Horst Scharnagel hat rund 40 Jahre im Grundbuchamt im Rathaus gearbeitet. Für den Rentner ist es spannend zu sehen, was aus seinem alten Arbeitsplatz geworden ist. Auch Peter Posprich kennt das Rathaus aus früheren Zeiten. Der Markdorfer ging dort Ende der 60er-Jahre zu Schule, als die Dritt-und Viertklässler in Räumen im Untergeschoss untergebracht waren. Ob sich Scharnagel und Posprich damals in den Fluren begegnet sind, bleibt offen, bei der exklusiven SÜDKURIER-Führung durch das sanierte Rathaus trafen sie sich und tauschten Erinnerungen aus.
Ingeborg und Stefan Henninger wohnen in der Marienstraße und beobachten die Bauarbeiten seit Beginn. Nun auch mal ins Innere schauen zu dürfen, freut das Ehepaar. „Wir leben ja ganz in der Nähe und sind sehr gespannt“, sagt Ingeborg Henninger, die ein altes Buch über die Rathaus-Geschichte aus dem Jahr 1967 mitgebracht hat. „Vielleicht erkennt man ja was wieder.“
Baustelle ist und bleibt Baustelle
„Baustelle ist und bleibt Baustelle“, begrüßt Monika Gehweiler die rund 20 SÜDKURIER-Leser, die die Teilnahme an der Führung gewonnen hatten. Man möge doch bitte aufpassen, wo man hintritt, bat die Leiterin des städtischen Bauamts. Zum Beispiel auf der Rathaustreppe. Die habe zwar schon ein Geländer und auch einen Handlauf – aus hellem Holz. Doch seien noch keine Steinplatten auf die Stufen der metallenen Konstruktion montiert.

Neues Treppenhaus lädt zu Begegnungen ein
Im Inneren des Rathauses wird dann rasch klar: dass die 60er-Jahre-Treppe viel mehr ist als bloß die fußläufig zu bewältigende Verbindung zwischen den Stockwerken des Verwaltungsgebäudes. „Hier finden auch Begegnungen statt“, erklärt die Bauamtsleiterin. Begegnungen, „die wir drüben in der Interimslösung schon vermisst haben“. Dort, in der ehemalige Scheuer des Bischofschlosses, gebe es zwar zahlreiche Zimmer, aber keine zentrale Treppe, auf der man sich immer wieder begegnen. Und in diesem Punkt muss Monika Gehweiler für ihre Kollegen aus den anderen Ämtern sprechen. „Wir vom Bauamt werden nicht mit umziehen, sondern in der Schlossscheuer bleiben.“ Im sanierten Rathaus fehlt es an rund 250 Quadratmetern Platz.

Blick in die Büroräume und in den Sitzungssaal
Warum das so ist, erschließt sich den Teilnehmern der Rathausführung in beim Blick in die Büroräume. Die sind schon weitgehend fertig. Die dunklen Nadelfilzböden decken noch Papierlagen ab – ebenso wie das Parkett im Bürgermeisterbüro. Doch fehlen noch die Möbel. „Ich habe allen eingebläut, ihre Schreibtische bloß nicht zu verschieben – bis zur Abnahme“, verrät Gehweiler, die sowohl für Sanierung und Umzug verantwortlich ist. Sie hat auch den Überblick über die arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben zur Bürobelegung. Da gelte es fest definierte Bewegungsflächen zu beachten, Abstände zu Wänden und zu Fenstern zu wahren.

Nach seiner Ertüchtigung für moderne Verwaltungsarbeit hat sich manches verändert in dem 60er-Jahre-Gebäude. Nun gibt es ein zweites Treppenhaus – als den brandschutzrechtlich geforderten zusätzlichen Fluchtweg. Und der neue Aufzug genügt jetzt – im Gegensatz zu seinem Vorgänger – auch den Anforderungen der Barrierefreiheit.
Teilnehmer von der Gestaltung überzeugt
Peter Posprich ist von dem Farbkonzept begeistert. Die Türen aus Weißtanne und die schwarze Umrandung gefallen ihm sehr gut. Berthold Hermle und Helmut Lemp sind besonders von den neuen und tiefer gelegenen Fenstern angetan. Sie geben den Räumen sehr viel Licht. Das fällt vor allem im großen Sitzungssaal auf. Steffi Hass hat bereits an einer Führung der Stadt durch den Rohbau teilgenommen. „Es interessiert mich, wie es sich entwickelt hat.“ Am Ende ist sie überzeugt, dass es ein tolles Gebäude geworden ist.
Es sind zahlreiche Details, die Bauamtsleiterin Gehweiler den Besuchern erläutert. Etwa die Leistung der Photovoltaikanlage auf dem nun nicht mehr aus Schiefer, sondern aus Betonsteinen bestehenden Rathausdach. Etwa wie die kontrollierte Be- und Entlüftung funktioniert. Oder warum die fürsorglich eingebaute Gasheizung aller Wahrscheinlichkeit nur sehr, sehr selten zusätzliche Wärme erzeugen muss. So leistungsstark sei die Wärmepumpe. Und so gut sei die Dämmung sowie die Dreifachverglasung.
Führung geht über alle fünf Geschosse
Dinge, die sich die Zuhörer aufmerksam anhören. Dinge, zu denen es auch immer wieder Nachfragen gibt. Je weiter die Führung aber durch die fünf Geschosse geht, desto öfter kommen Ausrufe des Staunens. „Nach oben wird es immer besser“, hatte Monika Gehweiler anfangs angekündigt. Der Blick aus dem Bürgermeisterbüro, die Atmosphäre im großen Sitzungssaal haben manchen beeindruckt. Im Dachgeschoss bemerkt Suse Hepfer: „Da kommen wir nie wieder hin.“ Genauso wenig wie auf die Terrasse, die nur bei Veranstaltungen für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Kein Wunder also, dass alle die Aussicht – auch wenn diese am frühen Abend etwas diesig ist – genießen.


Umzugstermin ist Ende November
Die Innenarbeiten sind so gut wie abgeschlossen. Der Außenbereich und die Klinkerfassade sind noch in Arbeit. Der Umzugstermin ist auf Ende November terminiert. „In diesem Jahr“, fragt Johannes Knittel. Monika Gehweiler lacht. „Ja“, antwortet sie voller Überzeugung.