Überlingen – „Es läuft hier wie ein Meisterstück.“ Oberbürgermeister Jan Zeitler war bei seinem Besuch in der Überlinger Tafel beeindruckt von der Logistik, dem hohen Warenaufkommen und dem Engagement der ehrenamtlichen Mitarbeiter. Begleitet wurde er von mehreren Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderats. Die Besucher begrüßten es, dass es in der Stadt eine solche gemeinnützige Hilfseinrichtung gibt. Zeitler sicherte die Unterstützung der Stadt zu.

Mitarbeiter Fred Frank erklärte: „Vieles bei uns hat Bioqualität. Was wirklich schlecht ist, werfen wir weg.“ Mit der derzeitigen Situation der Tafel zeigt sich Frank zufrieden, allerdings könne man noch ein paar mehr Regale im Lagerraum brauchen. Er wies auf hohe Kosten für die Logistik der Tafel hin. Schließlich müssten Miete, Betriebs-, Energie- und Personalkosten, Versicherungen und Materialien beglichen werden, wofür jährlich rund 90 000 Euro anfielen. „Momentan aber geht’s. Der Standort hier ist gut.“

Das bestätigte Petra Demmer, seit 1. Januar Geschäftsführerin des Caritasverbands Linzgau. „Der Laden ist relativ zentral und die Kunden können recht anonym rein und raus gehen." Auf die Frage des Oberbürgermeisters, ob die Tafel gut ausgestattet sei, antwortete Demmler: „Auf jeden Fall.“ Frank ergänzte, man sei der „Käfer“ unter den Tafelläden im Umkreis. Damit spielte er auf die bekannte Feinkost-Kette an. „Wir haben wirklich großes Glück in Bezug auf Räumlichkeiten, Helfer und Lieferanten.“

Petra Demmer erzählt, dass immer wieder Familien betonten, "wie froh sie über das gute und frische Warenangebot der Überlinger Tafel sind". Für viele Alleinstehende sei der Besuch der Tafel offensichtlich der einzige und daher gern genutzte soziale Kontakt in der Woche, ergänzte Andrea Lohmüller vom Caritassozialdienst. Sie ist zuständig für die Ausgabe der Tafelkarten. "Es ist ein Ort der Begegnung."

Ursel Fritz ist eine von 60 Ehrenamtlichen, die sich für die Tafel engagieren.
Ursel Fritz ist eine von 60 Ehrenamtlichen, die sich für die Tafel engagieren. | Bild: Holger Kleinstück

Frank machte darauf aufmerksam, dass die Tafeln bundesweit immer mehr ins Blickfeld der Politik rückten. Zeitler sagte, man wolle die Tafel nicht politisch sehen, aber unterstützend tätig sein. Der Oberbürgermeister wies auf die Bundessozialgesetzgebung hin, die eigentlich alle Hilfssachverhalte erfassen sollte. „Aufgrund der Tatsache, dass es die Tafeln gibt und die aufgrund der Nachfrage auch dringend benötigt werden, müssen wir einfach erkennen, dass es hier die ein oder andere Lücke gibt. Wir müssen uns dafür sensibilisieren, wie wir auf kommunaler Ebene unsere Aufgaben leisten können, um Ehrenamt an dieser Stelle möglich zu machen.“

Lothar Thum (ÜfA) zeigte sich überrascht über die hohe Zahl an Tafelkartenberechtigten. „Das gibt mir schon zu denken.“ Die Aufgaben der Stadt sei es zu prüfen, in welcher Form Unterstützung geleistet werden könne. Jörg Bohm (CDU) wünschte sich, dass man die Tafel erst gar nicht bräuchte. „Ich bin aber froh, dass es sie gibt.

“ Die politische Aufgabe der Stadt sieht er darin, "ein stückweit um Empathie und Verständnis zu werben und auch die Erforderlichkeit der Tafel jetzt und künftig weiter zu verbreiten“. Robert Dreher (FW) sieht in den Tafeln ein niederschwelliges Angebot, „das leider offenbar notwendig ist“. Das Café als Treffpunkt hält er für wichtig. „Wenn es dazu führt, dass man frühzeitig schwierige Notlagen erkennt, dann ist es wichtig, dass es so etwas wie die Tafel und ihr Café gibt.“ Laut Oswald Burger (SPD) können durch die Tafel zwei Probleme "Hand in Hand gelöst“ werden: das Überangebot von Waren, die sonst entsorgt würden, und die Linderung von Not. Gottfried Mayer, Ortsvorsteher von Lippertsreute, meinte in Bezug auf die veränderte gesellschaftliche Entwicklung: „Es wäre schön, wenn wir sagen könnten, man bräuchte die Tafel nicht mehr, aber ich glaube, es ist eine andere Form, die es früher auch schon gab.“

Die Überlinger Tafel

Die Einrichtung wurde am 7. April 2004 gegründet und ist eine von bundesweit 930 Tafelläden. Die gemeinnützige Hilfsorganisation des Caritasverbands gibt Lebensmittel, die im Wirtschaftskreislauf nicht mehr verwendet werden und vernichtet würden, an Bedürftige für kleine Beträge ab. Aufgrund des starken Zuzugs von Flüchtlingen hat sich die Zahl der berechtigten Haushalte seit 2015 erhöht, zeitweise waren es über 300.

In jüngster Zeit steigt außerdem die Zahl kinderreicher Familien unter den Kunden. bis zu 120 Menschen kommen derzeit wöchentlich zum Einkaufen. Aktuell hat die Tafel 835 registrierte Kunden. Rund 60 Ehrenamtliche arbeiten in der Tafel. Aufgrund der großen Anforderung an die Logistik wurden zusätzlich zu den beiden angestellten Fahrern ein Mitarbeiter für die Bereiche Transport und Organisation beschäftigt und ein weiterer Lagerraum angemietet.

Fast 50 Betriebe und Geschäfte, Obst- und Gemüsebauern stellen Waren zur Verfügung. Im Laufe eines Jahres werden so hunderte Tonnen Lebensmittel sinnvoll verwendet. Für die Logistik des Tafelladens entstehen pro Jahr Kosten von über 80 000 Euro. Die Kunden, die pro Einkauf je nach Haushaltsgröße zwischen 4 und 6 Euro zahlen, finanzieren knapp die Hälfte dieser Kosten. Der verbleibende Betrag wird durch Spenden und kirchliche Mittel des Caritasverbands aufgebracht.

  • Kontakt: Caritasverband für das Dekanat Linzgau, Telefon 0 75 51/8 30 30.