten von den schwäbisch-hällischen Schweinen auf der Karte zu finden und die Pächter Schirl und Berchtold versprechen Fleisch mit natürlicher Geschmacksfülle von Tieren aus artgerechter Haltung. Seit einigen Jahren steht das Wirtshaus am Gehrenberg als empfehlenswertes regionales Restaurant in der Liste der Linzgau-Köche.
Mehr Informationen finden Sie unter: www.gehrenberg.de