Seit wann sind Sie beim Kulturverein Mühle dabei? Wie kamen Sie dazu?
Zum Mühlenteam stieß ich bereits in der Anfangszeit im Jahr 2002. Die Mühle war gerade umgebaut und wurde zur 1250-Jahr-Feier von Oberteuringen eröffnet. Der Kulturbereich hat mich interessiert und es war richtig spannend. Von Anfang an war ich bei der Programmplanung dabei, wobei von uns zunächst eigentlich jeder von der Bewirtung über Dekoration, Kartenverkauf und organisatorische Arbeiten alles gemacht hat. Mit der Zeit kristallisierte sich heraus, wem was am besten liegt. Schön ist, dass viele Leute aus der Anfangszeit bis heute im Mühlenteam dabei sind.
Was bedeutet die Kultur für Sie?
Kultur bedeutet für mich Lebensqualität. Ein Leben ohne Kultur geht eigentlich gar nicht, denn sie formt unsere Gesellschaft. Wie sehr sie uns aktuell fehlt, wurde durch die nur sehr eingeschränkt möglichen Veranstaltungen im Corona-Jahr deutlich. Viele Besucher sagten uns, wie sehr sie die Kultur vermisst haben. Wenn der Alltag im Leben für Schwarzbrot und Wasser steht, dann ist die Kultur der Nachtisch!
Malerei, Theater, Musik – was ist Ihnen persönlich am liebsten?
Für mich macht es die Mischung aus allem. Ein besonderer Fan bin ich von Maskentheater. Das funktioniert ganz ohne Worte und macht mir unheimlich viel Spaß.
Was hat Ihnen im Corona-Jahr besonders gefehlt?
Ich habe mich eigentlich arrangiert und auch ein Stück weit damit abgefunden, dass aktuell nichts läuft. Trotzdem fehlt es mir, einfach mal wieder unter Leuten zu sein. Gerade bei kulturellen Veranstaltungen ist man ja Teil einer Gemeinschaft und dieses Gefühl vermisse ich sehr. Außerdem fehlt mir das Miteinander mit den Künstlern. Die meisten sind ja ganz unkompliziert und man ist gleich auf Du und Du. Abgesehen von der Kultur vermisse ich das Reisen. Es gäbe noch so viel zu sehen auf dieser Welt. Mit meinem Mann und teils auch mit der Familie war ich bereits zehn Mal in den USA, da wir in Texas Verwandte haben. Mein größter Wunsch wäre ein Besuch bei meiner Cousine in Australien. Aber ich fürchte, daraus wird nichts mehr werden.

Haben Sie sich selbst auch schon mal künstlerisch betätigt?
Von der Kindheit bis ins Jugendalter habe ich im Schultheater gespielt und bis heute singe ich im Popchor „60plusminus“ der Musikschule Friedrichshafen. Das Schultheater hat mich geprägt und bis heute ist mir das Schauspiel wichtig. Aquarellmalerei habe ich schon mit viel Spaß und für meine eigenen vier Wände ausprobiert.
Durch die Organisation des Kulturprogramms haben Sie viel Kontakt mit den Künstlern. Möchten Sie eine Anekdote erzählen?
Besonders in Erinnerung sind mir eigentlich immer die Künstler, die gerade dran sind. Mit manchen sind aber durch die langjährige Zusammenarbeit richtiggehend Freundschaften entstanden. Wenn ich zum Beispiel mit Anja Baldauf von „Zydeco Annie + Swamp Cats“ – sie machen Südstaatenmusik – telefoniere, ist das nie rein geschäftlich. Vielleicht liegt es daran, dass wir beide aus dem Augsburger Raum kommen. Ein anderer – den Namen nenne ich lieber nicht – war auf der Bühne brillant, aber backstage sehr schwierig. Er verlangte zwei saubere Handtücher, eine Duschgelegenheit und war Vegetarier. Letzeres ist natürlich kein Problem, aber er hat dann das Essen nicht mal angerührt. Ein anderer sagte mal, dass er sofort aufhört, wenn er neben seinem Programm auch nur eine Gabel klappern hört. Natürlich achten wir darauf, dass wir die Gäste nur in der Pause bewirten. Solche kapriziösen Künstler sind meistens nur einmal bei uns in der Mühle. Viele schätzen aber den unmittelbaren Kontakt zum Publikum, den sie durch unsere kleine Bühne haben. Früher haben wir die Übernachtung in Privatzimmern organisiert. Einmal musste ein Künstler morgens um 10 Uhr aus dem Zimmer, sein Zug fuhr aber erst um 12 Uhr. Eine Kollegin holte ihn ab und beschäftigte sich bei extrem schlechtem Wetter mit ihm, bis der Zug fuhr. Seitdem übernachten unsere Künstler im Hotel.
Ein Jahr Corona liegt hinter uns. Wie lautet Ihr Fazit für die Kultur in der Mühle?
Anfang 2020 hatten wir noch drei supertolle Veranstaltungen. Im März mussten wir schließen und haben die geplanten Termine seither bis zu zweimal verschoben. Im September und Oktober konnten ein paar wenige Veranstaltungen stattfinden, aber natürlich mit viel weniger Publikum. Wir hatten nur noch 55 statt 150 Plätze wie vor der Corona-Pandemie. Weniger erfolgreich als gedacht war unser Konzept mit zwei Auftritten an einem Abend, also einer „Happy Hour“ und einer „Late Night Show“. Weitere Veranstaltungen, die wir im Saal der „Post“ geplant hatten, konnten wegen des erneuten Lockdowns erst gar nicht mehr stattfinden. Unter dem Strich war es schon ermüdend, immer wieder abzusagen, zu verschieben und neu zu verhandeln.
Wie ist der aktuelle Stand?
Wenn wir dürfen, haben wir ab Mai eigentlich bis zum Jahresende volles Programm. Die geplanten Veranstaltungen im April haben wir bereits wieder abgesagt. Um den Abmangel zu reduzieren, haben wir auf Wunsch der Gemeinde meistens nur eine statt zwei Veranstaltungen pro Monat. Auf dem Plan stehen zum Beispiel ein Whisky-Tasting, ein Liederabend mit Regine Sturm und schwäbisches Kabarett mit Marianne Schätzle. Den Auftritt von Marc Marshall haben wir von Februar auf November verschoben – in der Hoffnung, dass es klappt. Neben „Zydeco Annie“ kommt auch noch das Inklusionstheater „Clown Syndrom“ zu uns in die Mühle. Wenn ich auf unsere Ehrenamtlichen im Mühlenteam schaue, stelle ich fest, dass wir im Verein dringend Nachwuchs brauchen. Aber das ist in der aktuellen Zeit natürlich auch nicht so ganz einfach.
Wie bleiben Sie motiviert, sich ehrenamtlich für die Kultur in Oberteuringen zu engagieren?
Ich freue mich einfach, wenn in der Gemeinde etwas läuft. Wenn das Publikum seine Freude hat, gibt mir das ein gutes Gefühl und ist für mich eine Bestätigung. Die Arbeit im Mühlenteam bedeutet für mich Lebensqualität. Ich fühle mich noch mitten im Leben und merke, dass ich dazu gehöre. Trotzdem tickt die Uhr und die Nachfolge sollte allmählich geregelt werden.
Wie groß ist Ihr Zeitaufwand für die
Kultur in der Mühle?
Je nach Phase ist das sehr unterschiedlich. Eigentlich habe ich immer irgendwas im Hinterkopf, aber die Stunden habe ich noch nie gezählt. Im Ehrenamt arbeitet man ja aus Spaß an der Freude. Sehr viel Aufwand hat Barbara Kensy-Schneider, die für das Programmheft verantwortlich ist. Insgesamt sind wir im Planungsteam zu siebt, sodass sich die Arbeit ganz gut verteilt. Außerdem bekommen wir von Larissa Waibel im Rathaus viel Unterstützung.
Fragen: Claudia WörnerZur Person
Irmgard Dollansky ist 77 Jahre alt und stammt aus Lechfeld bei Augsburg. Sie ist verheiratet und hat drei Töchter sowie vier Enkel. Seit 1970 lebt sie mit ihrer Familie in Oberteuringen. Von Beruf ist Irmgard Dollansky Fremdsprachenkorrespondentin und Wirtschaftsdolmetscherin. Sie hat aber auch während des Studiums ihres Mannes im Arbeitsamt Ravensburg gearbeitet. Zu ihren Hobbys gehören neben der Kultur in der Mühle Musik, zum Beispiel Oldies, Lesen und Singen im Chor. Außerdem freut sie sich darauf, wenn sie wieder zusammen mit ihrem Mann auf Reisen gehen kann.