Herr Braun, mit Ihren 21 Jahren spielten Sie bei namhaften Fußballvereinen wie dem SC Freiburg und dem 1. FC Nürnberg in der Jugend.

Richtig. Ich bin damals von Bermatingen zum VfB Friedrichshafen gegangen, der seinerzeit eine Kooperation mit dem VfB Stuttgart hatte. Dort war ich bei einem Probetraining, ein Wechsel wurde aber nicht konkret. Vom SC Freiburg dagegen gab es ein Angebot, das ich angenommen habe.

Wie hat Sie die Zeit im Breisgau und in Nürnberg geprägt? Welche Eigenschaften haben Sie dort erworben?

Disziplin, Zuverlässigkeit, Ehrgeiz, Verlässlichkeit und Pünktlichkeit. Ich bin in meinem Leben noch nie zu spät gekommen. Durch den Sport habe ich gelernt, wie wichtig Familie und Freunde sind. Diese Personen sind so viel wert, gerade weil man im Sport und im Berufsleben immer unter Druck steht.

Wie fühlte es sich an, früh von zuhause wegzugehen und Familie, Freunde sowie das gewohnte Umfeld zu verlassen?

Auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte der SC Markdorf dieses Foto. Gerhard Klank (rechts, Abteilungsleiter Fußball) freut sich ...
Auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte der SC Markdorf dieses Foto. Gerhard Klank (rechts, Abteilungsleiter Fußball) freut sich über die Verpflichtung des Defensivspielers. | Bild: Verein

Das war für mich ehrlich gesagt gar kein Problem. Mit 15 Jahren bin ich außer Haus, da lernst du schnell, selbst klarzukommen. Ich war mehr oder weniger auf mich allein gestellt, das prägt dein weiteres Leben. Mehr als Lernen kann man ja nicht. Für Vermissen blieb eigentlich keine Zeit, weil zweimal am Tag Training und dazwischen Schule auf dem Plan standen.

Professionelle Fußballer müssen auf vieles verzichten. Hat Ihnen das Leben, das die meisten Jugendlichen führen, nie gefehlt?

Natürlich verzichtest du auf Dinge, die andere in diesem Alter machen. Ein Sportler würde aber nie sagen, dass es Verzicht ist, sondern ein Privileg, auf diesem Niveau Fußball zu spielen. Es geht darum, besser zu werden und den nächsten Vertrag zu bekommen. Deswegen verzichtet man liebend gern auf gewisse Dinge. Ich war nie der Typ, der sich bis 5 Uhr morgens in einen Club gestellt hat.

Was führte letztlich dazu, dass Sie Freiburg und Nürnberg verließen?

Wer wirklich rational denkt, weiß genau, dass man faktisch kein Profi wird – auch wenn man dran glaubt. Ich habe bestimmt zwischen 70 und 90 Mitspieler gehabt, von denen lediglich drei Profis geworden sind. Agyemang Diawusie (Anm. d. Red.: derzeit vom FC Ingolstadt an Wehen Wiesbaden ausgeliehen) und Erik Engelhardt (Hansa Rostock) stehen bei Drittligisten unter Vertrag, Constantin Frommann ist Ersatztorwart beim SC Freiburg. Ich dachte mir: Du kannst doch viel mehr als Fußball spielen. Auch zuhause bekam ich vorgelebt, nicht alles auf Fußball zu setzen.

Das hört sich nach einer klaren, aber gleichzeitig drastischen Entscheidung an. Gab es nie Momente, in denen Sie das bereut haben?

Ich bin schon glücklich, wie ich es gemacht habe. Meine Bildung hatte immer Priorität. In Freiburg habe ich meinen Realschulabschluss gemacht. Danach bin ich relativ schnell nach Nürnberg gewechselt. Dort musste ich auf eine Partnerschule des Vereins, an der ich aber kein Abitur machen konnte. Für mich war von vornerein klar: Ich mache Abitur, komme was wolle.

In Nürnberg ging das nicht, weil ich für das morgendliche Training nicht freigestellt wurde. Dadurch verpasste ich zu viele Schulstunden. Aus Zeitgründen habe ich zuerst die Realschule besucht und wollte danach aufs Wirtschaftsgymnasium, da ich in diesem Bereich und auch politisch sehr interessiert bin. In Bayern gibt es diese Schulart nicht. Daraufhin bin ich nach Ravensburg, wo ich beim FV kickte und wieder zuhause wohnte. Für mich war das keine Frage und überhaupt kein Beinbruch.

Sie entschieden sich also für eine sichere Zukunft und gegen eine mögliche Karriere als Fußballer.

Naja, es kamen auch äußere Faktoren wie Verletzungen hinzu, die man nicht beeinflussen kann. Wenn dich ein Gegenspieler umgrätscht, bringt all das Training nichts. Ich hatte immer mal wieder mit Verletzungen zu tun, da kann man natürlich nicht mehr auf diesem Level spielen. Generell bin ich der Meinung, dass man nicht in die Vergangenheit schauen, sondern vielmehr aus ihr lernen muss.

Welche Personen prägten Sie in Ihrem bisherigen Leben?

Natürlich meine Eltern. Dazu Jugendkoordinator Ewald Schmid, von klein auf ein Wegbegleiter von mir. Er zählt für mich eigentlich schon zur Familie. Familie Gutemann aus Markdorf gehört ebenfalls dazu. Der Mann ist Rentner und hat mich, als ich in Ravensburg spielte, auf Freiwilligenbasis regelmäßig ins Training gefahren, ist zwei Stunden spazieren gegangen und hat mich wieder heimgebracht. Als Dank haben wir die Gutemanns mit Tankgutscheinen oder Obst von unserem Hof zuhause versorgt. Zu meiner damaligen Gastfamilie in Freiburg habe ich auch noch einen super Draht. Mit ihnen treffe ich mich immer noch ab und an.

Haben Sie ein fußballerisches Vorbild, an dem Sie sich orientieren?

Javi Martínez vom FC Bayern München ist für mich einer der besten Fußballer überhaupt: groß, kopfball- und zweikampfstark. Er weiß, was er mit dem Ball machen muss und ist ein Stratege. Spieler wie er bekommen keine Überschrift in der Zeitung, wissen aber, wie man Partien entscheidet.

In der kommenden Spielzeit werden Sie für den SC Markdorf am Ball sein. Mit welchen Erwartungen gehen Sie an die neue Aufgabe heran?

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Nach dem anstehenden Abstieg aus der Landesliga muss der Verein das Ganze strategisch sinnvoll angehen und alles auf Null setzen. Wir müssen in der Bezirksliga neu anfangen. Das Ziel sollte sein, wieder aufzusteigen. Der Grundbaustein dafür ist das Mannschaftsgefüge, denn im Fußball geht nichts ohne ein funktionierendes Team. Gerade in diesen Ligen ist deshalb die Trainingsbeteiligung extrem wichtig. Voraussichtlich Anfang Juli beginnt die Vorbereitung.