Sie stehen dicht an dicht: Blaue und rote Sonnenschirme säumen neben den Vorzelten den Weg auf dem Campingplatz. Mittendrin steht Heiko Schneider auf seinem Stellplatz. Er fällt mit seinem Trabbi und dem seltenen Anblick eines blau-orangenen Dachzelts schon von Weitem auf.

Er ist aus Ulm angereist und zum ersten Mal auf dem Markdorfer Campingplatz. Mit dabei: Tochter Tamara und Sohn Christopher. Mit ihnen möchte er am Nachmittag Markdorf erkunden. Die Kinder schlafen auf dem Dach des Trabbis auf Matratzen im Zelt. Schneider schläft in einem gewöhnlichen Zelt auf dem Boden daneben.
„Irgendwann wollte ich nicht mehr im Auto schlafen und besorgte das Zelt im Originalnachbau. Dafür bin ich extra nach Leipzig gefahren“, erzählt er und lacht.
Von Brandenburg nach Markdorf
Etwa 70 Kilometer von Leipzig ist Bernd Knispel aus dem Landkreis Oder-Spree in Brandenburg östlich von Berlin zu Hause. Er ist mit seinem weitaus luxuriöseren Auto, einem „First Class Reisemobil“, nach mehreren Zwischenstopps eher zufällig in Markdorf gelandet.
„Wir sind einfach losgefahren und genießen die Freiheit“, sagt der Brandenburger. Mit seiner Frau Sieglinde und einem befreundeten Ehepaar ist er zum erstem Mal hier und bleibt vier Tage.

Tagesausflüge in die umliegenden Städte
„Eigentlich wollten wir am Bodensee einen Stellplatz direkt am Wasser, das hat aber leider nicht geklappt. Wir haben online geschaut, wo noch etwas frei ist. So sind wir auf Markdorf gestoßen. Wir sind sehr gut aufgenommen worden“, sagt Knispel und lächelt.
Sie waren bereits in Lindau, Markdorf und Friedrichshafen, erzählt seine Ehefrau Sieglinde. In einem sind sich die vier Camper einig: Markdorf sei „ein niedliches Städtchen“. In Lindau war es ihnen zu voll. In der Gehrenbergstadt „kommt man hingegen schön runter“, so Bernd Knispel.
Unterwegs und doch zu Hause
Da die Knispels in ihrem großzügigen und komfortablen Reisemobil Küche und Badezimmer haben, sind sie nicht auf sanitäre Anlagen angewiesen und können Kontakt zu anderen vermeiden. „Wir müssen nicht essen gehen oder uns am Frühstücksbuffet anstellen“, erklärt der Camper.
Claudius Wirth, der das Familienunternehmen mit seinem Bruder Andreas Wirth und seiner Mutter Maria Wirth leitet, erklärt sich so auch die gestiegene Beliebtheit von Campingurlaub. „Im Vergleich zum letzten Jahr verzeichnen wir im Juli und August ein Plus von fünf Prozent“, sagt Wirth. Das sei absehbar gewesen, denn: Campen liege im Trend und Urlaub in Deutschland sei aufgrund der aktuellen Lage ebenfalls angesagt. Wirth ist sich sicher: „Wenn wir 50 oder 100 Stellplätze mehr hätten, würden wir die bestimmt auch voll bekommen.“
Üblich sei, dass 80 Prozent der Gäste aus Deutschland kommen, dieses Jahr schätzt er den Anteil sogar auf 90 Prozent. Die restlichen zehn Prozent machten größtenteils Schweizer und Niederländer aus, erläutert Wirth.
Mehr Buchungen als in den Vorjahren
„Auch im September und Oktober haben wir mehr Buchungen als in den letzten drei Jahren“, erzählt der Geschäftsführer. Bis zum 13. September seien alle Stellplätze komplett belegt. „Danach sind wir bereits zu 80 Prozent ausgebucht“, sagt er.
Als Frankreich und Spanien zu Risikogebieten erklärt wurden, sei das E-Mail-Postfach explodiert, erzählt Wirth. Auffällig sei, dass viele zum ersten Mal aus anderen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen den Markdorfer Campingplatz ansteuerten.
Melanie Hefter schätzt die Lage des Platzes
Etwas mehr Campingerfahrung in Markdorf hat Melanie Hefter aus der Nähe von Pforzheim. Sie ist mit ihrem Mann und ihrem Sohn bereits das vierte Mal hier. Sie campen seit circa neun Jahren.
„Der Campingplatz hat eine gute Lage. Man ist schnell in der Stadt, im Hinterland und am See. Da wechseln wir ab. Mit dem Fahrrad haben wir eine Tour nach Immenstaad und Ravensburg gemacht. Auch der Indoor-Spielplatz und das Freibad sind toll für unseren Sohn“, sagt die 39-Jährige.
Abkühlung mit desinfizierten Gummiarmbändern
Auch bei anderen Campinggästen sei der Swimmingpool beliebt, um sich an heißen Sommertagen abzukühlen, sagt Wirth. Da jedem Gast im Wasser laut Corona-Verordnung zehn Quadratmeter Platz zur Verfügung stehen müssen, dürfen sich im Pool maximal 31 Badegäste aufhalten.

Die Badezeit ist auf 20 Minuten begrenzt und wird öfter von den Hausmeistern kontrolliert. Um die Personenanzahl im Swimmingpool im Blick zu haben, hat sich Familie Wirth etwas einfallen lassen. Am Eingang gibt es neongrüne Silikonarmbänder, die jeder beim Aufenthalt im Wasser tragen muss.

Familie Schmid schätzt die Umgebung zum Motorradfahren
Vom Pool nur wenige Gehminuten entfernt, steht Markus Schmid mit seinem Wohnwagen. Jona sitzt im Vorzelt und Julian steht im Eingang. Die Familie ist aus Aidlingen, circa 30 Kilometer von Stuttgart entfernt, angereist und zum fünften Mal hier.
Was sie besonders schätzen: „Wir sind begeisterte Motorradfahrer, da bietet sich der Bodensee und die Nähe zu den Alpen an. Der Campingplatz ist nicht ganz so groß und es ist ruhig. Das gefällt uns und wir sind in zwei Stunden hier. Das ist eine angenehme Anreise“, sagt Schmid. Mit dem Motorrad seien sie schon in Wangen gewesen.
Familie Hummel aus dem Allgäu vermisst den See nicht
Die überschaubare Größe und die Lage im Grünen sind auch für Familie Hummel aus Buchloe im Ostallgäu ein Grund, weshalb sie bereits zum vierten Mal ihren Campingurlaub in Markdorf verbringen. „Den See vermissen wir nicht“, sagt Jürgen Hummel, der mit seiner Frau und seiner Tochter am Frühstückstisch sitzt.
Auf dem Campingplatz sei für jeden etwas geboten. „Unsere neunjährige Tochter ist den ganzen Tag beschäftigt. Die Kinder lernen sich schnell kennen. Eine Spielscheune wie hier gibt es nicht überall. Spielplatz und Pool sind auch vorhanden“, sagt er.
Betreiber Claudius Wirth zeigt sich zuversichtlich
Insgesamt laufe der Campingbetrieb trotz Corona-Vorschriften relativ normal, sagt Wirth erfreut. Sein Eindruck: An die Alltagsmasken und das Abstandhalten habe sich die Mehrheit der Gäste gewöhnt, auch wenn es vielleicht manchmal nerve.
Bis zum Oktober dürfte ihm und dem Wirthshof-Team die Arbeit jedenfalls so schnell nicht ausgehen. „Nach den Sommerferien ist es normalerweise etwas ruhiger und es kommt im September und Oktober eher älteres Publikum zu uns. Dieses Jahr haben wir viele junge Familien mit Kindern, die noch nicht schulpflichtig sind.“