Eigentlich sollten an diesem Tag regelmäßig Sirenen heulen. Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht und Martinshorn sind genügend rund um das Engener Gymnasium verteilt, um im wahrsten Sinne des Wortes so richtig Alarm zu machen. Wäre da nicht die mündliche Prüfung an der Anne-Frank-Realschule auf denselben Termin wie der erste Katastrophenschutztag am Engener Gymnasium gefallen. Doch auch ganz ohne Sirenen dürfte der Aktionstag den Schülern noch lange im Kopf bleiben. Lehrer, Rettungskräfte und Schulleiter machen deutlich, worum es bei dieser Übung geht.

Karl-Heinz hat eine Verletzung am Rücken. Er ist 60 Kilo schwer und eine Übungspuppe. Trotzdem ist die Aufgabe, die Saskia Peters vom Technischen Hilfswerk (THW) aus Singen aufgibt, für eine Schülergruppe des Gymnasiums gar nicht so leicht zu bewältigen. Denn der verletzte Karl-Heinz soll möglichst rückenschonend auf eine Trage gelegt werden und anschließend durch verschiedene Hindernisse aus der Gefahrenzone gebracht werden. Mit klaren Anweisungen, aber auch einer Portion Humor zeigt die ehrenamtliche Helferin vom THW, wie man eine verletzte Person rettet.

Auch Retter auf vier Pfoten sind dabei

Nur ein paar Meter weiter hat gerade Herrmann seinen großen Auftritt. Er ist keine Puppe, sondern ein waschechter Drahthaar-Vyzsla und ausgebildeter Rettungshund. Heute werden er und seine Halterin Andrea Iseli von einer ganzen Schülergruppe bei ihrer Suche nach einem vermeintlich Vermissten begleitet. Herrmann durfte kurz an einer Duftmarke schnuppern und schon verfolgt er die Fährte über das komplette Schulgelände, bis er zielsicher fündig wird.

Die Begeisterung der Kinder für den Helfer auf vier Pfoten ist groß. Andrea Iseli erläutert ihnen, dass sie mit mehreren Rettungshunden beim Deutschen Roten Kreuz Konstanz im Einsatz ist.

Beim ersten Katastrophenschutztag am Gymnasium Engen müssen die Schüler eine Übungspuppe sichern.
Beim ersten Katastrophenschutztag am Gymnasium Engen müssen die Schüler eine Übungspuppe sichern. | Bild: Kerle, Helene

Möglichst breites Spektrum

Der Aktionstag zum Katastrophenschutz findet in diesem Jahr zum ersten Mal am Gymnasium Engen statt. Seit vergangenem Schuljahr ist es Vorgabe des Kultusministeriums, diesen Tag in allen sechsten Klassen durchzuführen. Seit vergangenem Herbst hat ein Team aus sechs Lehrern den Aktionstag geplant und organisiert, erklärt Lehrerin und Organisatorin Claudia Neubrand.

Das könnte Sie auch interessieren

Mit der Feuerwehr Engen, dem THW Singen, dem DRK-Ortsverein Engen sowie der Rettungshundestaffel des DRK Konstanz ist eine Vielzahl an Rettungsorganisationen an diesem Tag beteiligt. Die hauptsächlich ehrenamtlich tätigen Helfer haben sich einen Tag frei genommen, um beim Aktionstag dabei sein zu können. „Wir wollten beim ersten Durchlauf ein möglichst breites Spektrum bieten“, so Neubrand.

Der Hintergrund: Durch Extremwetterereignisse, technisches Versagen oder auch bewusstes Herbeiführen kann es zu einer Katastrophensituation kommen. Schüler sollen für solche Situationen sensibilisiert werden und lernen, sich dann richtig zu verhalten. Das ist eins der Ziele des Aktionstags.

Darum wird brennendes Fett nicht mit Wasser gelöscht Video: Kerle, Helene

Daneben soll aber auch Aufmerksamkeit für das Ehrenamt und Zivilcourage geschaffen werden, verdeutlicht Claudia Neubrand. „Mit Blick auf aktuelle Krisen und Naturkatastrophen eine enorm wichtige Sache, die sicher nicht nur auf die Klassen sechs beschränkt werden darf, sondern nach oben ausbaufähig gestaltet und mit Inhalt und Sinn gefüllt werden muss“, sagt Schulleiter Thomas Umbscheiden auf Nachfrage, was er von dem neu eingeführten Aktionstag hält.

Schülerinnen und Schüler mit Andrea Iseli und Rettungshund Herrmann.
Schülerinnen und Schüler mit Andrea Iseli und Rettungshund Herrmann. | Bild: Kerle, Helene

Auf dem Schulhof dürfen die Sechstklässler an diesem Tag bei der Feuerwehr Engen mit anpacken. Sie lernen, wie man einen Feuerlöscher richtig bedient, welche Technik die Wehr im Gepäck hat und warum man Fettbrand, etwa bei einer Fritteuse, auf keinen Fall mit Wasser löschen darf. „Aus einem Liter Wasser entstehen 1700 Liter Wasserdampf“, erläutert Joachim Heitzmann von der Feuerwehr Engen, Abteilung Welschingen den Schülern.

Das könnte Sie auch interessieren

Am Aktionstag gibt es aber nicht nur graue Theorie, sondern die Feuerwehr demonstriert ganz praktisch, wie es zur Explosion kommt, wenn brennendes Öl mit Wasser gelöscht wird. „Das vergisst man so schnell nicht wieder“, so Heitzmann und ist überzeugt, dass die Schüler jetzt wissen, dass sie in dem Fall besser zum Topfdeckel oder einer Löschdecke greifen.

Der Aufwand hat sich gelohnt

Schulleiter Umbscheiden weiß um den großen organisatorischen Aufwand und ist sehr zufrieden mit dem Verlauf des ersten Aktionstags zum Katastrophenschutz. „Der Tag war hervorragend vorbereitet durch unser Team und daher war der Ablauf völlig reibunsgfrei. Die Hilfsorganisationen haben für unsere Schülerinnnen und Schüler tolle Eindrücke in deren Arbeit ermöglicht und wir sind sehr dankbar über diese nun jährliche Kooperation. Ein rundum gelungener Tag für alle Beteiligten“, resümiert er. Er wünscht sich, dass der Tag bei Lehrern, Schülern und Eltern eine langfristige Bewusstseinsschärfung bewirkt, um in Krisensituationen angemessen reagieren zu können.

Das könnte Sie auch interessieren

„Unsere Schülerinnen und Schüler haben heute Menschen kennengelernt, die in besonderen Situationen Ruhe bewahren, helfen, Leben retten – und das mit großer Leidenschaft und Teamgeist“, beurteilt auch Claudia Neubrand nach diesem besonderen Schultag.