Es ist wohl ein Alptraum für jeden Autofahrer: Nach dem Einkauf , einem Nachmittag im Strandbad oder einem Restaurantbesuch kommt er frohgemut zu seinem Fahrzeug zurück. Doch das Auto ist weg. Habe ich es woanders abgestellt, ist es etwa gestohlen – oder abgeschleppt? Ein Anruf bei der Polizei kann meist Klarheit verschaffen.

Genau 123 Mal wählte das Amt für öffentliche Ordnung im Vorjahr die Nummer eines der beiden Überlinger Abschleppunternehmen und erteilte einen Auftrag, wie Pressesprecher Raphael Wiedemer-Steindinger mitteilt. In diesem Jahr waren es bis vor wenigen Tagen schon 113 Fälle. Daher sei wohl "davon auszugehen, dass es bis zum Jahresende tatsächlich eine kleine Steigerung der Abschleppvorgänge geben wird. Dies sei aber "jeweils nur der aktuellen Verkehrslage geschuldet".

Zu diesem Mittel greift der Gemeindevollzugsdienst allerdings nur, wenn eine Gefährdung oder eine echte Behinderung nach der Straßenverkehrsordnung vorliegt. Wer im Halteverbot vor einer Feuerwehrausfahrt oder auf einer ausgewiesen Aufstellfläche für Löschfahrzeuge parkt, wird sich vielleicht nicht wundern, wenn sein Auto irgendwann entfernt wird. Doch auch wer auf einem Gehweg so parkt, dass Rollstuhlfahrer oder Eltern mit Kinderwagen auf die Straße ausweichen müssen, läuft Gefahr, abgeschleppt zu werden.

"Es geht uns ja nicht darum, möglichst viele Autos abzuschleppen", betont Katja Imberger, die seit 2016 für den Gemeindevollzugsdienst und dessen sechs Mitarbeiter verantwortlich ist. "Uns geht es nur darum, die Situation zu lösen und die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten." Schließlich sei der Vorgang eine "unliebsame Maßnahme", erklärt Imberger, "und wir handeln uns damit ja jede Menge Ärger ein." Doch bei den Mitarbeitern habe sich ein gutes Gespür entwickelt, was die Verhältnismäßigkeit angeht. Imberger: "Sie nehmen jedes Mal an Ort und Stelle eine Einzelfallprüfung vor." Man bestelle nicht gleich den Abschleppdienst, wenn man mit etwas rangieren das Hindernis umfahren könne, doch nicht immer geht das.

Es war Anfang August – Strandbadwetter. Ein Auto ist im Schilfweg zugeparkt – jeweils zehn Zentimeter von Stoßstange zu Stoßstange, hinten und vorne. Ein Ausparken ist unmöglich. Der Abschleppwagen donnert heran. Die Situation und das Auto, das abgeschleppt werden soll, werden fotografiert, um auf Nummer sicher zu gehen. Dann dauert es gefühlte fünf Minuten, der Wagen hängt am Haken und landet auf der Pritsche des Abschleppwagens.

Wenn die Polizei aus einem der genannten Gründe ein Auto abschleppen lassen will, verständigt auch sie in der Regel das Ordnungsamt oder den Gemeindevollzugsdienst (GVD), da jene für den "ruhenden Verkehr" zuständig sind. Auf der anderen Seit verständigt auch der GVD die Polizei, wenn er einen Abschleppvorgang in Auftrag gegeben hat. "Denn meist ruft der Eigentümer ja zuerst bei der Polizei an." Dort erfährt er dann, ob das Auto gestohlen oder abgeschleppt wurde und wo er es gegen Bezahlung wieder auslösen kann.

Wenn jemand sein Fahrzeug widerrechtlich auf einem als "Privat" gekennzeichneten Parkplatz abstellt – sei es an einem Hotel, einem Restaurant oder einem Wohngebäude, so ist dies nicht Aufgabe des GVD. "Dann muss beziehungsweise darf der Eigentümer selbst ein Abschleppunternehmen beauftragen." Das sei durchaus rechtens.

Eine besondere Situation ist es, wenn ein temporäres Halteverbot angeordnet wird. Das kann für einen Tag oder für drei Stunden sein, wenn ein Umzug stattfindet, besondere Arbeiten oder Transporte vorgenommen werden müssen. Wie bei jenem Baukran, der aus geometrischen Gründen die Kurve nicht kriegt und er durch andere enge Straßen gezogen werden muss. Mindestens 72 Stunden vorher kann beziehungsweise muss dann ein Park- oder Halteverbotsschild aufgestellt werden, um Betroffene rechtzeitig zu informieren.

Ähnlich war es vor Kurzem auch an der Schillerstraße beim Sportplatz ob den Mühlen, als mehrere Bäume gefällt werden mussten. Um überhaupt ranzukommen, aber auch möglichen Schäden an parkenden Autos vorzubeugen, war rechtzeitig ein Halteverbot angeordnet worden. Zum angekündigten Zeitraum wurde schließlich sogar ein Firmenwagen abgeschleppt. Und wenn der Eigentümer im Urlaub ist? Diese Regelung gelte auch dann, erklärt Raphael Wiedemer-Steidinger. "Um Derartiges zu vermeiden, kann er jemanden beauftragen, immer wieder nach seinem Fahrzeug zu schauen." Eine andere Situation, was die Kosten angeht, sind Notfälle. Wenn wegen eines Wasserrohrbruchs Autos kurzfristig abgeschleppt werden, müsse der Fahrzeughalter die Kosten nicht selbst tragen.

Was kostet der Spaß?

In Überlingen gebe es zwei Unternehmen, die je nach Verfügbarkeit beauftragt würden, sagt Katja Imberger: das Autocenter Klaus und die Firma MKR. Die Abschleppkosten orientieren sich an einer Preisliste des Vereins der Bergungs- und Abschleppunternehmen mit Sitz in Wuppertal. Hier sind Stundensätze zugrunde gelegt, die von der Art und Größe des eingesetzten Fahrzeuges abhängen. Sie liegen zwischen 143 und 185 Euro. Hinzu kommt noch eine Kilometerpauschale. "Diese Preise sind zwar nicht verbindlich", sagt Richard Klaus: "Doch daran orientieren wir uns eben." In einem Standardfall mache das knapp 200 Euro aus. Diese Kosten muss das Abschleppunternehmen selbst in Rechnung stellen, ehe das Fahrzeug freigegeben wird.

"In der Regel geht das problemlos", sagt Klaus: "Die Autofahrer wissen ja eigentlich, dass sie einen Fehler gemacht haben." Von weniger gute Erfahrungen berichtet Kollege Markus Mäntele. Mit seiner Firma MKR kooperiert er mit dem ADAC, leistet Pannenhilfe und schleppt diese bei Bedarf auch ab in die Werkstatt. Mit der Stadt wolle er allerdings nicht mehr zusammenarbeiten. "Ich mache das künftig nicht mehr", sagte Mäntele. "Das macht nur großen Ärger." Jedes Mal gebe es Diskussionen mit den Autofahrern, manchmal müsse man sogar nachts raus. Mäntele: "Darauf habe ich keine Lust mehr." Ja, er habe sogar noch die eine oder andere "Schrottkarre" herumstehen, die niemand mehr abhole.