Die Meersburg Therme steht nach mehreren Betreiberwechseln, jahrelangem Investitionsstau und Personalmangel vor Problemen. Der Verlust 2019 wird voraussichtlich 673.200 Euro betragen. Ein Grund dafür ist die Erhöhung der Personalkosten 2018 um 480.000 Euro.

Bürgermeister Robert Scherer (links) unterhält sich mit Betriebsleiter Fabian Dalmer über erforderliche Schritte, um die Meersburg ...
Bürgermeister Robert Scherer (links) unterhält sich mit Betriebsleiter Fabian Dalmer über erforderliche Schritte, um die Meersburg Therme in die Zukunft zu führen. | Bild: Sylvia Floetemeyer

Noch im Juli 2018 hatte sich der Gemeinderat über die Therme-Bilanz 2017 gefreut, weil der darin vorgelegte Verlust unter der Grenze von 300.000 Euro liege, die man sich pro Jahr gesetzt habe. Diese Zahl sieht nun ganz anders aus im ersten Wirtschaftsplan der neuen Meersburg Therme Betriebsgesellschaft mbH & Co. KG, in die die Stadt den einstigen Eigenbetrieb 2018 umwandelte.

Das könnte Sie auch interessieren

Dabei möchte man mit diesem Schritt doch erreichen, „das Ergebnis wirtschaftlicher zu gestalten, den Zuschussbetrieb zu reduzieren“, wie Bürgermeister Robert Scherer im Januar 2018 gesagt hatte. Die Entscheidung, die Therme in die eigene Hand zu nehmen, sei richtig gewesen, bekräftigte Scherer nun im Gemeinderat. Er sehe sie „als Chance, um die Therme zu retten“.

Das könnte Sie auch interessieren

Man habe sie getroffen, weil man gemerkt habe, „dass einiges aus dem Ruder läuft“, sagt Scherer anschließend im Gespräch mit dem SÜDKURIER. So litt der Bäderbetrieb in den vergangenen Jahren stark unter Personalmangel, weshalb zum Beispiel das Freibad 2018 erst ab 1. Juli ganztägig öffnen konnte.

Verstärkung des Personals

Der hohe einkalkulierte Verlust 2019 sei zum großen Teil der Verstärkung des Personals sowie Gehaltserhöhungen geschuldet, so Scherer. Letztere seien auch nötig gewesen, um Mitarbeiter zu halten. Außerdem sehe man für 2019 auch Investitionen in Höhe von 230.000 Euro vor.

Zwei Außensaunen im Pfahlbauten-Stil gehören zu den Besonderheiten der Meersburger Therme direkt am Seeufer.
Zwei Außensaunen im Pfahlbauten-Stil gehören zu den Besonderheiten der Meersburger Therme direkt am Seeufer. | Bild: Sylvia Floetemeyer

Damit sei es aber nicht getan. In den kommenden Jahren wird man laut Scherer sowie Geschäftsführerin Cornelia Maywald einen Millionenbetrag in die Therme stecken müssen, um sie attraktiv und wettbewerbsfähig zu halten. Eine genauere Summe zu nennen, wäre „noch unseriös“, sagt Maywald.

Gutachten über technischen Zustand abwarten

Denn zunächst müsse man das Gutachten über den technischen Zustand der Therme abwarten, das Ende Mai fertig sein solle. Erst dann könne man auch eine Mängelliste vorlegen, wie sie Boris Mattes (SPD) in der jüngsten Ratssitzung vehement gefordert hatte. Darüber hinaus werde man mehrere Zukunftsmodelle entwickeln und vorstellen, so Maywald weiter.

Das könnte Sie auch interessieren

Die neue Geschäftsform ermögliche es, flexibler und schneller zu reagieren als ein Eigenbetrieb, sagt Scherer. Außerdem sei sie vorsteuerabzugsberechtigt. Aber hätte die Stadt nicht schon viel früher reagieren müssen? „Das wäre besser gewesen“, meint der Bürgermeister, der seit zwei Jahren im Amt ist.

Bürgermeister hält sich mit Schuldzuweisungen zurück

Mit Schuldzuweisungen hält er sich aber zurück. Die früheren Zahlen seien „nicht vollumfänglich nachvollziehbar gewesen“, formuliert er vorsichtig. So teile man jetzt die Kostenstellen Sauna, Therme, Freibad genau auf, während sie vorher vermischt gewesen seien.

92.277 Besucher waren 2018 in der Therme in Meersburg.
92.277 Besucher waren 2018 in der Therme in Meersburg. | Bild: Sylvia Floetemeyer

Außerdem könne eine Betreiberfirma, die mehrere Bäder leite, Kosten besser ausgleichen. Darüber habe man sich auch erst klar werden müssen, räumt Scherer ein. „Wir hatten nicht alle Infos und sind auch noch nicht am Ende“ mit der Aufarbeitung. Er betont: „Wir haben einen komplett neuen Laden. Das kann nicht von Anfang an rund laufen.“ Er sei aber hoffnungsvoll, versichert Scherer und nennt positive Aspekte: So stieg der Gesamtumsatz der Therme 2018 trotz rückläufiger Besucherzahlen um 110.000 Euro.

Große Werte im Rücken

Auf die Frage, wie groß das Risiko sei, dass es die Therme in zehn Jahren nicht mehr gebe, antwortet Scherer: „Gering.“ Zum einen habe sie große Werte, etwa an Grundstücken und Gebäuden, im Rücken. „Wir leben nicht von der Hand in den Mund.“ Zum anderen wolle man nun gleichzeitig investieren und wirtschaftlicher werden.

Das könnte Sie auch interessieren

Was Letzteres angehe, seien „Energie und Einkauf zwei große Themen“. Da gebe es bereits erste Erfolge. So habe man für 2019 mit zwei Lieferanten Kundendienstverträge geschlossen, die 52.500 Euro einbrächten. Diese Vergütungen wolle man für neues Mobiliar verwenden. Was den Energieverbrauch angehe, sei durch die neue Lüftungsanlage eine Reduzierung zu erwarten. In puncto Personal sei man jetzt gut aufgestellt: „Das, was wir da tun mussten, haben wir getan.“

Geschäftsform und Geschichte

  • GmbH & Co. KG seit 2018: Ihren früheren Eigenbetrieb Meersburg Therme, zu der auch das Freibad gehört, wandelte die Stadt 2018 in eine Betriebsgesellschaft mbH & Co. KG um. Stammkapital: sechs Millionen Euro. Die Bilanz 2017 wies eine Bilanzsumme von 17,2 Millionen Euro auf, davon 11,6 Millionen Euro Stammkapital. Das Anlagevermögen der Therme belief sich Ende 2017 auf rund 15,7 Millionen Euro. Eine GmbH & Co. KG hat die Eigenschaft, dass keine natürliche Person mit ihrem privaten Vermögen haften muss. Denn der persönlich haftende Gesellschafter dieser Geschäftsform ist die GmbH. Die Stadt Meersburg gründete parallel – wohl um ihr Vermögen zusätzlich zu schützen – eigens noch eine zweite (Verwaltungs-) GmbH, die diese Rolle der „Vollhafterin“ übernimmt und deren Stammkapital lediglich 25.000 Euro beträgt. Die Frage nach der Haftung im Falle einer Insolvenz „stellt sich für die Therme derzeit aber überhaupt gar nicht, da die Kapitalausstattung ausreichend ist“, so Stadtkämmerin Heike Sonntag auf Nachfrage. Sonntag und Cornelia Maywald sind die Geschäftsführerinnen der beiden GmbHs. Die jeweilige Gesellschafterversammlung besteht aus der Stadt, vertreten durch den Bürgermeister, und den zwei Geschäftsführerinnen. Der Gemeinderat kann auf eine GmbH viel weniger Einfluss nehmen als auf einen Eigenbetrieb. Er entsendet lediglich Vertreter in den Aufsichtsrat. Auch kann er etwa, wie gerade geschehen, den Bürgermeister beauftragen, als Vertreter der Stadt, in den Gesellschafterversammlungen den Wirtschaftsplänen zuzustimmen. Der Aufsichtsrat tagt nichtöffentlich und kann in der Regel nur Empfehlungen abgeben. Derzeit gehören ihm an: Bürgermeister Robert Scherer als Vorsitzender sowie die Gemeinderäte Peter Schmidt, Werner Endres und Julia Naeßl-Doms von der CDU, Wilfried Wodsak (FW), Michael Gilowsky (Umbo), Boris Mattes (SPD), Monika Biemann (Umweltgruppe), Christine Ludwig (Grüne).
  • Die Meersburg Therme eröffnete im September 2003. Die Baukosten für das Projekt betrugen 13,5 Millionen Euro. Die Betriebsführung des damaligen Eigenbetriebs vergab die Stadt an die Firma GMF, die bei der Neuausschreibung 2010 ihrem einzigen Mitbewerber „g1“ unterlag. Letztere meldete im Juli 2012 Insolvenz an, die Stadt trennte sich daraufhin von der „g1“, führte die Therme erst selbst weiter und vergab die Betriebsführung dann im Sommer 2014 an die „monte mare Bäder-Betriebsgesellschaft mbH“. Im September 2017 beschloss der Gemeinderat, deren Vertrag, der Ende Juni 2018 auslief, nicht zu verlängern und den Eigenbetrieb in eine Betriebsgesellschaft mbH & Co. KG umzuwandeln. Seit ihrer Eröffnung vor über 15 Jahren wurde die Therme in Meersburg mehrfach erweitert und teilsaniert.

Stimmen aus dem Gemeinderat

Heiß diskutierte der Gemeinderat die Wirtschaftspläne der beiden Therme-Gesellschaften, bevor das Gremium den Bürgermeister beauftragte, in den Gesellschafterversammlungen den Zahlenwerken zuzustimmen. Der nichtöffentlich tagende Aufsichtsrat hatte dies bereits mehrheitlich empfohlen. Boris Mattes (SPD) und Christine Ludwig (Grüne) verweigerten dem Wirtschaftsplan der Betriebsgesellschaft ihr Plazet.

  • Boris Mattes (SPD) monierte: „Ohne eine Mängelliste ist eine verlässliche Planung nicht möglich. Es sind nicht die Zahlen, die mich so wütend machen, sondern dass die Erhebung der Missstände bis jetzt nicht erfolgt ist.“
  • Christine Ludwig (Grüne): „Ich bin nicht erstaunt über den großen Verlust. Ich dachte schon, dass Leichen aus dem Keller kommen, wenn wir die Therme selber übernehmen. Es geht nicht, dass wir momentan nicht wissen, wie der Zustand der Therme ist.“
  • Markus Waibel (FW): „Wir mussten uns doch im Klaren sein, wie’s dort unten ausschaut. Jetzt bleibt’s an uns hängen. Ich nehme aber die neue Geschäftsführung etwas in Schutz. Wir verlangen von ihr jetzt das, was die Vorgänger nicht gebracht haben.“
  • Peter Schmidt (CDU): „Diese Diskussionen bringen uns nicht weiter. Wir müssen gucken, dass wir die Therme am Laufen halten. Wir haben derzeit keine Lösung. Vielleicht müssen wir die Therme neu aufstellen, und uns zunächst überlegen: Was wäre uns für 2020 wichtig?“
  • Peter Krause (Umbo): „So ein Bad häutet sich alle sieben Jahre, hieß es bei der Eröffnung. Es gab seither aber einen immensen Verschleiß und man hat zu wenig investiert. Die Mängel sind nicht im letzten Jahr entstanden. Jetzt müssen wir in den sauren Apfel beißen oder aufhören.“
  • Monika Biemann (Umweltgruppe): „Ich empfehle, dem Wirtschaftsplan zuzustimmen. Ein wichtiger Grund dafür ist: Die Geschäftsführung will einen Check-up machen lassen und das ist nur dann möglich, wenn wir den Plan verabschieden.“