Sieben Zeugen, darunter mit der Taxifahrerin und der Ladeninhaberin zwei Hauptzeuginnen, wurden bereits am ersten Verhandlungstag gehört, mehr als ein Dutzend weiterer soll folgen: Am zweiten Verhandlungstag am Landgericht Konstanz im Mordprozess gegen Gezim F., der im Januar im Markdorfer Megamix-Markt in Markdorf seine getrennt von ihm lebende Ehefrau erschossen hatte, gaben die Mutter der getöteten Sebastiana F. und die 24-jährige Tochter Einblicke in die von Gewalt, Geldsorgen und der Alkoholsucht des Angeklagten geprägte Beziehung des Paares.

Mehrmals ausgezogen, aber immer wieder zurückgekehrt

Beide Frauen berichteten übereinstimmend, dass Gezim F. bereits kurz nach der Heirat immer wieder gewalttätig gegenüber seiner Frau geworden sei. Die tätlichen Übergriffe hätten im Laufe der Jahre zugenommen. „Ich habe immer wieder die blauen Flecken an meiner Tochter gesehen“, sagte die Mutter. Bei den Auseinandersetzungen sei es meist ums Geld gegangen. Als er zuletzt arbeitslos gewesen sei, habe ihre Tochter alleine den Familienunterhalt bestritten. Er hingegen habe sein weniges Geld für Alkohol ausgegeben.

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Drei bis vier Mal sei Sebastiana F. im Laufe der Jahre schon kurzzeitig ausgezogen, aber immer wieder zurückgekehrt, der Kinder wegen und weil sie Angst vor der Rache ihres Ehemanns gehabt habe.

Anders als von dem Angeklagten am ersten Verhandlungstag behauptet, habe Sebastiana F. das gerichtlich festgesetzte 14-tägige Besuchsrecht für den elfjährigen Sohn jedoch ernst genommen. Gezim F. hatte am ersten Tag verlesen lassen, seine Frau habe ihm seit ihrem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung in Pfullendorf die Treffen mit seinem Sohn verwehrt. Aus Angst, ihr Mann könnte ihre neue Adresse in Markdorf herausfinden, seien die Übergaben immer an einem neutralen Ort erfolgt, sagte die Tochter von Sebastiana F. Zuletzt habe der Junge aber selbst nicht mehr zu seinem Vater gewollt.

Was stimmt an der Version von der Blutrache?

Sowohl die beiden Frauen als auch danach der Freund der Tochter berichteten von regelmäßigen Morddrohungen des Angeklagten gegenüber seiner Frau. Er sei erst zufrieden, wenn sie nicht mehr auf der Welt sei, habe er ihm einmal gesagt, so der Freund der Tochter. Und: Ihm sei es egal, wenn er dafür lange ins Gefängnis müsse. „Er hat diese Tat geplant, ich denke, er wusste nicht mehr weiter“, sagte die Mutter von Sebastiana F.

Sebastiana F. habe ihrem Vater zu Weihnachten 2022, einen Monat vor der Tat, einen schwarzen Pullover und eine schwarze Mütze geschenkt, „obwohl er schwarz gar nicht mag“. Sie habe „jeden Tag mit allem gerechnet“. Zu ihr habe sie gesagt: „Mama, es ist noch lange nicht vorbei, ich bin schon so gut wie tot.“

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Zur Sprache kam am Mittwoch auch nochmals die Version des Angeklagten, man drohe ihm und seiner Familie in Albanien mit Blutrache, nachdem sein Onkel dort in den 90ern ein Brüderpaar getötet habe. Gezim F. hatte dies als Grund angeführt, weshalb er sich die Pistole, mit der er seine Ehefrau erschossen hatte, illegal besorgt habe. Sie sei mit ihrem Vater im Sommer 2022 nach Albanien gereist, habe dort aber nirgends und zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Bedrohungen wahrgenommen, berichtete die Tochter.

Eine vorgeschobene Geschichte?

An dieser Stelle gab es einen Disput zwischen Verteidiger Klaus-Martin Rogg und Staatsanwalt Ulrich Gerlach. Rogg kritisierte, dass die Staatsanwaltschaft die Einlassungen seines Mandanten zur Blutrache nicht habe überprüfen lassen. Für ihn sei dies „eine vorgeschobene Geschichte“, entgegnete Gerlach. Dennoch richtete er in einer Sitzungspause eine entsprechende Anfrage ans Bundeskriminalamt. Das Ergebnis steht noch aus. Die Mutter der Getöteten betonte wiederum, ihre Tochter habe ihr nie etwas von einer Blutrache gegenüber ihrem Ehemann erzählt: „Da war nichts.“

Wie sehr die toxische Beziehung des Ehepaares und vor allem die Tat am 21. Januar beide Frauen noch heute belastet, wurde im Zeugenstand deutlich: Zerbrechlich und blass antworten sie auf die Fragen des Gerichts, zuerst die Mutter, dann, nachdem sie den Saal wieder verlassen hat, die Tochter der Getöteten. Immer wieder stocken ihre Stimmen.

Tochter in psychologischer Betreuung

Der Vorsitzende Richter Arno Hornstein ist bekannt für seine einfühlsame Befragung, die er auch hier an den Tag legt. Das hilft. Seit Juni schlafe sie kaum mehr, sagt die Mutter. Die 24-jährige Tochter, die mit ihrem Freund ihren elfjährigen Bruder aufgenommen und für ihn auch die Vormundschaft übernommen hat, bekommt psychologische Betreuung. Ihr gehe es schlecht, sagt sie. Das junge Paar hat noch eine eigene dreijährige Tochter. Das Leben muss weitergehen, irgendwie. Der Prozess wird am 18. Juli fortgesetzt.