Tobias Lange

Ein schiefgegangener Jungenstreich oder doch Anzeichen für eine sexuelle Auffälligkeit? Diese Frage kam nun bei einer Verhandlung vor dem Amtsgericht Überlingen auf. Ein 20 Jahre alter Markdorfer musste sich wegen Nötigung verantworten. Dem Auszubildenden wurde vorgeworfen, einem neunjährigen Mädchen den Weg versperrt und es gegen deren Willen hochgehoben zu haben. Dabei soll er unter die Kleidung gegriffen haben.

Auf dem Schulweg aufgehalten

Die Geschädigte sei Ende März vergangenen Jahres in Markdorf auf dem Weg zur Grundschule gewesen, als ihr der Angeklagte begegnete, schilderte die Staatsanwältin. Er habe sie verfolgt und ihr den Weg versperrt. Anschließend habe er die Neunjährige gegriffen und hochgehoben. Dabei habe er mit den Händen unter ihre Kleidung gefasst. Erst als das Mädchen schrie, habe er es losgelassen und sei geflüchtet.

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Angeklagter gesteht Fehlverhalten

Der Angeklagte nahm die Ausführungen der Staatsanwältin still entgegen. Fragen des Gerichts beantwortete er zurückhaltend. "Ich wollte nur einen kleinen Spaß machen", sagte er. Er habe dem Mädchen nicht absichtlich unter die Kleidung gefasst und habe aufgehört, als er merkte, dass es keinen Spaß daran hatte.

Die Mutter des Angeklagten erklärte die Tat mit einer fehlenden geistigen Reife ihres Sohnes. "Manchmal macht er Sachen, bei denen ihm nicht bewusst ist, dass es nicht richtig ist", sagte sie. Er sei mit der Reifung deutlich zurückgeblieben und bereits in Therapie bei einer Psychologin.

Früherer Vorfall macht Sorgen

Besorgniserregend bezeichnete die Staatsanwältin das Verhalten des 20-Jährigen. Vor allem deshalb, weil es 2014 bereits zu einem Vorfall gekommen sei. Der damals 15-Jährige habe ein acht Jahre altes Mädchen zu sich in die Wohnung geholt, es aufgefordert, sich auszuziehen, und sich selbst entkleidet.

Das Verfahren sei eingestellt worden, da ein psychologisches Gutachten dem Angeklagten die nötige Reife abgesprochen habe. Der Angeklagte müsse seine Therapie fortsetzen und gegebenenfalls aufgrund des Sexualverhaltens erweitern, forderte die Staatsanwältin. "Ich möchte verhindern, dass er sich jüngeren Mädchen zuwendet."

Richter: "Einschneidendes Erlebnis"

Richter Alexander von Kennel sprach den Angeklagten am Ende einer kurzen Gerichtsverhandlung der Nötigung schuldig und sprach eine Verwarnung aus. "Sie sind dem Mädel hinterher, haben den Weg versperrt und es hochgehoben", sagte er. Dabei sei klar gewesen, dass das Kind das nicht wollte. "Für ein Kind in solchem Alter ist das schon ein einschneidendes Erlebnis."

Anzurechnen sei dem Angeklagten, dass dieser der Neunjährigen durch das Geständnis eine Aussage erspart habe. Der Richter erlegte dem 20-Jährigen auf, die Therapie "so engmaschig wie möglich" fortzusetzen und seiner Psychologin von den Vorfällen zu berichten. Ansonsten drohen ihm bis zu vier Wochen Jugendarrest. Der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft erklärten Rechtsmittelverzicht.