Als Chef der Deutschen Umwelthilfe (DUH) arbeitet er bundesweit auf vielen Feldern. Für Umweltschützer bedeutet sein Name Wohlklang, Autolobbyisten dagegen empfinden Abneigung. Wenn von Luftreinhaltungsklagen und Dieselfahrverboten die Rede ist, dann fällt meistens auch sein Name: Jürgen Resch.

Dass der Familienvater, 1960 in Plochingen geboren, in einem Teilort von Überlingen wohnt, ist weniger bekannt. Denn kommunalpolitisch hielt er sich in den letzten Jahren im Hintergrund. In einem SÜDKURIER-Interview vor zwei Wochen äußerte er sich nun zur städtischen Verkehrspolitik.

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Seine Empfehlungen, wie die Luft in der Kurstadt sauberer werden könnte, ließ die Stadtverwaltung unkommentiert. Sein Angebot, bei der Elektrifizierung der Eisenbahn zu helfen, lehnte die Stadt dankend ab. Resch hatte in der Elektrifizierung einen wichtigen Baustein zur Luftreinhaltung gesehen. Was seine Angaben zu den angeblichen Dreckschleudern auf Schienen betrifft, erntet Resch Widerspruch von Jean-Christoph Thieke, Bahn-Experte und CDU-Politiker aus Uhldingen-Mühlhofen. Die Loks würden sehr wohl mit moderner Technik betrieben (siehe Kasten).

Jean-Christophe Thieke.
Jean-Christophe Thieke. | Bild: Kleinstück, Holger

Zunächst zurück zu Reschs Angebot an die Stadt. Er reiche ihr die Hand und helfe bei der Durchsetzung von Forderungen an den Bund, der bislang die Elektrifizierung nicht einmal in den Bundesverkehrswegeplan für das Jahr 2030 aufgenommen hat. Hier sei ein Zusammenwirken und ein „über Bande spielen“ aller Kräfte nötig, findet Resch.

Jan Zeitler.
Jan Zeitler. | Bild: Hilser, Stefan

Oberbürgermeister Jan Zeitler lehnte dankend ab. Der OB ließ durch seine Pressestelle aufzählen, inwiefern die Stadt, im Zusammenwirken mit dem Regionalverband und anderer Kommunen, für den Tag X, an dem der Bund Sonderprogramme auflegt, vorplane. Man dankte dem Umwelthilfe-Chef „freundlichst für sein Angebot der Vermittlung“, verwies im Weiteren aber auf die Beschlüsse des Gemeinderats, dessen Sitzungsvorlagen öffentlich einsehbar seien.

Resch kündigt Gespräche an

Wie DUH-Chef Jürgen Resch mitteilte, werde er seine Erfahrung aus drei Jahrzehnten einbringen, in denen er für den Ausbau des ÖPNV nun schon kämpft. Ob Zeitler das nun begrüßt oder nicht. Die Geißbockbahn und den Seehas habe er mit auf die Schiene gesetzt. Genauso werde er sich in Gesprächen mit Verkehrspolitikern im Land, im Bund, aber auch in Gesprächen mit der Deutschen Bahn für eine Elektrifizierung der Bodenseegürtelbahn einsetzen.

SÜDKURIER-Karikatur.
SÜDKURIER-Karikatur. | Bild: Stefan Roth

Resch kommentierte die Zurückweisung Zeitlers mit den Worten: „Der Oberbürgermeister ist noch noch relativ jung, er wird noch eine Lernkurve nehmen und künftig stärker auf Initiativen seiner Bürger eingehen.“ An anderer Stelle habe man auf seine Aussage im Interview aufgeschlossener reagiert. Namen oder Behörden wollte er nicht nennen, Resch sprach aber davon, dass sich der Vertreter „einer Gebietskörperschaft“ an ihn gewandt habe und zum Ausdruck brachte: „Klasse, dass Sie bei der Elektrifizierung Ihre Hilfe anbieten.“ Und so betont Resch, dass es seiner Ansicht nach nötig sei, das dicke Brett gemeinsam zu bohren, „nicht gegeneinander“. Schließlich gelte es, die „Holzeisenbahn“ (hier griff Resch das Bild aus einer SÜDKURIER-Karikatur auf) durch moderne Züge zu ersetzen.

CDU-Bahnexperte Thieke sieht im Diesel-Zug nicht per se eine Dreckschleuder

Bahn-Experte und CDU-Politiker Jean-Christophe Thieke kommentiert Zitate von Jürgen Resch.

Zitat Resch im SÜDKURIER-Interview:„Die eingesetzten alten Dieselzüge sind ausnahmslos ohne Partikelfilter unterwegs, mit einem 25 Jahre alten Standard, was im Übrigen nicht nur für die alten Loks gilt, sondern auch bei denen, die neu gekauft werden.“

Erwiderung Thieke: „Seit 14. September verkehren die stündlichen Regionalbahnen mit nagelneuen Fahrzeugen des Typs Alstom LINT 54. Diese haben einen SCR-Katalysator, zum Einsatz kommt die Ad-Blue-Technologie, wie sie sonst bei den modernsten Bussen oder LKW zum Einsatz kommt. Diese Fahrzeuge erfüllen die aktuelle EU-Norm „Stage 3B“, Besseres ist bei serienmäßigen Dieseltriebwagen aktuell eigentlich nicht zu finden. Der IRE Ulm-Basel verkehrt mit Diesel-Neigezügen einer Generation, die etwa 15 bis 20 Jahre alt ist und noch nicht auf diesem Niveau ist. Allerdings sind die IRE-Züge trotzdem sehr energieeffizient und mit wenig Schadstoffausstoß unterwegs: Denn diese Züge halten nur in Radolfzell, Überlingen und Friedrichshafen. Somit gibt es nur wenige Beschleunigungsvorgänge, bei denen die Motoren auf Hochtouren laufen. Auf der Südbahn Friedrichshafen-Ulm kommen bei den schweren Doppelstockzügen heute Lokomotiven der Baureihe 245 zum Einsatz. Diese sind mit Partikelfilter ausgerüstet.“

Zitat Resch: „Überlingen liegt als größte Stadt inmitten dieser schäbigen und langsamen Dieselstrecke.“

Erwiderung Thieke: „Die in den letzten Jahren eingesetzten Fahrzeuge sind gar nicht so langsam. Der IRE fährt zwischen Salem und Markdorf über 140 Stundenkilometer. Die Schwierigkeit besteht höchstens in den zahlreichen Kurven, besonders im Raum Ludwigshafen – Überlingen und Uhldingen-Mühlhofen – Salem. Das kostet Zeit und wird durch die Elektrifizierung nicht besser.

Zitat Resch: „Eine Elektrifizierung hätte zur Folge, dass die veraltete Sicherheitstechnik weg käme.“

Erwiderung Thieke: „Es gibt keinen Automatismus: Zwischen Schaffhausen und Erzingen hat die DB beim Doppelspurausbau und bei der Elektrifizierung sogar zusätzliche alte Signale aufgestellt. Moderne Sicherheitstechnik heißt auch nur sehr bedingt „schneller“ oder „pünktlicher“ – manchmal sogar im Gegenteil. Politisch gilt es, das Geld für jene Investitionen auszugeben, die einen echten Nutzen für Kunden und Klima generieren, nicht für jene, die politisch primär gewollt sind.“

Jean-Christophe Thieke wohnt in Uhldingen-Mühlhofen, er ist Mitglied und Schriftführer im Landesfachausschuss Verkehr und Infrastruktur der CDU Baden-Württemberg. Beruflich ist er in der Schweiz bei einem Bahnunternehmen für Fahrplanangebot, Qualität und Kundenservice der S-Bahnen verantwortlich. Grundsätzlich, so seine Auffassung, sei die Elektrifizierung richtig. „Sie ist auf dem Weg, wenn es auch leider Zeit braucht.“