Mit wenigen Worten viel sagen: Diese Kunst beherrscht Monika Taubitz so gut wie kaum eine andere. Das weiß auch der Verleger Klaus Isele und darum bot er der vielfach ausgezeichneten Autorin und Meersburger Ehrenbürgerin an, ihre Bodensee-Gedichte neu herauszugeben. Gesagt, getan. Das 2023 erschienene Bändchen „Wellenschrift“ ist somit das jüngste Werk der 86-jährigen gebürtigen Breslauerin. Mit ihrer wohl modulierten Stimme las Taubitz aus diesem und weiteren Büchern im Vineum zum Auftakt der Reihe „Bunte Blätter – Literarischer Herbst in Meersburg“ rund 40 aufmerksam Zuhörenden vor.

Die „Wellenschrift“ zeichnet keine ungetrübten Idyllen auf, sondern hält auch viel Tief- und Abgründiges fest, so eine „Unbequeme Botschaft“: Kriegsgeschrei dröhnt mitten im Glanz eines Föhntags: „Die Toten des Tages wollen gezählt sein, eingelassen in dein Refugium aus Seeblau. Sie fordern, die Häfen eisfrei zu halten.“ Das schreibt eine Autorin, die Krieg und Vertreibung am eigenen Leib erfahren hat. Wie könnte sich so Eine einlullen lassen von Licht und Landschaft, so schön sie scheinen und so schön sie Taubitz auch in Worte fassen kann? Denn nur wer das Schöne sehen kann, bemerkt auch dessen Verlust, so das Fehlen des alten Tulpenbaums auf dem Meersburger Friedhof.

Nur ganz wenige Worte benötigt Taubitz für hochpoetische Bilder, wenn sie etwa in „Novembernebel“ die Gischt der Fähren beschreibt: „Gleich Schwanenfedern, die noch Flügel sein wollen.“ Und in einen einzigen Satz packt sie das Schicksal der Droste nach „Levins Abschied“: „Jemand flicht ihr das flatternde Haar“, zwingt der Dichterin wieder die enge Rolle auf, die ihr als Frau im 19. Jahrhundert zusteht.

In einem weiteren Gedicht steht „Annette vor der Ersteigerung des Fürstenhäusles“, mit dem sie sich einen Traum erfüllte, und das auch Taubitz so viel bedeutet. Jahrzehntelang machte sie dort Führungen und war mit den früheren Besitzern eng befreundet – vor allem mit Helen von Bothmer, aber auch mit ihrem zweiten Mann Karl Freiherr von Bothmer. Sein bewegtes Leben, wie sie es in „Miniaturen der Erinnerung“ festgehalten hat, stellte Taubitz ebenfalls vor. Von Bothmer stammte aus einem deutsch-ungarischen Adelshaus. Als ungarischer Diplomat in Bern gelang es ihm, falsche Pässe zu besorgen und so rund 200 ungarischen Juden zur Ausreise zu verhelfen.

Taubitz‘ „Miniaturen“-Band versammelt 27 Essays über Persönlichkeiten, die sie geprägt haben. Darunter auch die Dichterin Hilde Domin, die als Jüdin einst auch vor den Nazis fliehen musste. Als Domin 1971 den Droste-Preis erhielt – den Helen von Bothmer 1956 begründet hatte – lernte Taubitz sie persönlich kennen und blieb in Kontakt. Domins Porträt las Taubitz ebenfalls vor, außerdem noch einige Gedichte, die sie in Band 5 der Reihe „Poesie Quadriga“ veröffentlicht hat.