Pilze mögen es kühl und feucht. Um optimal wachsen zu können, brauchen etwa die beliebten Shiitake-Pilze konstante Temperaturen zwischen 16 und 18 Grad sowie eine Luftfeuchtigkeit von 80 Prozent, erklärt Pilzzüchter Leo Kaltenbrunner bei einem Rundgang über den Helchenhof bei Bonndorf.
Kaltenbrunner, der eigentlich gelernter Schneider und Textildesigner ist, hat vor Kurzem die Pilzzucht seines Vaters Manfred Kaltenbrunner übernommen, welche dieser bereits vor 40 Jahren ins Leben gerufen hatte. Unter dessen Regie wuchsen Shiitake und Kräuterseitlinge die vergangenen 20 Jahre im Gewächshaus in Bodman. Leonard Kaltenbrunner hat sie nun auf Martin Hahns Helchenhof verlegt – und mit Till Bossert, einem der drei Betriebsleiter des Helchenhofs, zudem einen begeisterten Unterstützer gefunden. Gemeinsam haben die beiden die Kulturpilze Bodensee Helchenhof GbR gegründet.
Pilze bleiben in der Region
„Pilze sind faszinierende Lebewesen“, sagt Till Bossert. Als eigener Gattung, „weder Tier noch Pflanze“, würden ihnen faszinierende Eigenschaften zugeschrieben. So sollen sie etwa im Wald für die Kommunikation zwischen Bäumen verantwortlich sein und könnten helfen, die Bodenqualität zu verbessern. Im innovativen Hausbau würden Pilze zunehmend als organischer Baustoff verwendet, etwa für Dämmungen oder Verschalungen. Und „Modefirmen haben bereits Sneaker, Handtaschen und weitere Produkte aus Pilzmyzel auf den Markt gebracht“, weiß Modedesigner Kaltenbrunner – „als echte Alternative zu Kunstleder“.
Die Bioland-zertifizierten Edelpilze vom Helchenhof sind allerdings ausschließlich Speisepilze. Sie gehen vor allem an zwei Großabnehmer, den Überlinger Bio-Großhandel Bodan sowie die Allgäuer Lebensmittelkette Feneberg, die unter anderem in Friedrichshafen und Ravensburg Supermärkte betreibt. Auch etliche Restaurants der Region schätzen die kurzen Wege der frischen Ware, etwa der Gasthof „Löwen“ in Altheim. Und wer die Helchenhof-Pilze direkt in Überlingen kaufen will, findet diese auf dem wöchentlichen Bauernmarkt am Münster, wo Kaltenbrunners Mutter Silvia mit einem eigenen Stand vertreten ist – ebenso wie auf dem Samstagsmarkt in Konstanz.
Aufwändige Produktion mit Substrat

Doch wie funktioniert die Produktion von Pilzen eigentlich? „Die Basis bildet ein mit Pilzsporen geimpftes Substrat“, erläutert Kaltenbrunner. Dieses besteht unter anderem aus Buchenholzspänen und verschiedenen Getreiden und kommt von einem spezialisierten Biohof in Hessen. Die Substratballen werden zunächst sterilisiert und in Folie gepackt. Je nach Kultur verbringen sie dann einige Wochen im Reiferaum, bei 60 Prozent Luftfeuchte und mindestens 20 Grad Temperatur. „Diese Zeit benötigt das Myzel, um das Substrat zu durchwachsen“, erläutert Kaltenbrunner.
Anschließend wandern die Substratballen in den benachbarten Zuchtraum mit niedrigerer Temperatur und höherer Luftfeuchte. Und dann geht alles rasant. In nur zwei Wochen bilden sich die Pilze heraus, die dann sukzessive vom Ballen abgeschnitten und frisch ausgeliefert werden. Wobei Kaltenbrunner mit einem verbreiteten Irrtum aufräumt: „Der eigentliche Pilz ist der Substratballen“, sagt er. „Was wir als Pilz bezeichnen, ist lediglich der Fruchtkörper.“

Warum im Sommer nicht so viel produziert wird
Rund 400 Kilo Shiitake und Kräuterseitlinge sowie eine geringere Menge an Maitake produziert das Unternehmen Kulturpilze Bodensee Helchenhof auf diese Weise pro Woche. Alle fünf bis sechs Wochen kommt dazu ein Lastwagen voller Substratballen an, das ausgediente Substrat wandert in den Kompost für den Gemüseanbau des Helchenhofs. „Hier leistet es noch einmal gute Dienste“, sagt Bossert. Die Produktion läuft das ganze Jahr über. „Man muss sich jeden Tag darum kümmern, auch am Wochenende“, sagt Kaltenbrunner. Lediglich im Hochsommer mache man eine längere Pause. „Dann wird es auch wegen der Hitze etwas schwierig und wir müssten die Räume aufwändig kühlen.“
Wie Leonard Kaltenbrunner Pilze am liebsten isst
Bei den drei Pilzsorten soll es zunächst einmal bleiben. Denn jeder Pilz habe unterschiedliche Anforderungen. Maitake etwa sei recht empfindlich und anspruchsvoll. Dafür gilt der „gemeine Klapperschwamm“ vor allem in Asien als Heilpilz. Ihm werden entzündungshemmende Eigenschaften zugeschrieben, er soll das Immunsystem stärken und Allergien bekämpfen. Auch hierzulande werden reichlich Maitake-Pulver und -Extrakte angeboten.
Seine Shiitake-Pilze indes genießt Leonard Kaltenbrunner am liebsten leicht angebraten in der Pfanne, mit Pfeffer, Salz und etwas Sojasauce. Kräuterseitlinge ließen sich auch gut als Fleischersatz zubereiten, etwa als „Pulled Mushroom“ im Burger.