Herr Vogt, der Beruf des Bestatters ist eine nicht ganz gewöhnliche Tätigkeit. Warum haben Sie sich für diese Arbeit entschieden?
Ich bin in einer Familie aufgewachsen, die in dieser Branche schon lange tätig ist. Bereits mein Großvater war Bestatter. Unser Bestattungsinstitut gibt es seit über 70 Jahren. Deshalb habe ich schon früh die Besonderheiten sowie die Vor- und Nachteile kennengelernt. Weil für mich die Vorteile immer überwogen haben, war mir früh klar, dass ich auch Bestatter werden möchte. Leider gab es damals noch keine Ausbildung, deshalb habe ich nach der Schule erst eine Ausbildung zum Schreiner gemacht. Ich habe aber nebenher in unserem Institut ausgeholfen und bin dann später offiziell eingestiegen. Mittlerweile bin ich geprüfter Bestatter und habe eine Prüfung abgelegt, in der alle Bereiche des Berufes abgefragt werden.
Sie haben jeden Tag mit trauernden Angehörigen zu tun. Beschäftigt Sie das nach Feierabend?
Es kommt darauf an. Wenn eine Person ein gewisses Alter erreicht hat und die Familie darauf vorbereitet war, dass ein Abschied ansteht, dann schließt sich der Kreis. Manchmal sterben Menschen aber jung und überraschend. Oft hinterlassen sie kleine Kinder. Das geht mir schon sehr nahe. Natürlich fühlen wir immer mit den Angehörigen. Allerdings ist es auch wichtig, einen gewissen Abstand zu wahren, um die Angehörigen unterstützen zu können. Die sind froh, dass sie in dieser schweren Zeit jemanden haben, der den Überblick behält. Mit nach Hause nehme ich die Arbeit trotzdem oft. Da meine ganze Familie und meine Frau im selben Unternehmen tätig sind, sprechen wir auch nach Feierabend häufig über Geschäftliches.
Sie haben vorhin gesagt, dass für Sie die Vorteile des Berufes überwiegen. Was sind denn die schönen und positiven Aspekte?
Man bekommt unheimlich viel von den Angehörigen zurück. Die Trauernden sprechen offen aus, wie sehr unsere Arbeit ihnen den Abschied erleichtert. Mir ist es deshalb besonders wichtig, meinen Beruf sehr gut zu machen. Der Abschied und die Trauerfeier von einem Menschen sind ein einmaliger Prozess, den kann man nicht wiederhohlen. Deshalb ist es wichtig, dass alles nach den Vorstellungen der Angehörigen abläuft.
Was machen Sie, um abzuschalten und Abstand zu bekommen?
Das mit dem Abstand ist ein bisschen schwer. Man muss eine Leidenschaft für den Beruf haben, sonst geht es nicht. Als Bestatter muss man immer abrufbereit sein. Oft planen ich und meine Frau einen Sonntag und dann kommt ein Anruf, der die ganze Planung durcheinander wirft. In einem Todesfall müssen wir sofort für die Angehörigen da sein. Das ist aber okay. Ich wusste ja, dass der Beruf das mit sich bringt. Ich nehme aber schon auch mal ein, zwei Wochen Urlaub und genieße ihn. Außerdem haben wir auch qualifizierte Mitarbeiter, die uns am Abend und an den Wochenenden bei der Rufbereitschaft unterstützen. Dann gehen wir gerne mit Freunden essen. Durch die Gespräche rückt der Job auch mal in den Hintergrund. Das ist wie bei allen anderen Berufstätigen.
Was hat sich in Ihrer Branche in den vergangenen Jahren verändert?
Die Anzahl der Feuerbestattungen ist gestiegen. Früher waren Erdbestattungen eindeutig beliebter. Außerdem entscheiden sich immer mehr Menschen für eine pflegefreie Bestattungsvariante. Dies können zum Beispiel Urnenwände oder Baumbestattungen sein. Besonders gefragt ist diese Art der Bestattung bei Menschen, die ihre eigene Bestattung im Rahmen einer Bestattungsvorsorge planen. Sie haben teilweise selbst lange ein Grab gepflegt und möchten ihren Kindern diese Arbeit gerne abnehmen.
Viele Handwerksberufe haben derzeit Nachwuchsprobleme. Trifft das auch auf den Beruf des Bestatters zu?
Mittlerweile kann man eine Ausbildung zur Bestattungsfachkraft machen. Wir haben viele Anfragen von jungen Menschen, die diese Ausbildung gerne in unserem Betrieb absolvieren würden. Allerdings könnten wir die Auszubildenden derzeit nicht übernehmen. Deshalb wollen wir warten, bis bei uns altersbedingt eine Stelle frei wird. Für Bestatter ist es oft sehr schwer, direkt in der Region eine freie Stelle zu finden. Dafür gibt es zu wenig Betriebe. Generell gibt es aber genug Nachwuchs, dieser muss aber bereit sein, für den Job umzuziehen.
Zur Person
Heinz Vogt ist 1983 in Friedrichshafen geboren und in Markdorf aufgewachsen. Hier besuchte er die Grundschule und das Bildungszentrum. Nach der mittleren Reife machte er eine Ausbildung zum Schreiner. Anschließend begann der 34-Jährige, Vollzeit im Bestattungsinstitut als Bestatter zu arbeiten. Heinz Vogt ist verheiratet, seine Frau ist ebenfalls im Betrieb tätig. In seiner Freizeit kümmert er sich gerne um seine Oldtimer und die seines Großvaters, die teilweise auch für Bestattungen eingesetzt werden. (aso)