Für die Gäste ist es eine verlässliche Tradition, die Natalie Kraus-Litzki von ihren Eltern übernommen hat: An Heiligabend hat die Wirtin das Landgasthaus Zollerstuben in Bermatingen tagsüber geöffnet. Dabei kann sie sich auf ihre Mitarbeiter verlassen. „Sogar an Silvester haben wir ein ganz junges Team“, freut sie sich. Am 31. Dezember ist von 18 bis 22 Uhr geöffnet, bis 20 Uhr muss das Essen bestellt sein. So wird garantiert, dass sie und ihre Mitarbeiter an den Feiertagen doch noch etwas Privatsphäre haben und etwas Zeit mit Freunden oder der Familie verbringen können. Von den Gästen, die meistens nur essen und dann nach Hause wollen, kommt positive Resonanz. Sie freuen sich auch über die Möglichkeit, „Essen to go“ abzuholen: „Eine Familie hat nur das fertige Fleischgericht bestellt und die Beilagen selbst gemacht. Das ist für mich in Ordnung. Dieses Jahr wird von der Familie alles geordert.“

Schon vor den Feiertagen wurde im Bermatinger Landgasthaus Zollerstuben fleißig gearbeitet, um zahlreiche Wraps und belegte Baguettes ...
Schon vor den Feiertagen wurde im Bermatinger Landgasthaus Zollerstuben fleißig gearbeitet, um zahlreiche Wraps und belegte Baguettes für eine Feier zu belegen. Nele Wünsche (links) und Wirtin Natalie Kraus-Litzki sind ein eingespieltes Team. | Bild: Christiane Keutner
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Gute Atmosphäre im Team hilft

Zu den Mitarbeitern an Silvester gehört auch Nele Wünsche. Warum sie dabei ist? „Um Natalie zu unterstützen. Sie ist sehr nett und wir haben es immer gut und witzig, da vergisst man schon mal den Stress, der sich auch wieder legt “, sagt die 18-Jährige, die sich neben der Schule etwas Geld verdient. Ihr macht es nichts aus, später zu den Leuten dazuzustoßen, mit denen sie feiern und ins nächste Jahr gehen möchte. „Ich arbeite ja auch freitags, das ist ähnlich“, sagt sie.

Als Busfahrer auch an den Feiertagen im Einsatz

Wenn andere die Füße hochlegen, tritt Klaus Maxa aufs Gaspedal. Der 49-Jährige ist seit rund fünf Jahren Busfahrer bei Wegis Reisen in Ahausen. Zwar fielen pandemiebedingt die Weihnachtsausflüge und -fahrten aus, doch die öffentlichen Linien müssen weiterhin bedient werden. So wird er an beiden Weihnachtsfeiertagen seinen Bus zwischen Heiligenberg und Überlingen lenken und den Erlebnisbus in Meersburg.

Für ihn gehört die Arbeit an den Feiertagen zum Job: Klaus Maxa fährt gerne Bus.
Für ihn gehört die Arbeit an den Feiertagen zum Job: Klaus Maxa fährt gerne Bus. | Bild: Christiane Keutner

Die Arbeit an Feiertagen nimmt er gelassen hin: „Wenn man langjähriger Busfahrer ist, ist das ganz normal.“ Seine Frau sei es gewohnt, auf ihn zu verzichten. Manchmal bedenken ihn die Mitfahrer an diesen besonderen Tagen mit kleinen Aufmerksamkeiten wie Schokolade oder anderen Kleinigkeiten, und wertschätzen damit die Tatsache, dass er arbeitet, während andere feiern. Wie das für ihn ist? „Ich fahre gerne Bus und man wechselt sich jedes Jahr mit den Feiertagsdiensten ab. Freiwilligen lassen wir natürlich den Vortritt“, sagt er schmunzelnd, „es gibt sogar welche, die an diesen Tagen besonders gerne arbeiten.“

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An Heiligabend im Dienst im Pflegeheim

„Die Arbeit an Feiertagen bleibt in diesem Beruf natürlich nicht aus“, weiß Regine Blank, Altenpflegerin im St.-Franziskus-Pflegeheim in Markdorf. Dieses Jahr hat sie an Heiligabend und den zwei Weihnachtsfeiertagen Dienst. Während ihr verständnisvoller Ehemann sich zuhause zu beschäftigen weiß und die Situation gar nicht anders kennt, kümmert sich Regine Blank um die Senioren. „Mir macht das eigentlich nichts aus. Ich fände es viel schwieriger, einfach zu warten, was einen erwartet, wie bei der Feuerwehr, die eben auf Stand-by ist, bis sie gerufen wird, wenn der Weihnachtsbaum brennt. Bei uns ist es ein ganz normaler Tagesablauf.“ Und somit sei man nur einen halben Tag weg von der Familie. An Heiligabend hat sie jedoch die Nachmittags- und Abendschicht.

Regine Blank kümmerst sich an drei Feiertagen um die Bewohner des Altenheims.
Regine Blank kümmerst sich an drei Feiertagen um die Bewohner des Altenheims. | Bild: Christiane Keutner

Ob es eine besondere Atmosphäre an Heiligabend gibt? „Bisher hatte ich am 24. immer vormittags gearbeitet, die Stimmung kommt erst nachmittags auf. Manche Bewohner werden dann von ihren Familien geholt, viele bleiben aber coronabedingt oder weil sie keine Angehörigen haben oder diese weit weg wohnen, hier.“

Viele Menschen sind auf die Sozialstation angewiesen

35 Mitarbeiterinnen – darunter zwei Männer – sind in der Sozialstation Markdorf an Weihnachten im Dienst, informiert Marlene Scheu, Pflegebereichsleitung. Froh ist sie über jeden Haushalt, in dem Familienangehörige die Pflege an diesen Tagen übernehmen können, denn durch die Pandemie und Quarantänezeiten hat sie viel öfters Krankmeldungen auf dem Tisch als sonst. Aber es gebe auch viele Patienten, die alleine leben und für die die Schwestern und Pfleger der Sozialstation generell die einzigen Ansprechpartner sind. An diesen Tagen wird den Schwestern und Pflegern auch mehr Zeit zugestanden, um mit den Alleinlebenden ein wenig zu reden.

Irmgard Zimmermann von der Sozialstation macht die Arbeit an Weihnachten sogar Spaß. Sie freut sich besonders, wenn sie Alleinlebenden ...
Irmgard Zimmermann von der Sozialstation macht die Arbeit an Weihnachten sogar Spaß. Sie freut sich besonders, wenn sie Alleinlebenden die Einsamkeit etwas vertreiben kann. | Bild: Christiane Keutner

Oder zu singen und zu beten, wie es Irmgard Zimmermann tut. Die Teamleiterin schaut, dass jeder der Mitarbeiter nur einen Abenddienst zusätzlich hat, damit diese noch etwas Zeit mit der Familie haben. Sie berücksichtigt Weihnachts- und Silvesterwünsche und die Löcher stopft sie mit ihrer eigenen Arbeitskraft. „An Weihnachten arbeiten ist auch schön“, meint sie. „Den Patienten, die alleine leben, macht man eine Freude, wenn sie wissen, es kommt jemand, der nach einem guckt.“ Die Stimmung am Abend, wenn es dunkelt, sei sehr schön, bei einigen laufe Weihnachtsmusik oder es leuchte eine Kerze. „Viele sind alleine, die freuen sich sehr, wenn man kommt“, sagt die 63-Jährige mit ihrer ansteckenden Fröhlichkeit.

Andreas Förster ist Pfleger bei der Sozialstation. Seit rund zehn Jahren arbeitet er freiwillig an Heiligabend.
Andreas Förster ist Pfleger bei der Sozialstation. Seit rund zehn Jahren arbeitet er freiwillig an Heiligabend. | Bild: Christiane Keutner

Auch Andreas Förster arbeitet freiwillig seit rund zehn Jahren an Heiligabend bei der Sozialstation. Da er keine Kinder hat, bietet der 55-Jährige das von sich aus an. Lieber hat er dafür an Silvester frei. Auch er findet es angenehm, an Weihnachten zu arbeiten: „Auf den Straßen ist wenig los, die Stimmung ist schön und ich kann noch Rücksicht auf Familien nehmen, die Kinder haben.“

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Apotheken haben an Feiertagen Notdienst

Beim Notdienst hat es diesmal die Tal-Apotheke in Deggenhausertal „erwischt“. Der Zyklus, der Kunden den Zugang zu Apotheken an jedem Tag des Jahres garantiert, trifft sie zwar alle 15 Tage, aber die Feiertage werden von der Apothekenkammer extra verteilt. In diesem Jahr müssen sie und ihr Mann am 24. rund um die Uhr in Wartestellung sein. „Es ist ganz unterschiedlich viel los“, blickt sie zurück auf vergangene Jahre. Zum Läuten der Klingel kämen telefonische Anfragen dazu: Die Leute erkundigten sich, ob man wirklich Notdienst und das gewünschte Medikament auch auf Lager habe.

Veronika Illison macht an Heiligabend bis zum ersten Weihnachtsfeiertag Notdienst in ihrer Apotheke im Deggenhausertal.
Veronika Illison macht an Heiligabend bis zum ersten Weihnachtsfeiertag Notdienst in ihrer Apotheke im Deggenhausertal. | Bild: Christiane Keutner

Und immer verdient der Name Notdienst auch seinen Namen nicht: Manche Leute kämen mit alten Rezepten. Der Schwangerschaftstest sei für die Betroffenen sicher ein Notfall, hat Veronika Illison Verständnis für die Kunden. Die meisten kämen mit wirklichen Anliegen, „und dann ist es gut, dass man helfen kann“, sagt die Apothekerin. Den Notdienst betrachtet sie nicht als Opfer, er gehöre zu ihrem Beruf und die Tage würden fair aufgeteilt. Klar, wenn soviel Arbeit an den Tagen zuvor anfalle, sei man auch froh über etwas Entspannung, aber viel mehr freuen würde es sie, wenn der Notdienst vor Ort oder in naher Umgebung von allen Menschen wertgeschätzt würde.

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Auch an der Tankstelle gibt es keinen Müßiggang an den Feiertagen

Für Müßiggang an Weihnachten und Sylvester hat Bettina Hörth keine Zeit: Die 53-Jährige arbeitet an allen Tagen an der Tankstelle in Untersiggingen: An Heiligabend bis 17 Uhr, an den zwei Weihnachtsfeiertagen von 8 bis 20 Uhr und an Silvester bis 20 Uhr. Hier wird nicht nur Benzin und Diesel getankt, sondern auch der persönliche Energiebedarf mit Backwaren, Vesper, weiteren Lebensmitteln und Getränken gedeckt: „Das hat sich schon ganz gut herumgesprochen, dass wir die frischen Backwaren auch an den Feiertagen anbieten, es wird gut angenommen“, sagt Bettina Hörth.

Bettina Hörth in ihrem Element. Sie arbeitet gern und freut sich, ihren Kunden an den Feiertagen frische Backwaren anbieten zu können.
Bettina Hörth in ihrem Element. Sie arbeitet gern und freut sich, ihren Kunden an den Feiertagen frische Backwaren anbieten zu können. | Bild: Christiane Keutner

Ihr macht es nichts aus, an den Feiertagen zu arbeiten: „Seit ich 14 bin, arbeite ich mit Leuten zusammen und das gerne, ich komme aus der Gastronomie“, sagt sie fröhlich und freut sich, wenn sich die Leute an den frischen Backwaren erfreuen und dankbar dafür sind. Heilig ist ihr der Heiligabend. Deshalb schließt sie die Tankstelle um 17 Uhr, damit sie die Zeit mit ihrer Familie und den drei Kindern verbringen kann, um morgens am ersten Weihnachtsfeiertag um 8 Uhr wieder für ihre Kunden da zu sein, wie so viele andere an diesen Tagen.