Der Gemeinderat stimmt mehrheitlich für den Bau von zwei- und dreigeschossigen Gebäuden auf dem Telekomareal in der Langgasse. Insgesamt vier Baukörper entstehen demnach auf dem Gelände westlich des Bestandsgebäudes, ein entsprechendes Bebauungsplanverfahren wird nun in die Wege geleitet.

Zukunft ungewiss
Über die Zukunft des Telekom-Gebäudes wurde im Rat noch nicht entschieden, wobei das Gremium einstimmig eine Ummantelung des Sendeturms mit einer Wohnbebauung für tabu erklärte. Den entsprechenden Antrag zur Abstimmung über den Turm hatte Linken-Gemeinderat Roland Biniossek gestellt, Oberbürgermeister Jan Zeitler wertete den Beschluss als "ein Signal an die Anwohner".
Sorgen in der Nachbarschaft
Das Thema hatte in den vergangenen Wochen in der Nachbarschaft für Aufregung gesorgt, sie befürchteten eine Abwertung ihrer Grundstücke, wenn größere Bauwerke Schatten werfen, Blickbeziehungen gestört werden oder ein Mehr an Bewohnern für zusätzlichen Autoverkehr sorgt.

Rederecht für die Anwohner erwirkt
Mit ihrer Anwesenheit und Wortmeldungen machten die Anlieger in der Ratssitzung auf ihre Sicht der Dinge aufmerksam. Roland Biniossek setzte mit seinem im Gremium einstimmig positiv beschiedenen Antrag durch, dass die Bürger in der Debatte zu Wort kamen. Sie nahmen erleichtert zur Kenntnis, dass Überlegungen und Ideen des Investors, die der Rat bislang nur nichtöffentlich diskutiert hatte, großteils auf Ablehnung stoßen. Reinhard Irmscher sprach für die Interessengemeinschaft: "Wir können mit diesem Beschluss zufrieden sein und wir sind zufrieden damit, dass der große Aufreger, die Umbauung des Turms, wohl vom Tisch ist."
An der Umgebung orientiert
Mit ihren Beschlüssen, die am Mittwoch teils nichtöffentlich gefasst wurden, bestätigten die Räte ihre Sicht, die sie quer durch die Fraktionen in den letzten Wochen in diversen Stellungnahmen geäußert hatten. Für sie kommt eine Wohnbebauung auf dem Telekomareal infrage, aber betontermaßen nur in einer Form, die sich an der Umgebungsbebauung orientiert. Wie dabei die jetzt befürworteten zwei und drei Vollgeschosse plus Dachgeschoss (mit zurückversetztem Staffelgeschoss) vom Gemeinderat im Detail bewertet und diskutiert wurden, war Gegenstand der vorgelagerten nichtöffentlichen Sitzung. Den öffentlichen Teil nutzten die Fraktionen, um den Anwohnern die Sorge vor einer überbordenden Bebauung zu nehmen und dem Investor vorzuhalten, die Debatte angeheizt zu haben, indem er seine Ideen im Vorfeld öffentlich benannte. Das sei "unsäglich" gewesen, sagte Jörg Bohm (CDU), das habe die Öffentlichkeit unnötigerweise verunsichert.
Was der Eigentümer dazu sagt
Eigentümer des Telekomareals ist das Ludwigsburger Unternehmen Betz und Baupartner. Es hatte den am Mittwoch im Rat zur Abstimmung gestellten Antrag auf Änderung des Bebauungsplans bereits vor zwei Jahren gestellt gehabt, und so kommentierte Hans-Peter Betz den Beschluss: "Bei mir überwiegt das Gefühl der Erleichterung, dass wir, nach zwei Jahren Vorarbeit, den ersten Schritt zur Schaffung von Wohnraum machen konnten."
Betz über Aggressionen erstaunt
Hans-Peter Betz verfolgte die Debatte im Ratssaal. "Erstaunt war ich, mit welcher Polemik und Aggression aus den Zuschauerrängen auf Aussagen der Verwaltung oder Ratsmitglieder reagiert wurde. Ich finde, die Sitzungsleitung hat es aber trotz der aufgeheizten Stimmung geschafft, ein halbwegs sachliches Diskussionsklima zu schaffen." Betz hält die Wohnungssuchenden in der Diskussion bislang für unterrepräsentiert. Über sein Projekt hinaus werde es spannend sein zu beobachten, wie es in Überlingen mit der Frage der Wohnraumschaffung weitergeht. Betz: "Wir hatten jüngst auf eine Vermietungsanzeige 800 Interessentenanfragen. Diese Leute waren nicht auf der Sitzung. Wir brauchen sehr viel mehr Wohnraum."
Telekom- und Vereinshaus
Die Telekom verkaufte das Areal in der Langgasse im Herbst 2015 an die Bauträgerfirma „Betz Baupartner“ in Ludwigsburg und sicherte sich Teile des Gebäudes selbst, indem sie sie auf 30 Jahre hin mietete, darunter der Senderturm. Auf 1400 Quadratmeter waren zuletzt neun Vereine im Gebäude untergebracht. Laut Hans-Peter Betz liege der Marktpreis bei 12,50 Euro pro Quadratmeter. Befristet auf ein Jahr und bis zur Klärung der weiteren Verwertung des Geländes bietet Betz die Räume für 5 Euro Kaltmiete. Nach SÜDKURIER-Informationen hat ein Verein bereits gekündigt, die anderen überlegen noch.