Alexander Endres rettet seit einigen Jahren Rehkitze vor Mähwerken. Für den Jagdpächter aus Immenstaad ist das eine Herzensangelegenheit. Zwischen April und Juli ist er als einer von zwölf Drohnenpiloten des Vereins Badische Jäger Überlingen unterwegs. Die Mitglieder setzen sich ehrenamtlich für die Kitzrettung ein und sind zum Mähzeitpunkt auf den Feldern rund um Markdorf, Meersburg, Pfullendorf, Salem und Überlingen unterwegs.

Nun hat er gemeinsam mit seinen Jagdpächtern aus Immenstaad und den Ittendorfer Jagdpächtern Alexander Keller sowie Thomas und Hans-Jürgen Winz den Verein Rehkitzrettung Ittendorf/Immenstaad gegründet, Alexander Endres ist der Vorsitzende. Die Gründungsversammlung fand Ende Januar im Hofcafé Pfleghaar in Reute statt, rund 25 Personen waren anwesend. Die Idee, einen eigenen Verein zu gründen, sei dadurch entstanden, sich eine weitere Drohne anzuschaffen und diese einzusetzen.

Alexander Endres, Jagdpächter aus Immenstaad, ist Vorsitzender des Vereins Kitzrettung Ittendorf/Immenstaad.
Alexander Endres, Jagdpächter aus Immenstaad, ist Vorsitzender des Vereins Kitzrettung Ittendorf/Immenstaad. | Bild: Nosswitz, Stefanie
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Zeitraum für Einsätze ist wetterbedingt oft sehr eng

Zum Mähzeitpunkt in den Hauptmonaten Mai und Juni kommen die ehrenamtlichen Retter bei den Anfragen der Landwirte, die ihre Wiesen meist wetterbedingt alle zum gleichen Zeitpunkt mähen, kaum hinterher, das Drohnenteam des Vereins Badische Jäger Überlingen besitzt sechs Drohnen. Der Zeitraum, in dem geflogen werden soll und muss, ist witterungs- und arbeitstechnisch oft sehr eng.

Will ein Landwirt seine Wiesen mähen, muss er dies den Jagdpächtern oder direkt den Rehkitzrettern melden. Außerdem muss die Wiese vor dem Mähen abgesucht werden. „Hier klappt die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten eigentlich sehr gut“, sagt Alexander Endres. Alle Beteiligten treffen sich dann vor Ort und der Drohnenpilot überfliegt die Fläche auf der Suche nach Rehkitze.

Mit der Kitzdrohne wird im Juni 2022 ein Tier auf der Wiese bei Urnau geortet. Die Jäger Florian Beck (links) und Michael Kurz bergen ...
Mit der Kitzdrohne wird im Juni 2022 ein Tier auf der Wiese bei Urnau geortet. Die Jäger Florian Beck (links) und Michael Kurz bergen das Kitz mit Handschuhen und Gras und bringen es in Sicherheit. | Bild: Wolf-Dieter Guip

Jungtiere verfügen nach Geburt über keinen Fluchtinstinkt

Diese verstecken sich vor Fressfeinden in den Wiesen und haben laut Alexander Endres in den ersten zwei bis drei Wochen „keinen Fluchtinstinkt“, was die Verstecke zu einer tödlichen Falle werden lässt, wenn sie unter ein Mähwerk geraten. Denn die Jungtiere ducken sich nach unten weg und verharren in ihrer Situation, was es für die Landwirte auf ihren Traktoren kaum möglich macht, sie zu erkennen.

Mit der Drohne sieht es anders aus. Hier sind über die Wärmebildkamera auf dem Monitor helle Flecken erkennbar. Das kann im ersten Moment alles sein – von Steinen, über Ameisenhaufen bis zum erhofften Rehkitz. „Wir haben auch schon Igel, Enten, Fuchs oder eine Katze bei einem Drohnenflug entdeckt“, sagt Endres. Über 989 Wiesen mit einer Gesamtfläche von 2371 Hektar sind die Retter im vergangenen Jahr geflogen, 2023 waren es 1263 Wiesen. 2024 wurden 84 Kitze in Kisten während der Mahd gesichert, 129 sind abgesprungen. 2023 waren es 324 Kitze, die gesichert wurden. „Im vergangenen Jahr war das Wetter zu feucht, daher konnten viele Landwirte nicht mähen“, erklärt Endres die geringe Zahl. 613 Stunden waren die ehrenamtlichen Retter 2023 im Einsatz, 909 Stunden waren es 2024.

Nach der Geburt verfügt das Jungtier noch über keinen Fluchtinstinkt und duckt sich im Gras nach unten.
Nach der Geburt verfügt das Jungtier noch über keinen Fluchtinstinkt und duckt sich im Gras nach unten. | Bild: Steffen Manz

Je mehr Drohnen, je mehr Retter im Einsatz

Die Suche findet meist früh morgens, am Abend oder in der Nacht statt, denn tagsüber sind die Störfaktoren zu groß. Auch sind am frühen Morgen die Temperaturen kühler und das Rehkitz leichter erkennbar. Wenn die Wärmebildkamera etwas anzeigt, wird die entsprechende Stelle markiert und in der Wiese überprüft. Handelt es sich dann tatsächlich um ein Rehkitz, wird dieses eingefangen, in eine Holzkiste gesetzt und diese am Rande des Feldes abgestellt. Ist die Wiese dann gemäht, wird das Jungtier wieder freigelassen.

Da die Arbeit mit der Drohne sehr effektiv und erfolgreich ist, sollen mehr Drohnen im Einsatz sein. Doch eine Drohne kostet um die 8000 Euro. Daher nun die Vereinsgründung. Denn, so erklärt Schriftführer Alexander Keller aus Ittendorf, nur als eingetragener Verein bekomme man für eine Drohne Fördermittel vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung. Diese liegen bei 60 Prozent, maximal 4000 Euro pro Drohne.

Der Rest soll dann über Spenden finanziert werden, auch die Gemeinden hätten bereits eine Unterstützung signalisiert. Keller, ebenfalls Jagdpächter, ist zwar derzeit noch kein Pilot, möchte aber dann seinen Drohnenschein machen. „Für mich ist das perfekt, weil ich dann als Pilot bei der Suche behilflich sein kann“, so Keller, dem eine Gräserpollenallergie einen Einsatz auf der Wiese so gut wie unmöglich macht. Daher kümmert er sich verstärkt um alles Organisatorische rund um die Vereinsgründung.

Schriftführer Alexander Keller, Jagdpächter aus Ittendorf, kümmert sich um das Organisatorische im Verein.
Schriftführer Alexander Keller, Jagdpächter aus Ittendorf, kümmert sich um das Organisatorische im Verein. | Bild: CDU Stadtverband Markdorf

Noch fehlt der Termin beim Notar

Noch ist die Rehkitzrettung Ittendorf/Immenstaad kein eingetragener Verein, es fehlt der Termin beim Notar. Erst als eingetragener Verein kann der Antrag auf Fördermittel gestellt werden. Der Fördertopf wird voraussichtlich im April zur Verfügung gestellt. „Ob es uns dieses Jahr noch reicht, ist eher fraglich“, sagt Alexander Endres. Eine Drohne kann nicht nur zur Kitzrettung, sondern auch zur Nachsuche bei einem verletzten Tier, bei der Kadaversuche oder gar bei einer Personensuche hilfreich sein. „Nur zur Jagd würde ich sie nicht einsetzen“, stellt Endres dar.

Ihm und seinen Vereinskollegen ist es ein Anliegen, dass möglichst wenig Rehkitze verletzt und getötet werden. „Wenn man das mal erlebt hat, wie ein Jungtier verendet. Das ist schon schlimm“, sagt Endres. Daher sei es allen wichtig, etwas zu bewirken. Dafür opfern die Retter in der Mahdzeit gern ihre Freizeit und ihren Schlaf. „Es ist ein tolles Gefühl, wenn man helfen kann. Das macht mich glücklich.“