„Markdorf – deine Plätze“ – so beginnt ein Post von Claudius Beck auf der Facebook-Seite „Markdorf – damals, gestern und heute“, auf der die Mitglieder historische Bilder austauschen. Auch Beck stellt seinem Post ein historisches Bild des Marktplatzes aus den 1960er-Jahren hinzu und stellt die Frage, warum dieser – der sich von der Häuserzeile Marktplatz 1 (unter anderem Versicherung und Zahnarztpraxis) bis Marktplatz 5 (Polizei) erstreckt und sowohl den Parkplatz als auch die städtische Grünanlage beinhaltet – auch Kirchplatz oder Kirchgarten genannt wird. Derzeit finden auf der Grünanlage Veranstaltungen rund um die Eventhütte statt, die Markdorf Marketing Vereinen und Gruppen zur Verfügung stellt. Veranstaltungsort: auf dem Kirchplatz.

Begriffe entwickeln sich im allgemeinen Sprachgebrauch
In der Diskussion auf der Facebook-Seite wird klar, dass im allgemeinen Sprachgebrauch der Markdorfer aus dem Marktplatz auch ein Kirchplatz wurde. Das sei laut Claudius Beck durchaus verständlich, aber nicht korrekt. Jeder in Markdorf wisse, welcher Ort mit dem Kirchplatz gemeint sei, auch wenn der Kirchplatz nicht als Adresse existiert und auch nicht der Kirche, sondern der Stadt gehöre. Was den am Marktplatz 4 aufgewachsenen Claudius Beck nervt, ist die Tatsache, dass die Ungenauigkeit, wie Plätze in der Stadt benannt werden, keinen zu stören scheine. Für ihn als Kind sei es immer die „Anlage“ gewesen, in der er mit seinen Geschwistern und Nachbarskindern in den 1950er- und 1960er-Jahren gespielt hat.
Untertorplatz und Latscheplatz
Claudius Beck nennt für die Begriffsungenauigkeit weitere Beispiele wie Untertorplatz, Schlosshof, Latscheplatz, Ochsenlücke und Ochsenplatz. Würde die jemand finden, der sich in Markdorf nicht auskennt? Die Adresse Untertor existiert für M-Town Kebap Treff, das Restaurant Untertor und die Bäckerei Diener – obwohl die Bäckerei laut einer Mitarbeiterin auch Anschreiben mit der Adresse Am Stadtgraben erhält. Im Volksmund heißt der Platz zwischen Restaurant „Krone“ und Untertor schlicht Latscheplatz.

Und wo befindet sich eigentlich die Ochsenlücke? Im vergangenen Jahr wurde Claudius Beck während des Kindertheater-Festivals von einer Dame angesprochen, die die Ochsenlücke/Ochsenplatz suchte. Der Name für den Bereich zwischen Poststraße und Hauptstraße hat sich unter den Einheimischen verselbstständigt, da der Platz neben dem ehemaligen Gasthaus ‚Ochsen‘ jahrelang brach lag. Für Ortsunkundige ist dieser allerdings schwer zu finden. Auch den Schlosshof gibt es offiziell als Bezeichnung nicht und kommt in keinem Stadtplan vor. Die Gebäude – einschließlich Bischofschloss – befinden sich alle am Schlossweg.

Wo liegt eigentlich die Weiherwiese?
Ein weiteres Beispiel: die Weiherwiese. Diesen Begriff benutzt unter anderem das städtische Jugendreferat für den Park gegenüber der Jakob-Gretser-Schule, wenn hier Anfang August die Ferienspiele stattfinden. Auch die Stadtkapelle lud im Juli zu einem Picknick-Konzert auf die Weiherwiese ein. Laut „echten Markdorfern“ – wie es auf der Facebook-Seite heißt – befindet sich die Weiherwiese allerdings nicht am Weiher, sondern als Weiherwiese werden die Kleingartenanlagen zwischen Talstraße und Wangen bezeichnet – die sich am anderen Ende der Stadt befinden. „Der Park gegenüber der Grundschule hat keinen offiziellen Namen. Warum eigentlich nicht?“, fragt Claudius Beck im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

Zurück zur Kirchplatz/Marktplatz-Problematik: Einer, der es wissen müsste: Pfarrer Ulrich Hund. Seine Antwort überrascht. Für ihn sei der Marktplatz der Parkplatz und die Grünanlage bezeichnet er als Platz „unter der Linde“. Den Begriff Kirchplatz habe er selbst noch nie benutzt. Als er die Ankündigungen für die Eventhütten-Aktion gelesen habe, habe er sich gefragt, wo denn jetzt eigentlich dieser Kirchplatz sei? Er habe an den Platz direkt vor dem Haupteingang der Kirche gedacht – aber das sei ja der „Platz zwischen Kirche und Pfarrhaus“.
Den Plätzen offiziell eine Bezeichnung geben
Claudius Beck lacht über die Aussage des Pfarrers. Er möchte mit der Thematik einfach auf die fehlende Namensgebung aufmerksam machen und für mehr Richtigkeit sorgen und für Sensibilität werben. „Es ist doch wichtig, dass wir klare Fakten haben und sich alle orientieren können.“ Gerade Nicht-Markdorfer, die ins Navi oder bei Google Maps dann Orte eingeben, die die Systeme nicht finden. Warum steht am Ochsenplatz kein Schild mit dem Namen Ochsenplatz? Warum dem Park gegenüber der Grundschule nicht offiziell eine Bezeichnung wie Jakob-Gretser-Park oder Pestalozzi-Park geben? Das wären doch schöne Anlässe, an denen viele Markdorfer ihre Freude haben. Und Nicht-Markdorfer auch, wenn sich die Orte dann leichter finden lassen.