Meersburg ist im Sommer ein Magnet für Touristen. Und im Winter, wenn sie fort sind, holen die Narren die Welt da draußen einfach zu sich auf die Bühne. Sei‘s ein stimmgewaltiger Kosakenchor (Narrenrat), sei‘s die Reeperbahn, die der Fanfarenzug an den Bodensee verlegt. Doch auch Lokalkolorit schillert in allen Schattierungen. Die Themen reichen vom ewigen Kampf mit den umliegenden Dörfern über die neueste Service-Idee der Sparkasse bis zum Frauen-Flashmob auf dem Marktplatz.
Bürgermeister erntet kaum Kritik
Der Bürgermeister liefert allerdings nach wie vor wenig Lästermaterial. Robert Scherer ist als Space-Taxi kostümiert und erinnert damit an sein Versprechen, beim anvisierten Bürgermobil selbst Chauffeurdienste zu übernehmen. Scherer muss kaum Kritik einfahren – sondern nur seinen neuen Dienstwagen, einen Hybrid-Audi. Der „blaue Blitz“ gibt reichlich Stoff – allerdings nur für Frotzeleien und nicht auf der Straße, wie die freche Dachsfamilie (Waibel) behauptet.
Stand in früheren Jahren oft das jeweilige Stadtoberhaupt am heftigsten unter Beschuss, ist es dieses Jahr ein neuer Gemeinderat, vor dessen Einflüsterungen gleich mehrfach gewarnt wird. So vom Fridolin (Peter Schmidt), der nach zwei Jahren im Ruhestand „omol no“ kommt, denn „s‘druckt me“. Er beschwört das Publikum: „Schau dich nicht um, der Dörrlemann geht um, schließt eure Fenster und Türen und lasst euch nicht verführen.“ Auch die Feldzüge der Stettener B-31-Kontrahenten, die neue „Live-Büchs“ der Sparkasse und das in Meersburg grassierende Facebook-Fieber treiben den unnachahmlichen Fridolin um.
Kosaken warnen vor Ausgabenpolitik
Kritische Töne gibt es ebenfalls zur städtischen Ausgabenpolitik. So warnt der Kosakenchor zur Melodie von „Wenn ich einmal reich wär“ vor übersteigertem Wunschdenken und dem Ausverkauf der Heimatstadt. Mit dem fiskalbewussten Chorfinale schließt sich thematisch ein Kreis. Denn bereits eingangs hat Zunftmeister Norbert Waßmer vorgerechnet, dass man für die 85 500 Euro, die die neuen Sitzbänke am BSB-Hafen kosteten, das Allerlei bis ins Jahr 9145 besuchen könnte.

Und was man für diese derzeit zwölf Euro Eintritt alles bekommt, ist eigentlich unbezahlbar: Waßmer und die charmante Klaudia Raschke, die zum ersten aber hoffentlich nicht letzten Mal ansagt, präsentieren ein pralles Programm, für das rund 120 Akteure auf, vor und hinter der Bühne ehrenamtlich arbeiten.

Beginnend mit dem Narrensamen, der, einstudiert von Daniela Kümmerli und Birgit Oswald, zu Disco-Mucke tanzt. Danach hält Narrenbüttel Niklas Bergmoser erstmals einen kurzen, knackigen Prolog zum Stadtgeschehen. Die Blues Sisters des TuS-Jugendzirkus‘ Meerolino unter der Leitung von Ina Best begeistern als athletische Schwestern der Blues Brothers mit akrobatischen Einlagen.
Weitere sportliche Höhepunkte
Auch die Familie Dachs zeigt sich anschließend sportlich und geht baden, inklusive (Lach-)Yoga am Strand. Landgang in Meersburg haben die leichten Matrosen und Mädchen des Fanfarenzugs, spektakulär inszeniert von Moni Mayer. Doch selbst wenn dort und anderswo die Welt noch so verrückt spielt: Einer bleibt ruhig, der Karle (Charly Keller). Nicht mal Frieda (Hubert Weber), die von ihrem Gustav vor die Tür gesetzt wurde, kann ihn aus der Ruhe bringen.

Frieda sucht ebenso einen neuen Kerl wie Monja (Endress). Die ist mit ihrem Kumpel Basti (Schmäh), mit dem sie zehnjähriges Bühnenjubiläum feiert, in der Steinzeit gelandet, in der sie bereits über die Genderdebatte verhandeln.

Echt urig! Doch passen Frauen und Männer überhaupt zusammen? Allein schon beim Duschen verhalten sie sich doch völlig unterschiedlich, wie die Burghexen spritzig vorführen. Kontrastreich geht es auch beim Dancebattle der HipHop-Gruppe der Tanzsportfreunde zu, wo Schwarz gegen Weiß antritt. Hingegen tanzt bei der Garde, geleitet von Sophia Carloni, keine aus der Reihe, auch nicht in einer Wildwest-Choreographie.