Simon und Katja Metzler sitzen an einem Bartisch in ihrem Restaurant Bürgerbräu in Überlingen. Es ist 11 Uhr, seit 10 Uhr ist ihr Laden, die Speisekammer, geöffnet. Bis 18 Uhr können Interessierte Soßen, Aufstriche und weitere Produkte in Gläsern im Bürgerbräu kaufen. Für die Regale sind einige Sitzplätze gewichen und auch die Küchenzeiten sind neu. Gekocht wird zwischen 11.30 und 16.30 Uhr, was in der traditionell geprägten Tourismusregion Bodensee noch selten ist. Für Metzlers sind dies aber beides Maßnahmen, um gut in die Zukunft zu kommen.

Ein Blick in die Speisekammer. Geboten werden haltbare Produkte in Gläsern.
Ein Blick in die Speisekammer. Geboten werden haltbare Produkte in Gläsern. | Bild: Santini, Jenna

„Es war ein langer Prozess, der mit vielen Aspekten zu tun hat“, sagt Simon Metzler. In den langen Lockdowns, als der öffentliche Restaurant- und Hotelbetrieb auf einen Schlag entfiel, probierten sie Neues aus: Die Menschen konnten Essen abholen, aber das Team lieferte auch. „Ostern 2020 haben wir erstmals vorbereitete, vakuumierte Gerichte angeboten“, berichtet Katja Metzler. Der Bedarf ist ihr zufolge nach wie vor gegeben. Und: „Wir haben gemerkt, wir wünschen uns noch ein zusätzliches Standbein, ein breiteres Fundament.“

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Metzlers bieten knapp 40 Produkte

Aus Simons Manufaktur mit bislang sieben Produkten wurde so die Speisekammer mit derzeit knapp 40 Produkten – von der Bolognese-Soße bis hin zum Nachtisch im Glas. Simon Metzler hat vor, die Produktpalette mit seinem Team laufend zu verändern und anzupassen. Einkaufen darf jeder. Nicht nur der, der im Restaurant zu Mittag isst. Auch einen Onlineshop gibt es inzwischen. „Wir sind im Prinzip ein Start-up im bestehenden Betrieb“, kommentiert Katja Metzler.

Noch mehr Mut als die Speisekammer hat der Familie jedoch der Abschied vom gut funktionierenden Abendgeschäft abverlangt. „Wir sind ein relativ kleines Team geworden seit 2021. Was können wir leisten?“, fragten sich Metzlers und ihre Mitarbeiter. Tagsüber muss von 6 bis 19 Uhr aufgrund des Hotelbetriebs sowieso jemand im Bürgerbräu sein. Frühstück gibt es an sieben Tagen die Woche. Die Familie trat auf die Bremse und diskutierte ein halbes Jahr lang. „Wir haben alle im Team mitgenommen“, erzählt Simon Metzler.

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Team hätte wieder wachsen müssen

In der Gastronomie fehlt, wie in vielen anderen Branchen, der Nachwuchs. Einen Grund sieht Metzler in dem Wunsch der Menschen nach einem guten Freizeitwert. Doch das Team hätte wieder wachsen müssen, um den Restaurantbetrieb so wie bisher aufrechtzuerhalten. Zudem merkten Metzlers eigenen Angaben nach, dass die Nachfrage nach einem späten Mittagessen besteht. Urlauber frühstücken spät und möchten am Nachmittag ins Restaurant. „Sie essen nachmittags und genießen abends noch ein Glas Wein oder Eis am See“, berichtet Simon Metzler.

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Plötzlich lag es also nahe, den Abendservice im Restaurant zu kappen. Um 18 Uhr ist Schluss. Positiver Nebeneffekt sei, dass man mit den neuen Arbeitszeiten punkten kann, so Simon Metzler. Ferner ließen sich die Mitarbeiter darauf ein, in ihren Rollen zu rotieren. „Es ist abwechslungsreicher für den Einzelnen, wenn jeder alles kann“, begründet Metzler. Hat die Restaurantfachkraft keine Zeit, um in der Speisekammer zu beraten, kommt jemand aus der Küche. Oder man hilft sich in anderen Aufgabenbereichen aus.

„Uns als Unternehmen hat das viel abverlangt, alle einzulernen. Doch es lohnt sich“, sagt Katja Metzler. Das Verständnis füreinander sei größer. Den Mitarbeitern zollt sie Respekt, „dass sie das machen“.

„Macht Spaß, Restaurant neu zu denken“

Aktuell sind sie in Woche sechs des neuen Konzepts. „Es ist erst mal ok“, sagt Katja Metzler hinsichtlich des Erfolges. Sie leisten vor Ort und im Internet viel Aufklärungsarbeit, was die Speisekammer ist und wie die Restaurantzeiten funktionieren. „Es macht uns Spaß, das Restaurant neu zu denken“, sagt Simon Metzler. Seine Frau fügt hinzu, dass sie die Bedenken beiseite geschoben und zwanglos Ideen gesammelt hätten. Mancher Gast äußert sein Bedauern, dass für die Speisekammer ein paar Sitzplätze aufgegeben wurden. Simon Metzler weiß, was er entgegnet: „Wir verlieren Sitzplätze, aber gewinnen einen Laden.“

Selbst die Etiketten für die Gläser stellen Metzlers selbst her. Sie möchten komplett autark agieren können.
Selbst die Etiketten für die Gläser stellen Metzlers selbst her. Sie möchten komplett autark agieren können. | Bild: Santini, Jenna
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