Ob die "Siechenwiesen" im Westen Markdorfs als Wohnbaufläche weiterentwickelt wird, wird der Rat erst entscheiden, wenn ein von ihm in Auftrag gegebenes Umweltgutachten vorliegt. So entschieden die Stadträte bei ihrer Sitzung am Dienstagabend. Außerdem votierte eine Mehrheit aus CDU und Freien Wählern dafür, die Bereiche "Oberfischbach" und "Klosteröschle" bei Bergheim in gewerbliche beziehungsweise gemischte Bauflächen umzuwandeln.
Die Entscheidung zur "Siechenwiesen", einem geschlossenen Feuchtgebiet im Westen der Stadt, wurde zurückgestellt und soll zu einem späteren Zeitpunkt gefällt werden. Der Rat will zunächst die Ergebnisse eines von ihm in Auftrag gegebenen Umweltgutachtens abwarten. Das soll klären, ob und welche schützenswerten Arten in dem biotopnahen Bereich leben. In ihrem Antrag, die Siechenwiesen aus dem weiteren Flächennutzungsplan-Änderungsverfahren ganz herauszunehmen, spricht die Umweltgruppe (UWG) gar von einem "Naturparadies", das "durch eine Bebauung unwiederbringlich zerstört" werden würde. UWG-Rat Roland Hepting formulierte den Antrag und verwies darauf, dass das Umweltbüro die Fläche bereits vor zwei Jahren als sehr konfliktträchtig beurteilt hatte. Daran, so Hepting, habe sich nichts geändert, im Gegenteil.
Die Bebauung wurde seinerzeit in Erwägung gezogen, als vor zwei Jahren durch den starken Zuzug von Flüchtlingen der große Mangel an günstigem Wohnraum offensichtlich wurde. Die Fläche in Nachbarschaft zur Konrad-Adenauer-Straße sollte den damaligen Plänen nach mit Geschossbauten bebaut werden, die günstigen Mietwohnraum als Anschlussunterbringung für Flüchtlinge sowie für finanziell schwächer Gestellte bieten.
"Die Frage wohin mit den Flüchtlingen", so griff CDU-Chefin Susanne Sträßle die von Hepting vorgetragene Argumentation der Umweltgruppe auf, "ist noch lange nicht vom Tisch." Laut UWG sei der Zuzugsdruck inzwischen vorbei, auf das Wohngebiet im Westen könne mithin verzichtet werden. Kerstin Mock (CDU) kritisierte die UWG, dass bei jeder nicht genutzten Fläche sofort mit dem Begriff "Biotop-Schutz" argumentiert werde. Wenn wertvolle Landwirtschaftsflächen versiegelt würden, kämen dagegen kaum Alarmrufe. "Aus meiner Sicht macht es Sinn, im Bereich Siechenwiesen mit der Wohnbaubebauung fortzufahren", erklärte Uwe Achilles (SPD). Unabhängig von der Flüchtlingsentwicklung benötige die Stadt Wohnflächen. Nachverdichtung und das Ausweisen weiterer Wohnflächen blieben auch weiterhin eine wichtige Aufgabe des Rates, betonte auch Simon Pfluger (CDU). Und Bürgermeister Georg Riedmann gab zu bedenken: "Wir nehmen am Dienstag Flächen aus der Wohnbebauung raus und lesen dann am Samstag in der Zeitung, dass es im Bodenseekreis keinen bezahlbaren Wohnraum für alleinerziehende Mütter gibt."
Der Antrag der UWG auf Herausnahme von Siechenwiesen aus dem FNP wurde mehrheitlich abgelehnt. Sowohl Sträßle wie auch FW-Chef Dietmar Bitzenhofer plädierten eindringlich dafür, zuerst die Ergebnisse der weiteren Untersuchungen abzuwarten. Dabei gehe es laut Riedmann unter anderem auch um ein noch nicht abgeschlossenes Zwölf-Monats-Monitoring des Büros "365° freiraum + umwelt" (Überlingen) zu schützenswerten Arten. Riedmann betonte, wenn man Siechenwiesen nun zu den Akten lege, seien auch die bislang ausgegebenen Gelder für die Untersuchungen für nichts ausgegeben worden. Lägen die Untersuchungsergebnisse vor, sei ohnehin ein neuer Beschluss nötig, so Riedmann. Bitzenhofer plädierte für eine differenzierte Sicht: "Wir wollen nicht bestreiten, dass es sich dabei um ein konfliktträchtiges Gebiet handeln könnte, aber es ist auch ein wichtiges Gebiet für die weitere Entwicklung der Stadt."
Auf den starken Mangel an entwickelbaren Gewerbeflächen in Markdorf will die Stadt in den Bereichen Oberfischbach und Klosteröschle am östlichen Stadtausgang Richtung Bergheim reagieren. Ist Oberfischbach derzeit noch als Sonderbaufläche ausgewiesen, so soll sie nun zu einer herkömmlichen gewerblichen Baufläche verändert werden. Dies ist möglich, weil Besitzer Josef Schneider, Inhaber des benachbarten Baumarktes, seine Erweiterungspläne aufgegeben hat. UWG-Chefin Susanne Deiters Wälischmiller hatte ihre Ablehnung angekündigt. Klosteröschle und Oberfischbach in gewerbliche beziehungsweise gemischte Bauflächen zu verwandeln, sei der falsche Weg. Eine grüne Zäsur ginge verloren. "Und es wäre auch schade, wenn alle unsere Ortseingänge gewerblich geprägt wären", sagte sie.
Die Ratsmehrheit beschloss jedoch, beide Flächen wie von der Verwaltung vorgeschlagen, in die Fortschreibung des FNP aufzunehmen, sie also zu gewerblichen beziehungsweise gemischten Bauflächen zu entwickeln. Die Fraktionen von UWG und SPD stimmten geschlossen dagegen.
Flächennutzungsplan
Die Stadt schreibt zur langfristigen Siedlungsentwicklung den Flächennutzungsplan 2025 (FNP) immer wieder fort, neue Inhalte werden als Änderungen bezeichnet. Sie will damit der stark angestiegenen Nachfrage nach Gewerbe-, Mischbau- und Wohnflächen begegnen. Nun befand der Gemeinderat über drei geplante Änderungen der FNP-Planungen, zu denen Stellungnahmen eingegangen waren. Sowohl Behörden wie auch einzelne Bürger hatten sich zu den offengelegten Vorentwürfen geäußert. Bei den drei Flächen handelt es sich um die Bereiche Klosteröschle, Oberfischbach und Siechenwiesen. Weiterentwickelt werden nun vorerst lediglich die beiden erstgenannten Gebiete.