Die geplante Kelterei des Winzervereins in der Mesmerstraße, von der laut eines Gutachtens keine unzumutbare Lärmbelästigung ausgehen wird, ist einen Schritt näher gerückt: Der Gemeinderat billigte einstimmig den geänderten Entwurf und beschloss die erneute Offenlage des vorhabenbezogenen Bebauungsplans – „jetzt mit vollständigen Unterlagen“, wie Stadtplaner Helmut Hornstein betonte.

Der Winzerverein verlegte die Traubenannahme auf die Ostseite des künftigen Betriebs, nachdem eine Wohnungseigentümergemeinschaft aus dem Hechtweg gegen die ursprüngliche Planung Stellung bezogen hatte.
Anwohner befürchteten Lärmbelästigungen
Östlich des neuen Gebäudes entstehe auch eine Fahrspur, auf der sich anliefernde Fahrzeuge aufstellen könnten. Die Anwohner befürchten, dass es zu Lärmbelästigungen sowie, während der Annahme des Leseguts im Herbst, zu einem Rückstau in der Mesmerstraße und Verkehrsbehinderungen kommen könne. Sie bemängelten unter anderem das Fehlen eines Lärmgutachtens.
Die Stadt beauftragte daraufhin den Winzerverein, ein solches erstellen zu lassen. Das Gutachten liegt nun vor und kann von den Bürgern bei der erneuten Offenlage ebenfalls eingesehen werden. Sein Ergebnis: Auch bei einer ganztägigen ununterbrochenen Tätigkeit auf dem Betriebsgelände in Form von Anlieferungen und Verladearbeiten würden die Immissionsrichtwerte für ein „Allgemeines Wohngebiet und Mischgebiet“ deutlich unterschritten.
„Schallschutzmaßnahmen sind nicht erforderlich“, unterstrich Hornstein. Zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens dürfen, wie überall, keine Arbeiten stattfinden. Ausnahmen gebe es auch für die Landwirtschaft selbst während der Ernte nicht, meinte Hornstein auf Nachfrage aus dem Rat.
Auch eine artenschutzrechtliche Einschätzung liegt vor
Auch eine artenschutzrechtliche Einschätzung liegt nun vor und wird ebenfalls offengelegt. Sie kommt zum Schluss, „dass nach derzeitigem Erkenntnistand artenschutzrechtliche Verbotstatbestände nicht zu befürchten sind“. Von besonderer Bedeutung seien vor allem die Wiesenfläche im Osten des Plangebiets und einzelne Obstbäume, die erhalten werden müssen, sowie das im Norden angrenzende geschützte Biotop „Hecke beim Siechenweiher“.
Letzteres sei während der Bauzeit zu schützen. Als weitere Ausgleichsmaßnahmen, die der Winzerverein tragen muss, sind unter anderem die Umwandlung einer Ackerfläche in eine Streuobstwiese vorgesehen sowie Nisthilfen für Nischenbrüter.

Magdalena Malin (Umbo) und Markus Waibel (FW) befürchteten, dass der Landwirtschaftsweg während der Lese zu schmal sei. Bauamtsleiter Martin Bleicher sah da kein Problem: „Das ist eine rein organisatorische Geschichte.“
Martin Brugger, Peter Schmidt und Julia Naeßl-Doms (alle CDU) konnten es nicht fassen, dass es nicht einmal während der Ernte Ausnahmen vom Nachtruhegebot gebe. Schmidt meinte: „Das ist eben Landwirtschaft, die Trauben müssen rein. Wir sind eine Weinbauregion.“ Naeßl-Doms sagte: „Wenn es auf dem Schlossplatz ein Fest gibt, rufe ich doch auch nicht um 22 Uhr die Polizei an.“ Bürgermeister Robert Scherer bekräftigte: „Es gibt keine Ausnahmeregelung“, die der Winzerverein auch gar nicht wolle. Scherer: „Ich denke, er will sich auch nicht angreifbar machen.“
Keltereiverlagerung
Das bisherige Keltereigebäude in der Unterstadt unterhält der Winzerverein seit 96 Jahren. Er hatte es am 26. März 1923 für „inflationsangepasste 1,8 Millionen Reichsmark“ gekauft. Das Anwesen ist vor allem im Herbst, wenn die Trauben angeliefert werden, zwar eine Touristenattraktion, für die Winzer, die es nur mit Kleinfahrzeugen anfahren können, aber immer mehr eine Herausforderung. Deshalb soll die Kelterei in die Nähe des Wein- und Kulturzentrums verlegt werden, das 2003 am Rande der Oberstadt entstand. Damals auch gleich die Kelterei dorthin zu verlegen, habe man sich schlicht nicht leisten können, sagt Martin Frank, Geschäftsführer des Winzervereins.
Neue Kelterei soll 2021 in Betrieb gehen
Martin Frank ist Geschäftsführer des Winzervereins Meersburg.
Sie haben Ihre Planung nach Einwänden von Anwohnern verändert?
Ja, nach einem Gespräch mit drei Anwohnern vom Hechtweg, darunter ein pensionierter Architekt, der den Vorschlag machte, unsere Traubenannahme an die Ostseite der künftigen Kelterei zu verlegen. Das war möglich, wenn auch mit Mehraufwand und dank eines Nachbarn, der uns die Überfahrt über sein Grundstück erlaubt.
Um 22 Uhr muss Ruhe sein, auch während der Erntezeit. Kommt der Winzerverein damit klar?
Absolut. In den letzten vier Jahren – bei durchschnittlich 22 Lesetagen – waren wir spätestens um 21 Uhr mit der Traubenannahme fertig.
Unterm Jahr wollen Sie in der neuen Kelterei etwa auch Weinproben anbieten. In welchem Umfang?
In ähnlichem Rahmen wie bisher in der Unterstadt, wo wir dienstags, mittwochs und donnerstags von 17 bis 18 Uhr eine „flüssige Kellerführung“ anbieten. Ich denke sogar, es wird eher weniger als mehr, da wir in der Mesmerstraße, anders als in der Unterstadt, keine Laufkundschaft haben werden. Auch die Befürchtungen der Anwohner, am neuen Standort eine Gastronomie zu betreiben, kann ich entschlossen verneinen.
Ist der Zufahrtsweg breit genug?
Sicher. Wir sind ja mit dem Hauptgebäude auch vom Weg abgerückt. Unterm Jahr brauchen wir diesen Landwirtschaftsweg, auf dem ich auch nicht viel „Begegnungsverkehr“ erwarte, gar nicht, nur während der Traubenanlieferung im Herbst.
Ursprünglich wollten Sie 2020 die erste Lese in der neuen Kelterei abliefern, wie sieht der Zeitplan jetzt aus?
Wir hoffen jetzt, dass wir Mitte 2020 mit dem Bau starten können und 2021 die erste Lese dort abliefern können.