Nach der Demonstration im Dezember gegen eine Flüchtlingsunterkunft in Salem, organisiert von der AfD, war das letzte Wort noch nicht gesprochen: In der jüngsten Gemeinderatssitzung übten drei Rätinnen scharfe Kritik an der Veröffentlichung einer Anzeige des AfD-Kreisverbands im redaktionellen Teil des Amtsblatts „Salem aktuell“.

In diesem Beitrag suggerierte die AfD eine Zusammenarbeit mit dem Unternehmer Bernhard Straßer, wogegen sich dieser verwahrte. Dem voraus gegangen war eine Anzeige Straßers in der Vorwoche an gleicher Stelle von „Salem aktuell“, in der er sich für die Unterstützung der Salemer Bürgerschaft und das starke Zeichen gegen Rechts bedankt hatte.

Härle sieht keine Fehler der Verwaltung

GoL-Gemeinderätin Ulrike Lenski forderte in der Ratssitzung eine Richtigstellung, weil die AfD-Anzeige den Ruf Bernhard Straßers schädige. Hier hob Bürgermeister Manfred Härle zur Gegenrede an: „Haben wir Fehler gemacht? Nein, wir haben keine Fehler gemacht.“ Falls doch, dann in dem Moment, als man die erste Anzeige veröffentlicht habe: „Nicht die AfD-Anzeige war ein Fehler, sondern die Straßer-Anzeige.“

„Trotz Bedenken für Veröffentlichung entschieden“

Aus Sorge vor der Reaktion des Gemeinderats und Bernhard Straßers, wenn man die Anzeige ablehne, habe man sich trotz Bedenken für die Veröffentlichung entschieden. Daraufhin habe die AfD angekündigt, ebenfalls eine Anzeige veröffentlichen zu wollen – laut Härle ein berechtigtes Anliegen: „Auch wir in der Verwaltung positionieren uns gegen Hass und Gewalt, aber wir stehen auch für Gleichbehandlung und betreiben keine Ausgrenzung.“ Nach heutigem Wissen würde man allerdings keine der beiden Anzeigen noch einmal bringen.

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Petra Herter (CDU) erklärt, die jüngsten deutschlandweiten Demonstrationen hätten gezeigt, dass die Bürger verstanden hätten, dass man sich gegen die AfD wehren müsse. An dieser Stelle von Gleichbehandlung zu sprechen, finde sie „unglaublich“. Sie gehe davon aus, Straßer hätte nicht widersprochen, wenn man ihm mitgeteilt hätte, dass sein Beitrag nur gegen Bezahlung im Anzeigenteil erscheinen könne. „Gleichberechtigung hin oder her, aber Kommunikation hätte an der Stelle echt geholfen.“ Spätestens bei der AfD-Anzeige hätte der Unternehmer informiert werden müssen – auch wegen des Parteilogos und der enthaltenen Falschaussage, wie Birgit Zauner (GoL) ergänzte.

Härle: AfD eine demokratisch gewählte Partei

Der Bürgermeister gab zu bedenken, dass die AfD eine demokratisch gewählte Partei sei, die im Bundestag sitze. „Jeder hat seine eigene Meinung und ich gehe davon aus, dass wir alle Demokraten sind und jede Meinung ihre Gültigkeit hat.“ Ulrike Lenski befand: „Ich würde mir eine Korrektur wünschen. Das würde der Gemeinde gut zu Gesicht stehen.“

Straßer wünscht sich Richtigstellung im Amtsblatt

Eine Richtigstellung im Amtsblatt würde sich auch Bernhard Straßer wünschen. „Wir hatten ja nicht darauf bestanden, wir haben nur angefragt“, erklärte er sein Bedürfnis, seiner Dankbarkeit in einer Anzeige Ausdruck zu verleihen. Hätte man ihn offen auf die Bedenken angesprochen, hätte er auf die Anzeige verzichtet oder im Anzeigenteil inseriert. Die Veröffentlichung rechtfertige jedoch nicht den folgenden Abdruck der AfD-Anzeige: „Man kann nicht einen Fehler durch einen zweiten Fehler korrigieren.“

Anzeigen transportieren politische Inhalte

Das Landratsamt bezieht Position zur Veröffentlichung der Anzeigen: „Beide Anzeigen stehen im Widerspruch zum Redaktionsstatut, weil sie politische Inhalte transportieren“, übermittelte Pressesprecher Robert Schwarz die Einschätzung der Kommunalaufsicht. Dies treffe insbesondere auf den AfD-Beitrag zu: „Durch die Veröffentlichung der Anzeige wurde der AfD die Möglichkeit gegeben, Herrn Straßer als ‚Sympathisant‘ der AfD darzustellen, der mit dieser Partei augenscheinlich kooperiert, obwohl bekannt war, dass sich Herr Straßer eindeutig gegen die Ansichten und Forderungen der AfD ausgesprochen hat.“ Dies könne man auch als einen „Angriff auf Dritte“ sehen, der sich laut Statut verbiete.

Vorgang wird nicht formell geahndet

Das Argument der Gleichbehandlung, das Härle anführt, reiche mit Blick auf den Redaktionsstatut als Begründung nicht aus. Die Kommunalaufsicht meint hierzu: „Es wird deshalb dringend empfohlen, auch im Hinblick auf die bevorstehenden Kommunalwahlen, auf die Einhaltungen der Regelungen des Redaktionsstatuts zu achten.“ Da es sich bei dem Redaktionsstatut um keine gesetzliche Vorschrift handle, ahnde die Kommunalaufsicht den Vorgang jedoch nicht formell.