100 Tage von der Blüte bis zur Ernte – diesen Zeitraum gibt Tobias Keck, Geschäftsführer des Winzervereins Hagnau, an. „Mittlerweile eher 90“, fügt Markdorfs Rebmeister Hubert Gutemann hinzu. Fest steht, da sind sich die beiden Männer beim Gespräch in der Wanger Halde einig, dass die Weinlese immer früher startet. Wann genau es dieses Jahr los geht, können sie noch nicht sagen, voraussichtlich in den nächsten acht bis zehn Tagen.
Bei einer Rebschau mit rund 30 Winzern werden die Rebstöcke durchgesehen, der Zustand der Trauben begutachtet und gemeinsam festgelegt, wann mit der Lese begonnen wird. „Gerade ist noch Geduld angesagt“, sagt Tobias Keck. Das falle derzeit leicht, weil die Wetterprognose gut sei. Jetzt zählt eine stabile trockene Hochdrucklage, jeder Sonnentag bringt Oechslegrade. Das ist die Maßeinheit für das Mostgewicht. Mit einem Refraktometer misst Hubert Gutemann den Zuckergehalt im Traubenmost, ein wichtiges Qualitätskriterium für Wein. „Noch ist Luft nach oben“, so Gutemann, heißt: der Oechslegrad kann noch steigen.

Trockenheit und Sonne kurz vor der Lese
Die Hitze macht den Reben nichts aus – die Trockenheit und viel Sonnenstein tut ihnen gut. Und auch als der Sommer Ende Juli/Anfang August eine Pause einlegte und es kälter wurde, hatte das keine großen Auswirkungen. Problematischer sei da dagegen das regnerische Wochenende um den 26./27. August gewesen. „Im Frühjahr ist Regen gut, so wenige Wochen vor der Lese eher weniger“, sagt Tobias Keck. Sonst besteht die Gefahr, dass die reifen Trauben aufplatzen und zu faulen beginnen. „Da muss man dann schnell reagieren“, sagt Keck. Ab Anfang September könnte immer Tag X sein, an dem die Lese startet. Doch nun habe sich die Wetterlage wieder geändert und es konnte Entwarnung gegeben werden.

Winzerverein Hagnau strukturiert die Anlagen um
Der Winzerverein Hagnau hat die Markdorfer Rebanlagen von der Stadt vor fünf Jahren gepachtet. Seitdem wurde viel in die Weiterentwicklung und Umstrukturierung der Rebanlagen investiert. „Es dauert alles seine Zeit“, sagt Geschäftsführer Tobias Keck. So brauchen die Jungreben einige Jahre, bis sie Ertrag bringen. Und die Jungreben brauchen zu Beginn viel Wasser, weil die Wurzeln noch nicht so tief sind. „Hier müssen wir mit Bewässerung nachhelfen, da die Frühjahre nicht mehr so regnerisch sind, wie früher“, erklärt Hubert Gutemann. Die vierjährigen Ruländer haben sich gut entwickelt, die Unter-Dreijährigen brauchen noch, da sie keinen so guten Start hatten. Hubert Gutemann musste hier wieder einiges zurückschneiden.

Sortenangebot bleibt unverändert
An der Wanger Halde werden auf sieben Hektar die Sorten Müller-Thurgau, Spätburgunder, Weißburgunder, Ruländer und Kerner angebaut. „Das Sortenangebot wird auch gleich bleiben“, sagt Tobias Keck. Zwar gibt es neuere Rebsorten, wie beispielsweise den Souvignier gris, eine pilzwiderstandsfähige Weißweinsorte, die 1983 am Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg neu gezüchtet wurde. „Souvignier Gris ist eine unkomplizierte Rebsorte, die keinen bis minimalen Pflanzenschutz benötigt“, so Keck. Aber die Weine müssten sich auch verkaufen lassen. Pflanzenschutz sei in diesem Jahr kein großes Thema gewesen, so Gutemann. Die Situation sei „sehr entspannt“ gewesen.
Winzer setzen vor allem auf die Qualität
Das „A und O“ beim Wein sei laut Tobias Keck die Qualität. Davon habe der Markdorfer Wein sehr viel und sei auch schon ausgezeichnet worden. Auf rund 6,5 Hektar findet die Lese statt, die voraussichtlich bis Mitte Oktober geht. Wenn sich Keck und Gutemann umsehen, freuen sie sich auf die Zeit. „Die Rebanlagen sind grün und mit prallen Trauben gefüllt“, so Keck, der schätzt, dass rund 35.000 Stöcke in Handarbeit gelesen werden. Das Ertragsziel bei den Burgundersorten liegt bei 90 bis 100 Kilogramm pro 100 Quadratmeter; beim Müller-Thurgau, mit dem die Lese beginnt, bei rund 110 Kilogramm. Hubert Gutemann rechnet mit einem Gesamtertrag an der Wanger Halde mit bis zu 60.000 Kilogramm. Das entspricht ungefähr 45.000 Liter Wein.

Markdorfer Wein soll bekannter werden
Der Winzerverein Hagnau vermarktet den Markdorfer Wein auch und möchte diesen bekannter machen. Markdorf sei für seinen Wein nicht so bekannt, wie beispielsweise Hagnau oder Meersburg, so Tobias Keck. „Aber wir arbeiten daran, den Bekanntheitsgrad zu steigern“. So wird beim Markdorfer Stadtfest der Wein ausgeschenkt und auch beim Markdorf Open Air sei er im Angebot gewesen. Bei Letzterem sei allerdings noch kein Wein-Wetter gewesen.
Der Winzerverein bietet regelmäßig Führungen und Verkostungen mit Rebmeister Hubert Gutemann an, Anfang Juli fand zum ersten Mal eine Markdorfer Tafel in der Wanger Halde statt. Tobias Keck würde sich freuen, wenn mehr Markdorfer Gastronomen den Wein aus der eigenen Stadt ins Sortiment aufnehmen würden. Über weitere Veranstaltungen mache man sich durchaus Gedanken, noch sei aber nichts spruchreif.
Nach dem Meersburger Weinfest, das am Wochenende vom 8. bis 10. September stattfindet, gilt die Konzentration dann der Lese. Tobias Keck ist zuversichtlich in „kurzer Hose“ wimmeln zu können. Das sei auch schon anders gewesen, erinnert sich der Geschäftsführer.