Sipplingen Ein Samstag im Frühling, fast 20 Grad Celsius, die Sonne scheint. Zwei Gruppen von Bürgern sowie Vereinsmitglieder entscheiden sich, nicht aufs Fahrrad zu steigen oder eine Wanderung zu unternehmen. Denn sie sammeln Müll ein. Erneut findet die traditionelle Sipplinger Seeputzete statt. An zwei Stationen – beim Bauhof und beim Westhafen – treffen sich Freiwillige, die das Dorf von Müll befreien wollen. Eine dieser Freiwilligen ist Antje Widenhorn. Sie ist Schriftführerin bei der DLRG Sipplingen. „Ich bin als Kind schon mitgegangen beim DLRG“, sagt Widenhorn. Sie findet es wichtig, den Kindern zu zeigen, dass „der Müll in den Mülleimer und nicht in unseren See“ gehört. Laut Widenhorn ist der auffindbare Müll im Laufe der Zeit ein anderer geworden. Wo man früher gehäuft größere Gegenstände wie Fahrräder oder Planen gefunden habe, finde man heutzutage vor allem „die kleinen Teile“ wie etwa Plastikmüll.

Widenhorn ist bei der Seeputzete mit drei Kindern am Strand unterwegs: mit dem Neffen Oskar Widenhorn (9), ihrer Tochter Lotta Widenhorn (10) und einer Freundin ihrer Tochter, Klara Schirling (9). Alle drei Kinder machen nicht zum ersten Mal bei der Seeputzete mit, wie sie berichten. Über ihre Motivation zur Teilnahme sagt Klara Schirling: „Man sieht das ja manchmal aus dem Fenster, wenn man mal nicht kann.“ Außerdem sei auch der herumliegende Müll im Sommer ein Grund zum Mitmachen. Oskar Widenhorn sagt über den eigenen Umgang mit Müll: Wenn er keinen Mülleimer finde, stecke er sich den Müll immer in die Hosentaschen. „Dann laufe ich kurz zum Mülleimer oder nach Hause und schmeiße es halt in den Müll und nicht in die Umwelt“, sagt der Neunjährige. Doch manche Kinder tun dies nicht, wie Lotta Widenhorn schildert. „Manche Kinder in der Schule schmeißen es einfach auf den Schulhof.“

Seit vier Jahren wohnt Gabi Rothacker in Sipplingen. „Ich möchte mich in der Gemeinde aktiv einbringen und da finde ich die Seeputzete eine ganz gute Gelegenheit.“ Das Müllsammeln mache zudem Spaß und man finde „unheimlich viel“ Müll. In ihrem roten Plastikeimer befinden sich unter anderem „sehr viele“ Zigarettenstummel, Plastikmüll, Papierbecher und eine Bierflasche. Ursprünglich kommt Rothacker aus Frankfurt am Main. Dort finden auch solche Aktionen statt. Das Müllproblem sei in der Großstadt aber deutlich größer. Dennoch: „Ich glaube, die Seeputzete macht schon Sinn.“ Ansonsten habe Sipplingen kein großes Müllproblem. Nach dem Wochenende oder Festen sehe man schon vermehrt Müll am Strand. „Es wird hier auch von der Gemeinde sehr sorgfältig gesäubert“, lobt Gabi Rothacker die Verwaltung, die unter anderem die Reinigung der Strände in Auftrag gibt.

Ralf Ehrle aus Sipplingen ist bei der Seeputzete mit seinem Sohn Jonas unterwegs. „Ich wollte meinem Sohn jetzt auch zeigen, was es heißt, den Müll am See aufzulesen.“ Der Sipplinger erzählt, dass sein Sohn ihn mittlerweile schon ermahne, wenn ihm „etwas aus der Hosentasche fällt“. Ehrle findet, dass Sipplingen momentan sauber ist – aber „wenn der ganze Tourismus und die Tagesgäste“ wieder kommen, es wieder sehr „vermüllt“ aussehe. Ehrle nennt eine weitere mögliche Maßnahme neben der Seeputzete, um das Müllproblem zu lösen oder zumindest zu verringern: „Bei den Pizzakartons würde ich einfach sagen, dass die Betreiber selbst auf die Kartons einen gewissen Pfand draufmachen.“

„Das ist jetzt die achte Seeputzete“, sagt Bürgermeister Oliver Gortat, als er seine Teilnahmen zählt. „Es ist eine ganz tolle Gemeinschaftsarbeit“, ist er voll des Lobes. Er ist angesichts des Engagements der Vereine und der Bürger glücklich.

Und Gortat ist schon gespannt auf das Resultat. In den vergangenen Jahren habe man unter anderem Fahrräder oder Schreibtische gefunden. „Man findet wirklich alles“, sagt Gortat. Auf die Frage, ob die Gemeinde sauber sei, antwortet der Bürgermeister: „Die Gemeinde Sipplingen ist eine sehr, sehr saubere Gemeinde.“ Man finde den meisten Müll vor allem in abgelegen Ecken, erklärt Gortat.

Woher das Problem kommt, das wisse er nicht, er wolle darüber auch nicht spekulieren. „Ich glaube, wir werden – egal welche Regelungen man auf welcher Ebene schafft – es nie ganz in den Griff bekommen“, sagt er. Der Faktor, den man „nie ganz eingefangen“ bekomme, sei der Mensch.