Frühmorgens hinter der Therme in Meersburg: Eine Taschenlampe leuchtet auf, einzelne Menschen bewegen sich in Richtung Seeufer. Hier wartet bereits Patrick Boche vom Verein Bodensee Openwater, der den an diesem Tag geplanten Schwimmwettbewerb mit seinem Team veranstaltet. „Es ist gerade ziemlich stressig“, sagt er. Nachts habe es gestürmt und der gesamte Aufbau mit Fahnen, Flaggen, Start- und Zielbogen sei umgeweht worden und teilweise im Wasser versunken.
Doch seit einer halben Stunde brummt die Pumpe munter. Sie speist den großen Bogen an Land, durch den gleich die ersten Teilnehmer in den Wettbewerb starten werden, mit Luft. Von dem nächtlichen Sturm ist nichts mehr zu sehen. Sieben von acht registrierten Schwimmern für die Langstrecke des Tages – die doppelte Seequerung mit zehn Kilometern – sind tatsächlich gekommen. Deutlich mehr Schwimmer werden später in Konstanz starten, insgesamt sind es an diesem Tag 110 Teilnehmer.

Noch ist es dunkel über dem See, die Uhr im Start- und Zielbereich leuchtet hell vor dem dunklen Wasser. Boche erklärt das Wichtigste: die Orientierungspunkte für das Ziel auf der anderen Seeseite in Konstanz, die Bojenpflicht für alle und dass für die Wertung der Teilnahme der Weg ins Wasser für alle mit einem Gang über eine Matte beginnt, die die Transponder, die die Teilnehmer tragen, registriert.

Mit dem ersten Sonnenlicht starten die Freischwimmer. Kurz darauf folgt Boche mit dem Motorboot. Auch drüben in Konstanz möchte er die Teilnehmer instruieren und das Startsignal geben.

Ilka Preschel aus Stuttgart gehört zu den Startern in Konstanz. Sie nimmt zum ersten Mal an einem solchen Wettbewerb in Deutschland teil: „Ich habe im Bodensee bisher nur zum Urlaub machen ein bisschen rumgeplantscht. Allerdings habe ich schon an Open-Water-Wettbewerben in Namibia teilgenommen, dann im Meer allerdings.“ Ein echtes Training sei coronabedingt nicht möglich gewesen, da die Schwimmbäder fast nie geöffnet gewesen seien: „Man versucht dann eben, sich zu Hause fit zu halten. Ich bin daher jetzt auch ein bisschen nervös: Fünf Kilometer sind ja schon ein Stück.“

Andreas Wieler aus Schorndorf gehört zu den erfahreneren Schwimmern vor Ort: „Ich bin das zweite Mal hier dabei, vor zweieinhalb Jahren habe ich auch die große Querung mit elf Kilometern mitgemacht.“ An dieser würde er gerne erneut teilnehmen. Angemeldet sei er noch vom vergangenen Jahr, das sei durch die Absage übernommen worden. „Trainieren war aber nicht wirklich möglich“, erklärt Wieler. Daher sei er noch nicht ganz sicher, ob das klappen werde: „Ich strebe es aber an. Die fünf Kilometer gingen aus dem Stand, das habe ich getestet.“ Er sei nach der Wiedereröffnung direkt ins Freibad gegangen.

Ulrike Samsel bezeichnet sich als Anfängerin, denn: „Eigentlich laufe ich mehr und mache Triathlon. Ich habe erst als Erwachsene Kraulen gelernt.“ Den Drei-Länder-Marathon sei sie am Bodensee schon gelaufen, als Triathletin habe sie auch schon 3,8 Kilometer im Wasser zurückgelegt: „Das macht Spaß und da die Schwimmbäder geschlossen waren, sind wir sowieso öfter in Seen geschwommen.“ Und so hätten sich ihr Mann und sie nun zur Teilnahme entschieden. Ein bisschen nervös sei sie allerdings schon: „Aber das geht dann, sobald ich im Wasser bin.“

Auch Frank Samsel ist zum ersten Mal dabei. Die längste Strecke, die er schwimmend als Training zurückgelegt habe, sei vier Kilometer lang gewesen. Der Saarländer schildert, dass die Schwimmbäder bei ihnen durchweg geschlossen gewesen seien. „Wir sind zum Trainieren teilweise nach Luxemburg gefahren und haben eben in Seen trainiert, aber das war dann eher Eisbaden.“ Ein Ziel hätten sie sich nicht vorgenommen, nur, „nachher die Fähre zu nehmen“, sagt er und seine Frau ergänzt: „Das Ziel zu finden, das wird sicher nicht einfach.“
Wie auch im vergangenen Jahr bei der ersten Seequerung, die der Verein Bodensee Openwater in Coronazeiten veranstalten konnte, schwimmen die Teilnehmer der aufgehenden Sonne entgegen. Manche blendet diese, anderen dient sie als Orientierungspunkt. So etwa Robert Bretschneider, der nach rund 72 Minuten als erster Schwimmer in Meersburg ankommt. „Es war echt angenehm, kaum Wellen“, sagt er. Für das Training habe er als Profisportler einen entscheidenden Vorteil gehabt: „Da ich im Kader bin, durfte ich im Schwimmbad trainieren.“
Auch Andreas Fath, der direkt nach ihm angekommen ist, hat die Entfernung keine Probleme bereitet. „Ich schwimme sonst in Flüssen und trainiere derzeit für die Donau“, schildert er. Daher habe auch die Schwimmbadschließung seinen Trainingsplan nicht durcheinandergebracht.

„Heute war nur die Orientierung ein Problem: Ich habe fünf Dioptrien und aus Versehen die Schwimmbrille meiner Frau aufgesetzt.“ Seine Taktik sei es daher gewesen, den schnellsten Schwimmer zu suchen und sich „hinten dranzuhängen“. Bretschneider kommentiert: „Das war eigentlich auch meine Idee, weil Orientierung für mich die größte Herausforderung ist, aber das ging ja dann nicht.“ Beide lachen, angekommen sind sie schließlich trotz angeblicher Orientierungsschwierigkeiten als Erste.