Braucht Markdorf eine kommunale Wohnbaugesellschaft? Diese Frage stand am Mittwochabend im Zentrum der jüngsten „I mein‘ halt“-Bürgerrunde Ernst Arneggers. Das Für und Wider erörtern sollten Andreas Kiefer, Vorsitzender von Haus & Grund in Markdorf, Stefan Andelfinger, Vorstandsvorsitzender der Baugenossenschaft Familienheim, Michael Lissner, Stadtkämmerer in Markdorf, und Dietmar Bitzenhofer, Fraktionssprecher der Freien Wähler, die im Herbst 2018 im Gemeinderat den Antrag gestellt haben, die Gründung einer städtischen Wohnbaugesellschaft zu prüfen.

„I mein‘ halt“-Moderator Ernst Arnegger mit seinen Gästen Michael Lissner, Stefan Andelfinger, Dietmar Bitzenhofer und ...
„I mein‘ halt“-Moderator Ernst Arnegger mit seinen Gästen Michael Lissner, Stefan Andelfinger, Dietmar Bitzenhofer und Andreas Kiefer (von links). | Bild: Jörg Büsche

Vielfältige Aufgaben für Wohnbaugesellschaft denkbar

„Was uns natürlich sehr gefreut hat“, so erklärte Dietmar Bitzenhofer den „I mein‘ halt“-Gästen im Obertor, „dass alle anderen Fraktionen unseren Vorschlag im Kommunalwahlkampf aufgegriffen haben“. Der Freie-Wähler-Fraktionsvorsitzende skizzierte die Aufgaben einer städtischen Wohnbaugesellschaft, die aus seiner Sicht möglichst im Eigenbetrieb arbeiten sollte. Den Bau und die Verwaltung von Mietwohnungen zählt er ebenso zu den möglichen Geschäftsfeldern wie die Vermietung von Gewerbeeinheiten. Bitzenhofer kann sich ein Vermieten von Garagen und Stellplätzen ebenso vorstellen wie das Fremdverwalten von Wohnungen, die anderen Eigentümern gehören als der Stadt.

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Dietmar Bitzenhofer: „Was wir wollen, ist wirtschaftliche Effizienz mit sozialer Kompetenz zu verbinden“

Aus seiner Sicht wäre die Zusammenarbeit der kommunalen Wohnbaugesellschaft mit privaten Bauträgern durchaus sinnvoll. Insgesamt ziele der Freie-Wähler-Vorschlag darauf ab, unternehmerisches Handeln, unternehmerische Handlungsmöglichkeiten mit öffentlichem Eigentum in Berührung zu bringen. So sei freieres Agieren möglich, ungehemmt von bürokratischen Auflagen, die rein städtischen Behörden stets die Hände binden würden. „Was wir wollen“, so Bitzenhofer, „ist wirtschaftliche Effizienz mit sozialer Kompetenz zu verbinden“. Dies habe auch eine stadtplanerische Seite, so der Stadtrat. Zumal eine kommunale Wohnbaugesellschaft gezielte Vorgaben machen könne.

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Mehr Aufklärung für Eigentümer gefordert

Skeptisch gab sich Andreas Kiefer. „Was kann eine städtische Wohnbaugesellschaft“, so fragte er in die Runde, „was ein privater Bauträger nicht kann?“ Und letztlich helfe in der jetzigen Situation, da Wohnraum knapp ist, insbesondere wenn er auch für junge Familien bezahlbar sein solle, „nur eines: nämlich Bauen“, so Rechtsanwalt Kiefer. Mit Blick auf Markdorf – und vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen als Rechtsberater vor allem für Eigentümer – erklärte er, dass Aufklärung nottue. Häufig sähen Hausbesitzer davon ab, zum Beispiel Einliegerwohnungen zu vermieten. Weil sie einen Kündigungsschutz fürchten, der tatsächlich nicht gegeben sei.

Wohnbaugesellschaft könnte auch selbst als Mieter auftreten

Auch hier sieht Dietmar Bitzenhofer eine mögliche Aufgabe für eine kommunale Wohnbaugesellschaft. Trete sie als Mieter auf, um dann an Dritte weiterzuvermieten, sähen sich die Wohnungseigentümer abgesichert, müssten weniger Ängste haben. Gerade im Hinblick auf die Situation von Menschen in Sozialberufen, auf deren oft geringes Einkommen und den Wohnungsmarkt mit seinen oft hohen Preisen, sei dies ein vernünftiges Modell.

Ergebnisse der Untersuchung der Verwaltung bald im Gemeinderat

Dass Wohnbaugesellschaften in städtischer Hand mitunter mehr Spielraum haben, um soziale Härten abzufedern, merkte auch Michael Lissner an, der Leiter der Markdorfer Finanzverwaltung. Da könne eventuell zum Selbstkostenpreis weitergegeben werden, wo rein wirtschaftlich operierende Unternehmen andere Maßstäbe anlegen. Lissner kündigte an, dass sich die Verwaltung mit dem Thema intensiv befasst habe und die Ergebnisse demnächst dem Gemeinderat vorlegen werde.

Bauvorschriften und Gesetze als Hürden

In welchen Zwängen Baugenossenschaften stecken, erläuterte Stefan Andelfinger von der Baugenossenschaft Familienheim. Nur mit Mühe könne er seiner Klientel, „Arbeitnehmern, Rentnern, Beamten den viel beschworenen bezahlbaren Wohnraum“ zur Verfügung stellen. Bauvorschriften, Gesetze, Verordnungen trieben nämlich die Gestehungskosten in immer größere Höhe. Ein Kreislauf, aus dem sich auch eine städtische Wohnbaugesellschaft kaum befreien kann, erklärte Bauunternehmer Alexander Weber aus dem Publikum. Joachim Mutschler hielt dagegen: Weniger Gewinnorientiertheit bei kommunalen Gesellschaften mindere auch den Mietpreis-Druck.