Die geplante Anhebung der Kinderbetreuungsgebühren hat der Gemeinderat mit acht Ja- zu sieben Neinstimmen um ein Jahr verschoben, nachdem die Fraktionen der SPD und der Grünen das beantragt hatten. Anna-Lena Murzin (Grüne) hatte den Antrag im Auftrag der beiden Gruppierungen, denen insgesamt vier Ratsmitglieder angehören, vorgetragen. Er beinhaltet auch den Wunsch, dass die Verwaltung den Elternbeirat einbeziehen solle, um, so Murzin, „ein Modell zu entwickeln, das tragbar ist“.
Gebühren sind im Vergleich hoch
Rund ein Dutzend Eltern verfolgten die Sitzung. In deren Vorfeld hatte der Elternbeirat in einem Brief an Verwaltung und Gemeinderäte darum gebeten, die Erhöhung um ein Jahr auszusetzen. Denn, so schreibt der Beiratsvorsitzende Michael Kovermann, die Betreuungsgebühren seien in Meersburg im Vergleich zu anderen Gemeinden sehr hoch und Familien bereits durch die ebenfalls hohen Mietpreise in der Stadt belastet. Hinzu kämen nun weitere Belastungen aufgrund der Pandemie wie Kurzarbeit, Einnahmenausfälle durch Schließungen von Geschäften und Absagen von Veranstaltungen. „Aus diesen Gründen scheint uns eine Gebührenerhöhung derzeit unangemessen“, so der Elternbeirat.
Rechenbeispiele: So hätte sich die Erhöhung ausgewirkt
Die knappe Entscheidung des Rats, dieser Bitte zu entsprechen, sorgte allseits – im Gremium, bei der Verwaltung und den Zuschauern – für Überraschung – und bei den Unterlegenen teils für Verärgerung. Doch in beiden Lagern des Rates gab es auch Verständnis für die Seite der Eltern wie der Kommune. Zwar folgte nach dem Votum keine übliche Diskussion, doch einige Räte erklärten ihre Position. So versicherte Markus Waibel (FW), er verstehe, dass es Härtefälle gebe. Aber er finde die Vorlage der Verwaltung perfekt. Man dürfe nicht vergessen: „Wir machen auch viel für den Kindergarten“, der gerade erweitert wird.

Peter Schmidt (CDU) unterstrich ebenfalls: „Wir haben den Kindergarten nie im Stich gelassen.“ Er erwarte im nächsten Jahr ein größeres Problem für den städtischen Haushalt und finde es nicht in Ordnung, den Punkt einfach zu verschieben. Georg Dreher (CDU) meinte, 2021 dürfte die Finanzsituation nicht besser sein und dann müsse man „einen noch größeren Ruck machen oder die Leistung im Kindergarten zurückfahren.“
„Die Stadt trifft die Situation auch hart“
Christian Herter (Umbo) sagte, er könne die Argumente der Eltern nachvollziehen. „Doch die Stadt trifft die Situation auch hart. Wenn wir das schieben, wird das Loch nicht kleiner.“ Boris Mattes (SPD), der Kindergartengebühren generell ablehnt, betonte ebenfalls, er könne die Vorlage nachvollziehen. „Aber das grundlegende Problem ist damit nicht gelöst.“ Denn Bildung sei eigentlich Ländersache und nach dem Konnexitätsprinzip dürfte das Land die Kosten dafür nicht einfach an die Gemeinden weiterreichen, was es aber tue.
Tatsächlich führt das gerade in puncto Kinderbetreuungsgebühren dazu, dass kommunale Vertreter, die sowohl die Finanzen der Bürger als auch der Stadt schonen wollen, regelmäßig vor einem Dilemma stehen.
Um welche Zahlen geht es?
Doch um welche Zahlen geht es hier eigentlich konkret? Der Städte- und Gemeindetag und die Kirchen empfehlen den Kommunen, dass die Elternbeiträge 20 Prozent der Betriebsausgaben für Krippen und Kindergärten decken sollen. Derzeit liegt der Deckungsgrad in Meersburg bei 14,1 Prozent. Nach der jetzt aufgeschobenen, zweistufigen Erhöhung wäre er 2022 mit 14 Prozent sogar noch etwas niedriger gewesen. Die Erhöhung der Elternbeiträge hätten der Stadt 2021 und 2022 unterm Strich Mehreinnahmen in Höhe von 18 868 Euro eingebracht – bei Elternbeiträgen von insgesamt 684 786 Euro für beide Jahre.