Meersburg – Auch dieses Jahr hat sich der Meersburger Schlossplatz wieder in ein mittelalterliches Spektakel verwandelt. Beim „Historischen Stadtfest zu Meersburg“ gab es seit Freitag mittelalterliches Handwerk zu bestaunen, den Honigwein Met zu kosten oder handgefertigte traditionelle Gewänder und Waffen zu erwerben. Gaukler und Spielleute unterhielten die zahlreichen Gäste, die Kinder begeisterten Puppentheater und Ritterspiele. Ein volles Programm also, das sowohl Familien als auch zahlreiche „Gewandete“ anzog – also Freunde des Mittelalters, die sich entweder in möglichst authentischen oder auch völlig freien Phantasiegewändern zeigten.

Über beide Gästegruppen freut sich Simone Keil vom Ulmer Veranstalter Südevent, der das Mittelalterfest bereits zum dritten Mal ausgerichtet hat. „Viele kommen auch deshalb hierher, um sich mit authentischen Utensilien zu versorgen“, weiß die Eventmanagerin, die selbst in der Mittelalter-Szene zu Hause ist und bereits seit 17¦Jahren das „Mittelalter Spektakel zu Ulm“ im Kloster Wiblingen veranstaltet. Der Ulmer Verein KTB, der das Fest ursprünglich ins Leben gerufen hat, betrieb lange Jahre sogar eine Schwertkampfschule. Aus dem Verein ist mittlerweile Südevent hervorgegangen. „Das Ganze ist so groß geworden, dass es für einen Verein nicht mehr zu stemmen war.“

Und weil Simone Keil bestens vernetzt ist in der Szene, habe man auch feinstes Handwerk „in Museumsqualität“ nach Meersburg gebracht. Die Keramikerin Anna Axtmann zum Beispiel fertigt normalerweise gemeinsam mit Archäologen originalgetreue Repliken historischer Keramik, etwa für Museen oder Living-History-Projekte. Der „Lirenmacher“ Fritz Hirsch alias „Meister Friedrich“ stellt historische Drehleiern her und drechselt auf einer Wippbogendrechselbank, die wohl schon im 11.¦Jahrhundert erfunden wurde. Etwas weiter schlägt ein ungarischer Mollenhauer mit einem speziellen Beitel Mollen aus Pappelholz, also Holzmulden, wie sie etwa zum Backen oder auch Schlachten verwendet werden. Und nebenan schmiedet der Lindauer Hobbyschmied Hannes Stahlanker für die Markttaverne. Alles muss hier authentisch sein, Materialien, Werkzeuge, Arbeitstechniken. Auf große Begeisterung stößt unterdessen die Waffenschau von Ulrich Steinhauser und Markus Pauly von Historia Perita. Die bayerischen Mittelalter-Fans sammeln privat allerlei Waffen und touren damit seit Jahren über Märkte. Höhepunkt sind ihre imposanten und unterhaltsamen Schwertkampfvorführungen.

Zu den Besonderheiten des Spektakels dürfte aber auch die ostdeutsche Mittelalter-Band Corvus Corax gehören. Sie nennen sich selbst „Könige der Spielleute“ und spielen unter anderem auf dem Wacken Open Air. Für ihre Fans sind sie so etwas wie „die Rolling Stones der Mittelalter-Szene“, wie einer sagt. Prägendes Instrument der rhythmisch-treibenden Musik ist die „Sackpfeife“. Was manch einem nach Schimpfwort klingt, ist offenbar ein mittelalterlicher Vorläufer des Dudelsacks. Eine weitere Mittelalter-Band, Bakchus, kommt eigens aus Tschechien angereist, Metverkäufer Pavel stammt aus Polen, ein junges Mädchen aus Budapest bietet Ocarina, ungarische Tonflöten, feil. Bekannt in der Szene sind ebenso die Gaukler Forzarello, Nikodemus oder Narrenkai. Mit dabei sind auch wieder die Cavalieri di Santa Fina, der Fanfarenzug aus Meersburgs Partnerstadt San Gimignano. Und was sagen die Besucher zu all dem Spektakel? Max Gaßner und Marcel Strohhacker sind eigens aus Buchloe bei Landsberg angereist. Die beiden Freunde fahren in ihren etwas martialisch wirkenden Fantasy-Kostümen nach eigener Auskunft zu fast jedem Mittelalterfestival im Umkreis von 200 Kilometern. „Tolle Kulisse hier“, finden sie. Insgesamt rechnet Veranstalterin Simone Keil mit rund 6500 bis 7000 Gästen. „Vieles hängt vom Wetter ab“, das an diesem Wochenende zumindest halbwegs mitgespielt hat. Dem gegenüber stehen rund 700 Menschen, die auf dem Markt engagiert sind, von den Ausstellern über Musiker, Artisten bis zur Security. „Das ist schon ein gewaltiger Aufwand.“